08.08.2024 – Punkt eins – Ö1 – Barbara Zeithammer — – Details
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Carola Schneider
Leben unter Repression, Arbeiten unter Zensur: Einblicke von Carola Schneider, Leiterin des ORF-Korrespondentenbüros in Moskau bis 26. Juni. —
Die Wohnung hat sie behalten, den Schreibtisch nicht ausgeräumt, sie will wieder zurück. Mit einem der letztmöglichen Flieger hat Carola Schneider, Leiterin des ORF-Korrespondentenbüros in Moskau, Ende Juli jenes Land verlassen, das seit fast 13 Jahren ihr Lebensmittelpunkt ist: Russland. — Arbeiten war der Journalistin schon seit 26. Juni nicht mehr gestattet: Die Russische Föderation hatte Carola Schneider die Akkreditierung entzogen, ein Schock für sie und ein diplomatischer Eklat. Es sei nichts Privates, nichts Berufliches und sie habe sich nichts zu Schulden kommen lassen, versicherten ihr die russischen Beamten – es war eine «Spiegelmaßnahme» dafür, dass österreichische Behörden im April zwei Korrespondenten der staatlichen russischen Nachrichtenagentur TASS in Wien «aufgrund einer negativen Sicherheitseinschätzung» die Akkreditierung entzogen hatten. Ihre Kollegin Maria Knips-Witting musste zwei Wochen vor ihr ausreisen. Seither ist das ORF-Korrespondentenbüro in Moskau nicht mehr besetzt; in einigen Wochen wird Christian Lininger, der noch eine gültige Akkreditierung für Russland hat, fallweise von dort berichten. — Die journalistische Berichterstattung aus Russland ist in den letzten Jahren immer mehr zu einem Drahtseilakt geworden, für viele auch zu einem «faulen Kompromiss», für einige sinnlos. «Ich werde meine Worte mit Bedacht wählen», sagt Carola Schneider, die jetzt wieder in Österreich und in Punkt eins zu Gast ist. — Die Zensur ist massiv und richtet sich gegen die gesamte Bevölkerung der Russischen Föderation, vor allem das im Eilverfahren Anfang März 2022, kurz nach dem Einmarsch in die Ukraine, erlassene Militärzensur-Gesetz: Es sieht bis zu 15 Jahre Haft vor, wenn man den Krieg einen «Krieg» nennt. Die letzten unabhängigen Medien in Russland wurden spätestens mit diesem blockiert oder gesperrt; sagt Carola Schneider. Presse- und Meinungsfreiheit existieren in Russland praktisch nicht mehr, sagt Reporter ohne Grenzen. Die Gesetze werden radikal umgesetzt und auch rückwirkend werden Menschen für eine «falsche» Wortwahl zur Verantwortung gezogen und bestraft. — Die Verhaftung des US-amerikanischen Journalisten Evan Gershkovich im März und seine Verurteilung wegen Spionage zu 16 Jahren strenger Lagerhaft am 19. Juli, war für zahlreiche Korrespondent:innen eine Zäsur – sie haben das Land verlassen. Carola Schneider ist geblieben. Das russische Staatsfernsehen zeigte jetzt, nachdem Gershkovich im Zuge des viel beachteten Gefangenenaustausches vor einer Woche wieder in Freiheit ist, Aufnahmen, die ihn bei seiner Spionagetätigkeit zeigen sollen; Vermutungen werden laut, dass ihm eine Falle gestellt wurde. Doch er machte stets nur seine Arbeit – allerdings ohne auf die Zensur Rücksicht zu nehmen. — «Wir wissen nicht, wo die rote Linie verläuft», sagt Carola Schneider, «seit zwei Jahren wissen wir das nicht», die Gesetze sind schwammig formuliert. Warum ergibt es für sie dennoch Sinn, aus Russland zu berichten? Obwohl die Arbeit unter Zensur für sie auch bedeutet, ihren eigenen journalistischen Ansprüchen, für die sie ausgezeichnet wurde, nicht bei allen Fragen und Themen gerecht werden zu können? — «Es gibt nicht nur Schlagzeilen rund um die Armee und den Einmarsch in die Ukraine», sagt die Journalistin. «Es braucht auch die Möglichkeit, den Menschen in Russland eine Stimme zu geben, ob sie nun Kriegsgegner sind oder Putin unterstützen.» — Als Gast bei Barbara Zeithammer erzählt Carola Schneider von den Herausforderungen der journalistischen Arbeit im kriegsführenden Russland unter Zensur, Repression und Überwachung, vom Leben und der Stimmung der Menschen dort und den Veränderungen der russischen Gesellschaft seit 10, 15 Jahren und skizziert ihr Bild vom größten Land der Erde.
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