11.07.2023 – Jazz – FAZ online – Andrian Kreye — – Details
Ernst-Ludwig Petrowsky
Nachruf — Ernst-Ludwig Petrowsky ist tot, Pionier des Free Jazz in der DDR und auch im Rest der Welt. — Ernst Ludwig Petrowsky ist gestorben, einer der Giganten des deutschen Jazz, erst in der DDR, dann nach dem Mauerfall auch weltweit. Luten, wie sie ihn nannten, nach dem plattdeutschen Ludwig, weil er in Mecklenburg geboren war und sich immer als einer von dort verstand. Saxofon, Klarinette und Flöte spielte er. «Die falschen Instrumente», wie er ab und zu mal sagte, weil die Gitarre auch schon auf dem Vormarsch war, als er in den Fünfzigerjahren mit dem Jazz begann. Damals, als der noch als Kapitalistenmusik unter Generalverdacht stand. Aber mit der Rockmusik konnte er nichts anfangen. Kein Swing. — Mit Uschi Brüning teilte er seit 1982 nicht nur das Leben. Die beiden waren ein symbiotisches Duo. Petrowsky als treibende Kraft in die musikalische Freiheit. Mit ihr gemeinsam war er auch berühmt geworden. Vor allem, als sie mit Manfred Krug auf Tour gingen. 1962 schon hatte Petrowsky zu seinem Sextett gehört, als Krug noch weniger Erwachsenenpop, sondern vor allem Jazz spielte. Vielleicht nicht den, dem Petrowsky bald schon verfiel. Der beherrschte zwar sämtliche Spielarten, Swing, Be Bop, Cool. — Die Gemeinde der Freejazz-Musiker war in der DDR noch ein bisschen verschworener, als jenseits der Mauer — Es waren dann aber Ornette Colemans Befreiungsschläge, in denen er sich wiederfand. Das war der Sprung in die Freiheit, für den man gar nicht rübermachen musste. Er entwickelte einen Ton, der sich auch aus einem Charlie-Parker-Standard wie «Anthropology» nach Brünings Scat-Akrobatik und Pianist Detlef Bielkes Temposwing in eine Clusterwand auf dem Alt steigern konnte, die wie eine Felswand vor dem Outro stand. Reines Kraftpaket. Auf dem Altsaxofon war das immer ein Kunststück. — Kraftladung: Ernst-Ludwig Petrowsky bei einem Auftritt 1982.
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