30.01.2024 – News – Frankfurter Rundschau – Bernhard Uske — – Details
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Andrew Pekler
Musik, die lindern und trösten kann: Andrew Pekler und sein Album „For Lovers Only / Rain Suite“.Worte finden über Musik ohne Worte ist schwer. Um beim Reden über wortlose Pop-Musik musikologische Fachsimpeleien (Tonarten, Instrumente, BPMs, Studios) und Stimmungsadjektive (atmosphärisch, berührend, schwebend, vielschichtig) zu vermeiden, hält man sich gern an Biografisches, Geografisches und am Ende doch an Wörter. Da gibt Andrew Peklers Lebenslauf einiges her. Kennengelernt habe ich ihn als supergutaussehenden Sänger, Shaker und Shouter der Garagenband Mucus 2 in den Neunzigern in Heidelberg. Andere Projekte: Sad Rockets, Bergheim 34 (nix Berghain, in der Bergheimer Straße 34 in HD wohnte die Band-WG), Groupshow etc. Geblieben ist Pekler bis heute sein charming Ami-Akzent, der beim intuitiven Verstehen hilft, wenn er erklärt, wie sich das englische Wort sentimental vom deutschen sentimental unterscheidet.„Die englischsprachige Konnotation von sentimental ist neutraler als die eher negative Bedeutung von sentimental auf Deutsch. Auf Deutsch heißt es allzu gefühlsbetont und übertrieben gefühlvoll, während die englische Bedeutung diese wertende Komponente nicht hat. Da heißt sentimental so viel wie nostalgisch, gefühlvoll, zärtlich oder traurig.“Mit „Sentimental Guitar Dream“ beginnt „For Lovers Only / Rain suite“ das neue Album von Andrew Pekler, diesmal unter dem Namen SG auf Faitiche, dem Label des Berliner Vielseitigkeitskünstlers Jan Jelinek. Die Wortschöpfung Faitiche verknüpft facts und fetishes, da passt der Musiker, der sich SG nennt, gut hin. SG steht für Sentimental Guitars. Oder für Saudade Glamour? Soft Goth? Auch sentimentaler Gitarreneskapismus käme in Frage für diese Gitarrenfluchtenmusik, sagt Pekler.Auf der Suche nach Worten über Musik ohne Worte landet man schnell bei Reisemotiven: Die Westcoast-Hippierockband Jefferson Airplane gab einem verträumten Gitarreninstrumental einst den Titel „Embryonic Journey“, keine Ahnung, was Andrew Pekler davon hält. Dabei nennt er selbst einen 45-Sekunden-Gitarrendrift auf seiner SG-LP „Romantic Excursion“. Als Andrew Pekler besucht er auf dem Album „Sounds From Phantom Islands“ reale („Hy Brasil“) und weniger reale Orte. In „Description Of Rain (over Frisland)“ trifft bass-massiertes, synthetisch-weiches Pluckern auf, ja, Regen. Frisland ist nicht das Land der Ostfriesen sondern „eine Phantominsel, die erstmals in einem Brief erwähnt wurde, den ein venezianischer Seefahrer namens Nicolò Zeno um 1390 verfasst haben soll. Da beschreibt er wie er auf seinem Weg nach England vom Kurs abgekommen ist und auf einer bewohnten Insel südlich von Island strandete.“Rain Nr.9, Rain Nr.5, Rain Nr.33, Rain Nr.2, Rain Nr.1 – das sind die Titel der „Rain Suite“ auf der B-Seite des SG-Albums. „Tatsächlich ist der Sound von Regen eine kleine Obsession von mir.“ Tatsächlich ist Regen die einzige Klangquelle neben E-Gitarre und Effektpedalen. „Nachdem ich ungefähr zehn Jahren lang mit modularen Synthesizern gespielt habe, hatte ich den Drang nach einer Veränderung. Über die Jahre habe ich gelernt, mit elektronischen Instrumenten umzugehen und wollte wieder Einschränkungen in meine Arbeitsweise einführen. Gitarre ist auch das einzige Instrument, das ich halbwegs spielen kann. Dann habe ich mir die Herausforderung gestellt, nur mit E-Gitarre und Pedalen ein zusammenhängendes Album zu erstellen. Herausgekommen sind zwei halbe Alben, die ich zusammengepackt habe. Aber was soll’s?“
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