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Mario Vargas Llosa: Dann war alles getan

14.04.2025News: NachrufeZeit OnlineVolker Weidermann —   –  Details

Mario Vargas Llosa

Er war Linker, dann Wirtschaftsliberaler – und wäre fast selbst Präsident von Peru geworden. Nun ist Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa gestorben. Ein Nachruf— Mario Vargas Llosa, hier fotografiert im Jahr 2000

Mario Vargas Llosa lachte aus vollem Herzen, als wir ihn vor gut fünf Jahren in Madrid besuchten und ihn nach seinem neuen Fünfjahresplan fragten. Das sei ja ein guter Witz, meinte er. Schließlich sei er schon 83 Jahre alt. Und ja, es stimme schon, er habe seine Arbeitspläne wie ein guter sozialistischer Staat stets in Fünfjahresabschnitte eingeteilt. Nun könnte es damit aber langsam knapp werden. Aber ja, einmal fünf weitere Jahre plane er noch. Dann jedoch sei es wohl vorbei. — Das war im November 2019. Mario Vargas Llosa wohnte – besser: residierte – damals in einer prachtvollen Villa im Botschaftsviertel von Madrid. Er war ins Haus seiner damaligen Lebensgefährtin Isabel Preysler eingezogen, Journalistin, Ex-Frau von Julio Iglesias und anderen glanzvollen Männern. Ein Eingangsportal, das lautlos aufschwebte, schwarze glänzende Limousinen vor der Tür, ein Butler mit weißen Handschuhen, der uns einließ, ein prachtvolles Entree, große Ölgemälde, auf einigen Isabel Preysler in rotem Kleid, links dann die große Bibliothek in dunklem Holz, bis an die Decken voll mit Büchern, aus der kam Mario Vargas Llosa federnd zur Begrüßung herbei. Selten habe ich so einen vitalen, heiteren, gelösten 83-jährigen Mann gesehen. Wir setzten uns auf die Terrasse, es war noch warm in Madrid, ein parkartiger Garten, hohe Kastanienbäume warfen ihre Früchte wie kleine Geschosse auf die Markise, unter der wir Platz genommen hatten.

Mario Vargas Llosa, 1936 im peruanischen Arequipa geboren und im Jahr 2010 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet, war einer der Grandseigneurs aus dem großen, alten Reich der Literatur. Als er anfing zu schreiben, im Peru der Fünfzigerjahre, so erzählte er es auf der Terrasse von Madrid, gab es so etwas wie Literatur in Peru überhaupt nicht. Keine Verlage, wenig Leser, auf jeden Fall nichts, womit man Geld verdienen könnte. «Ein Hobby für Zahnärzte und Anwälte», sagte er lachend. Aber er wollte es von früh an unbedingt. Schon allein, weil sein strenger Vater, der seinen Sohn auf eine Militärschule schickte, diese Idee absurd fand. «Es war einfach die sicherste Art, ihn komplett zu enttäuschen», sagte Mario Vargas Llosa lachend über seinen Vater.

Und wie sehr hat er ihn enttäuscht. Als er dann auch noch, als 19-Jähriger, beschloss, entgegen allen Konventionen seine 13 Jahre ältere Tante zu heiraten, war er von seinen bürgerlichen Wurzeln endgültig befreit. Er widmete sein Leben der Literatur. Und wurde einer jener Autoren – neben Isabel Allende und Gabriel García Márquez –, die die Glanzzeit des Magischen Realismus Lateinamerikas prägten und ihm zu Weltruhm verhalfen. Literatur – aus der Wirklichkeit geboren – mit Elementen des Fantastischen erweitert und belebt, die daraufhin zu einer, ja, fantastischen Veränderung der Wirklichkeit beitragen kann. — So beschrieb Mario Vargas Llosa es unter den herabsausenden Kastanien von Madrid: Er habe so ein bisschen die ganze Weltreise der Literatur mitgemacht, von der völligen Bedeutungslosigkeit zur Weltgeltung mit revolutionärem Potenzial und globalem Publikumserfolg zurück zur relativen Bedeutungslosigkeit. «Heute», sagte er, «geht es in der Literatur oft nur noch um Unterhaltung, Wiederholung von Altbekanntem.» Das kritische Potenzial drohe verloren zu gehen. Aber: «Ich glaube nicht, dass irgendetwas auf der Welt Literatur ersetzen kann. Literatur erinnert uns daran, dass die Realität niemals genügt, um uns zufrieden zu machen. Und dass wir eine andere, eine bessere Welt brauchen. Ich glaube, das ist der große Beitrag der Literatur zum Fortschritt.»

