Der Magier im Kreml» von Giuliano Da Empoli liefert ein entscheidendes Puzzleteil, um den Überfall auf die Ukraine zu verstehen. — Bis in das Gespräch unter Freunden schleicht sich die Frage, was man von Russland und seinem Präsidenten hält, ja überhaupt von ihm weiß. Ein Jahr nach dem Beginn des Krieges gegen die Ukraine sind Einblicke und Gewissheiten rar, die Zeit der Russlandexpertinnen und Kremlbesucher ist vorüber. In Frankreich hatte diese Position lange die Historikerin Hélène Carrère d›Encausse inne. Sie kennt das Land, spricht die Sprache und galt immer als tadellose Quelle, falls jemand in Paris etwas über Moskau und vor allem über die berühmte russische Seele wissen wollte. Doch ihre vielen und prägnanten Fernsehauftritte sind heute ein Problem, denn bis in die Nacht des Angriffs weigerte sie sich zu glauben, dass die russische Regierung wirklich die Ukraine überfallen würde.
Fleißig, rege und ein großes Herz für die Clubkultur: Als Kultursenator in Berlin hatte Klaus Lederer ein heimliches Schlüsselressort inne. Nun geht eine Ära zu Ende. — Da sich die Berliner SPD also darauf festgelegt hat, die rot-grün-rote Koalition in der Hauptstadt nicht ein weiteres Mal fortführen zu wollen, endet wohl demnächst auch die Amtszeit von Klaus Lederer als Kultursenator. Denn die Linke wäre damit aus allen jetzt noch möglichen Regierungsbündnissen ausgeschlossen, selbst wenn die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und CDU scheitern würden und es noch zu Schwarz-Grün kommen sollte. Lederers Partei hatte bei der Wiederholungswahl vom Februar zu schwach abgeschnitten, ihr Verbleib an der Macht lag damit in der Hand der anderen.
Cate Blanchett ist eine der gefragtesten Schauspielerinnen der Welt. Ein Interview über Macht, Meisterklassen und Cancel Culture. — Wie die gefeierte Künstlerin Lydia Tár, die sie im Film «Tár» verkörpert, steht Cate Blanchett auf dem vorläufigen Höhepunkt einer großen Karriere: Bei den Oscars gilt sie in der Kategorie «Beste Hauptdarstellerin» als Favoritin. Sie wäre mit 53 Jahren die jüngste Schauspielerin, die zum dritten Mal die begehrteste Auszeichnung der Filmbranche gewinnt. Zum Gespräch lädt sie in ein Hotelzimmer mit Blick auf den Potsdamer Platz in Berlin, einen Tag vor der Deutschlandpremiere des Films bei der Berlinale. Sie lächelt zuvorkommend, bietet an, ein Glas Wasser einzuschenken.
Nach dem WM-Sieg mit der argentinischen Nationalmannschaft bekommt der Offensivspieler die nächste Ehrung. Bei den Frauen gewinnt die Spanierin Alexia Putellas – obwohl sie den ganzen Sommer über verletzt war. — Lionel Messi ist gut zwei Monate nach dem WM-Sieg mit Argentinien von der Fifa zum besten Fußballer des Jahres 2022 gekürt worden. Der 35 Jahre alte Offensivkünstler von Paris Saint-Germain setzte sich in der Endausscheidung der Gala des Weltverbandes gegen seinen französischen Klubkollegen Kylian Mbappé und dessen Landsmann Karim Benzema durch. Er dankte in seiner Rede seiner Familie und allen Teamkollegen. Der 35-Jährige folgt auf Robert Lewandowski, den Weltfußballer der Jahre 2020 und 2021, und gewann die Trophäe erstmals seit 2019. — Für Messi war es im Pariser Salle Pleyel am Montagabend die siebte Auszeichnung als Weltfußballer durch die Fifa seit 2009. Die Spieler von Real Madrid inklusive Benzema und dem deutschen Nationalspieler Antonio Rüdiger blieben der Zeremonie fern, spanischen Medienberichten zufolge aus Protest gegen die Preisvergabe und die Nichtberücksichtigung ihres Jungstars Vinicius Junior auf der 26 Akteure umfassenden Kandidatenliste für die Welt-Elf. Offiziell hieß es, Real wolle sich auf das Pokalspiel gegen den FC Barcelona am Donnerstag vorbereiten.
Mary Bauermeister wurde von der Szene lange nur als Netzwerkerin und Gattin des Komponisten Karlheinz Stockhausen geschätzt. Immerhin konnte die Künstlerin kurz vor ihrem Tod noch ihre erste Solo-Ausstellung in Kiel erleben.
Mary Bauermeister trug den Titel mit Würde: als «Großmutter des Fluxus» wurde sie apostrophiert, als sie endlich im Bewusstsein der bundesdeutschen Kunstszene angekommen war. Doch die fachliche Anerkennung blieb zunächst ohne größere Resonanz. Die Kunst der im Jahr 1934 in Frankfurt am Main geborenen, in Köln aufgewachsenen Mary Bauermeister wurde unterschätzt. Sie galt, ein Irrtum, eher als Netzwerkerin und Gastgeberin – und als Gattin des Komponisten Karlheinz Stockhausen.
Der Jazz-Saxophonist Wayne Shorter prägte die vergangenen 70 Jahre wie nur wenige. Jetzt ist er mit 89 Jahren gestorben. — Wayne Shorter ist tot, der Saxofonist und Komponist, der wie wenige andere Musiker gleich mehrere Phasen des Jazz geprägt hat. Den Hard Bop, den Jazzrock, den Post Bop, die Auflösung der Genres in eine Musik, die manche als die Klassik des schwarzen Amerika und andere als das eigentliche, wenn nicht einzige kulturelle Vermächtnis der USA bezeichnet haben. Der Mann, der mit ein, zwei, wenigen Tönen eine ganze Halle oder auch ein Plattenstudio in einen Kosmos ziehen konnte, in dem viel Platz war.
Er spielte mit Größen wie Miles Davis und Herbie Hancock. Jetzt ist der Saxofonist Wayne Shorter gestorben. Der US-amerikanische Jazzmusiker und Komponist wurde 89 Jahre alt.Der US-amerikanische Saxofonist Wayne Shorter ist tot. Der Jazzmusiker und Komponist starb im Alter von 89 Jahren in Los Angeles, wie seine Agentin Alisse Kingsley der Nachrichtenagentur AFP bestätigte. Eine Todesursache wurde nicht bekannt.Der 1933 im US-Bundesstaat New Jersey geborene Musiker hatte sich neben dem Komponieren von Stücken wie «Lester Left Town», «Nefertiti», «E.S.P.» und «Footprints» auch am Saxofon einen Namen gemacht und war für seine Arbeit vielfach ausgezeichnet worden. Schon als Teenager in seiner High-School-Band galt Shorter als «Wunderknabe des Jazz».
Er wollte alles wissen und war allem Abseitigen herzlich zugetan: Peter Weibel, der Direktor der Zentrums für Kunst und Medien Karlsruhe (ZKM), ist gestorben.
Im Ozean aus Papier: Peter Weibel, Künstler und Direktor des Zentrums für Kunst und Medien (ZKM), in seinem Büro in Karlsruhe. — Es war nie leicht, mit Peter Weibel wirklich ein ausgeglichenes Gespräch zu führen. Zu jedem Halbsatz, den sein Gegenüber aussprach, hatte er bereits eine Assoziation. Der Direktor des Zentrums für Kunst und Medien Karlsruhe (ZKM) wusste einfach zu viel. Und er verlor nie die jugendliche Ungeduld, dieses Wissen sofort anbringen zu müssen. Was in dem internationalen Feld kultureller Diskurse, das Weibel als Kurator, Theoretiker und unermüdlicher Anstifter über Jahrzehnte mitprägte, durch sein breites Weiblisch manchmal zur akustischen Schwerstarbeit für alle Zuhörer werden konnte. Denn war schon sein Deutsch durch den österreichischen Akzent wuchtig verformt, so stellte seine schnelle Art zu sprechen im Englischen eine Höraufgabe dar, die keinerlei Ablenkung erlaubte. Aber Zuhören lohnte sich. Denn Weibel dachte immer originell.
Eigentlich war die Klarinette erst mal gar nicht so seins. Aber dann hörte David Orlowsky in einer Kirche in seiner Geburtsstadt Tübingen Giora Feidman auf seinem Instrument «singen» und es war um ihn geschehen: DAS wollte er auch können! Warum er nach 21 erfolgreichen Jahren mit dem David Orlowsky Trio zwischen Klezmer, Klassik und Jazz unbedingt einen Neuanfang wagen wollte; was Mozart, Metallica und Michael Jackson gemeinsam haben; wie er die 107 Jahre alte australische Tänzerin Eileen Kramer getroffen und ihr ein Stück gewidmet hat und was ausgerechnet die Laute dazu prädestiniert, mit der Klarinette im Duett zu spielen – das und noch vieles mehr erzählt er uns in dieser Sendung.