Der Schriftsteller als Volkstribun, gar Präsidentschaftskandidat Mario Vargas Llosa hat, wie so viele lateinamerikanische Autoren, als Linker begonnen und sich mit den Jahren zu einem Liberalen, vor allem Wirtschaftsliberalen, gewandelt. Er setzte sich Ende der Achtzigerjahre an die Spitze der Proteste gegen die Privatisierung der Banken in Peru, schrieb ein Manifest, das dann in kürzester Zeit zu einer Parteischrift wurde. Er wurde Anführer der liberalen Movimiento Libertad, die sich mit den zwei großen peruanischen konservativen Parteien zur Demokratischen Front (Fredemo) zusammenschloss. Und 1990 war er plötzlich Präsidentschaftskandidat, sprach vor 100.000 Menschen, war eine Art Volkstribun geworden, die Wahl konnte er nach allen Prognosen gar nicht verlieren. Und – verlor. Gegen den Außenseiter Alberto Fujimori. «Was für ein Glück», sagte Mario Vargas Llosa im Gespräch. Augenblicklich ließ er die aktive Politik wieder sein – und schrieb wieder Romane, Erzählungen, Kriminalromane, erotische Literatur, Essays. Über die Zeit seines politischen Auf- und Abstiegs schrieb er den fantastischen autobiografischen Roman Der Fisch im Wasser.

— – Mario Vargas Llosa war einer der letzten Autoren aus jener alten Zeit, die noch den Anspruch an sich und ihre Bücher stellten, den «totalen Roman» zu schreiben. Die Gesellschaft in ihrer Komplexität abzubilden, Zeitromane zu schreiben, in denen sich die wesentlichen gesellschaftlichen, politischen Strömungen abbilden und die Unterströmungen der verschwiegenen Taten und Untaten der vorherigen Generationen. Was für ein brillanter Roman ist Gespräch in der «Kathedrale», in dem die Geschichte Perus unter der Diktatur Manuel A. Odrías in den Fünfzigerjahren in wohl 70 Einzelschicksalen erzählt wird. Erzählt, erzählerisch miterlebt und zu einem großen Panorama verknüpft.

— – Oder die geniale knappe Novelle Die jungen Hunde über die Unmöglichkeit, «ein ganzer Mann» zu werden. Oder Der Geschichtenerzähler über die bedrohte Welt der Indigenen im Amazonasgebiet. Darin heißt es: «Die Vorstellung des Gleichgewichts zwischen Mensch und Natur, das Bewusstsein der Umweltzerstörung durch die Industriegesellschaft und die moderne Technologie, die Aufwertung des Wissens des Primitiven, der gezwungen ist, seinen Lebensraum zu respektieren, wenn er nicht untergehen will, ist eine Anschauung, die in jenen Jahren zwar noch keine intellektuelle Mode darstellte, aber doch schon allenthalben, selbst in Peru, Wurzeln zu schlagen begann.»

Oder der Diktatorenroman Das Fest des Ziegenbocks, in dem er Herrschaft und Niedergang Trujillos beschreibt, des Alleinherrschers der Dominikanischen Republik. Mario Vargas Llosa verknüpfte in seinem Schreiben traumwandlerisch die Traditionen des europäischen Romans mit der lateinamerikanisch-magischen Erzählgegenwart. «Beim Schreiben des Ziegenbocks habe ich immer wieder Joseph Roths Radetzkymarsch gelesen», erzählte er im Gespräch. (…)

 
 

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Weil wir so nicht sein wollen / Demokratie in Europa

08.04.2025NewsZeit OnlineDetlef Pollack —   –  Details

EU Schutz der Werte

Jetzt müssen wir erst recht schützen, was den Westen in seinem Kern ausmacht. — Trump bricht mit allen demokratischen Werten des Westens. Darin liegt eine Chance für Europa: diese verlorenen Werte wieder umso selbstbewusster zu vertreten. — Trump hebelt die Grundprinzipien der liberalen Demokratien aus. Mit jedem Schritt seines Zerstörungswerks treten einzelne Elemente dieser Ordnung umso sichtbarer ans Licht. Ungewollt zeigt Trump, was die demokratische Lebensform ausmacht – und wirft so die Frage auf, wer wir als Demokratinnen und Demokraten eigentlich sein wollen. Wo wir stehen, zeigt sich ex negativo gleich dreifach. Erstens: Trump hat in sein Kabinett ausschließlich Mitglieder aufgenommen, die sich ihm gegenüber in der Vergangenheit loyal verhalten haben. Senatoren, bei denen sich Widerstand gegen einige seiner Kandidaten regte, wurde angekündigt, sie in den nächsten Vorwahlen durch MAGA-Gefolgsleute zu ersetzen. Den Gouverneuren der Bundesstaaten droht Trump, die Bundesmittel zu entziehen, wenn sie seinen Anweisungen nicht bedingungslos folgen. Anstatt der erfahrenen Ministerial- und Bundesverwaltung zu vertrauen, folgt er lieber den Eingebungen von Tech-Milliardären wie Elon Musk, auch wenn der sich jetzt angeblich zurückziehen will. Donald Trump hat um sich herum eine Art vormodernen Hofstaat versammelt, in dem jedermann um die Gunst des absolutistisch agierenden Herrschers buhlt und niemand mehr den Mut aufbringt, zu widersprechen. Potenziale der Korrektur, auf die jedes effektive Regierungshandeln angewiesen ist, liegen brach, und der Staatslenker sonnt sich in einfältiger Selbstgefälligkeit. (…)