Er hat Hardbop und Fusion mitgeprägt und war nicht nur als Saxofonist und Komponist ein wahres Original. Wayne Shorters Spitzname – zugleich sein Psychogramm: «Mr. Weird». — Der Mann steckte voller Entdeckergeist, willens, immer wieder Neuland zu betreten. Leben und Musik verstand er als eine mysteriöse Reise – und sich selbst als «mysterious traveller»…
Eine Reise in die jüngste Geschichte des Jazz und der improvisierten Musik — Anlässlich des 30-jährigen Jubiläums der Ö1 Sendereihe Zeit-Ton begeben wir uns in unregelmäßigen Abständen auf Zeitreise – mit Zeitgenoss:innen, die das heimische Musikleben als Netzwerker:innen und Multiplikator:innen entscheidend mitgeprägt haben. Sie erzählen von ihren persönlichen Erinnerungen und Beobachtungen und setzen dabei die jüngste Musikgeschichte in einen gesellschaftlichen Kontext. — Der Reiseleiter heute: Clemens Wenger. Der 1982 geborene Musiker, Arrangeur und Komponist, der unter anderem mit Mira Lu Kovacs, Max Nagl oder 5/8erl in Ehr›n spielt, ist auch Mitbegründer einer der wichtigsten Wiener Institutionen zur Förderung, Veranstaltung und auch Veröffentlichung von junger, jazzaffiner Musik, der JazzWerkstatt Wien. 2004 gegründet bezeichnet sich die JazzWerkstatt Wien selbst als «vorwärts gerichtetes, mutiges und unkonventionelles Künstler:innen-Kollektiv, als Institution, Knotenpunkt, Hafen, Inspiration und Wegbegleiter vieler internationaler Bands, Musiker:nnen und Komponist:innen». Wie hat Clemens Wenger die Höhen und Tiefen der hiesigen Musikszene erlebt? Was bedeutet das Streaming-Zeitalter für ein Label wie JazzWerkstatt Records? Wie geht man mit schwankenden Publikumszahlen bei Konzerten um? War früher, wie so oft gesagt wird, wirklich alles oder vieles besser?
Die Kunst des Thomas Feuerstein ist von einer sinnesüberschwemmenden Multimedialität, die das rezipierende Bewusstsein der Betrachter an die Grenzen ihrer Möglichkeiten bringt. Zum Beispiel die installative Arbeit «Orakel – In der dichten Kammer»: Gesprochene Wörter kondensieren und bewirken dadurch, dass eine Eisskulptur zu wachsen beginnt. — Zeichnungen und Bilder überwuchern Graphiken und Schriften an der Wand und die Skulptur ORAKEL kommentiert das Verhalten der Besucher durch Schweigen oder durch Kopfnicken. Wissenschaftliches Forschungsinteresse, künstlerische Ausdruckslust und ironische Subversion verbünden sich zu einer ungewöhnlichen Allianz – so wie immer im Werk von Thomas Feuerstein. — Der 1968 in Innsbruck geborene Künstler arbeitet seit den frühen neunziger Jahren grenzüberschreitend, experimentell und universalistisch. In seinen meist ausufernden Arbeiten bezieht er sich auf Kunst- und Kulturgeschichte, Philosophie, Literatur, Naturwissenschaft, Wirtschaftstheorie und Ökonomie, aber auch auf neueste Medien- und Netzwerktheorien, aktuelle Wissenschaftsdiskurse, Glaubenssysteme oder Science-Fiction. — Sein in vielen Versuchsanordnungen ausgearbeitetes Verfahren, Text, Bilder und auch akustische Spuren immer wieder in neue Sinn- und Sinnlosigkeitszusammenhänge zu bringen, nennt Feuerstein «konzeptuelle Narration». Der Name einer seiner bedeutendsten Arbeiten symbolisiert, wohin die Reise gehen soll: «Plus ultra» – immer weiter, darüber hinaus. Die Grenzen der Wahrnehmungsgewissheiten durchschlagend und eine kognitive, wissenschaftstheoretisch und künstlerische Terra incognita durch hybride und prozesshafte Darstellungsformen markierend. «Meine Arbeiten knüpfen untereinander so etwas wie semantische Netze.» sagt Thomas Feuerstein im Gespräch mit dem Philosophen Hartmut Böhme. «Sie funktionieren wie kommunizierende Gefäße, sprechen miteinander und bedingen sich gegenseitig. Eine Skulptur produziert etwa das Malmaterial für ein Bild oder eine Grafik wird zur Nahrung einer Installation, indem sie Energie für weitere Prozesse freisetzt. Dadurch schaffen die Arbeiten narrative und performative Strukturen, die Materialien und Moleküle, lebende Organismen, Methoden und Praktiken aus Biologie ebenso wie Texte, Recherchen und Gespräche einbeziehen.»
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