 
 

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Ein folgenschwerer Rechenfehler / Berechnung der US-Zölle

05.04.2025NewsZeit OnlineMark Schieritz —   –  Details

Trump-Amerika taumelt

Trump rechtfertigt seine Zollpolitik mit einer umstrittenen Formel. ZEIT ONLINE hat nachgerechnet: Das Weiße Haus verwendet an entscheidender Stelle einen falschen Wert. — Es ist viel geschrieben worden über die Formel, die den neuen Strafzöllen der amerikanischen Regierung zugrunde liegt. Sie dient angeblich der Bestimmung des Zollniveaus anderer Länder, auf das Donald Trump dann mit seinen eigenen Maßnahmen reagiert. Tatsächlich aber kommen Zölle in dieser Formel überhaupt nicht vor. Und es gibt Indizien, dass sie von einer KI erstellt wurde. Nun steht ein weiterer Verdacht im Raum: Hat sich das Weiße Haus auch noch verrechnet? Die Formel, die inzwischen von der amerikanischen Regierung veröffentlicht wurde, sieht zunächst einmal so aus, wie viele volkswirtschaftliche Formeln aussehen. Ein Zielwert auf der linken Seite der Gleichung wird ermittelt, indem andere Werte auf der rechten Seite der Gleichung zueinander in Beziehung gesetzt werden. Der Zielwert in diesem Fall: der von den USA zum Ausgleich der Handelsbilanz zu erhebende Zoll. Die anderen Werte: x, m sowie zwei mit den griechischen Buchstaben Phi und Epsilon bezeichnete Parameter. Das kleine i ist ein Platzhalter für die jeweiligen Länder und Regionen, also etwa China, Vietnam oder die Europäische Union. (…)

 
 

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Mats Hummels: / Am Ende doch ein Dortmunder

05.04.2025NewsZeit OnlineDaniel Gerhardt —   –  Details

Mats Hummels

Mats Hummels war Abwehrkünstler und gelernter Bayernspieler, eine Zumutung für den BVB. Trotzdem hört er als Dortmunder Legende auf. Der Schluss passte einfach zu gut. — Mats Hummels war Abwehrkünstler und gelernter Bayernspieler, eine Zumutung für den BVB. Trotzdem hört er als Dortmunder Legende auf. Der Schluss passte einfach zu gut..

Vielleicht war Mats Hummels der erste Dortmunder Weltbürger. Vielleicht war er aber auch gar kein Dortmunder. Sein erstes Bundesligaspiel absolvierte Hummels im Mai 2007 in der Münchener Allianz Arena. Philipp Lahm und Mehmet Scholl standen neben ihm auf dem Platz, Oliver Kahn saß auf der Bank, mehr FC Bayern geht eigentlich nicht. Schon die Jugendmannschaften hatte Hummels dort durchlaufen, auch in dem Abschiedsvideo, mit dem er auf der Plattform X nun sein Karriereende ankündigte, sieht man ihn zuerst in roten Trikots. Dass er überhaupt nach Dortmund kam, im Januar 2008, lag an einer jener besonders planlosen Phasen, mit denen der FC Bayern ungefähr alle zehn Jahre die Bundesliga erfreut. — Hummels war erst Leih- und dann Stammspieler bei Borussia Dortmund. Der BVB konnte ihn schließlich fest verpflichten, weil man ihn in München für übertrieben verletzungsanfällig hielt. Dann kam Jürgen Klopp und mit ihm zwei Meisterschaften, Dortmund gewann das Double, erreichte das Champions-League-Finale, Hummels verpasste kaum ein Spiel und gehörte meistens zu den besten seiner Mannschaft. Zwangsläufig wurde er also zum Star, auch in Dortmund, wo selbst die letzten Bankdrücker in den frühen Zehnerjahren nicht mehr ungestört bei Vapiano essen konnten. Anders als Mario Götze oder Shinji Kagawa, die prägenden Schönspieler dieser Jahre, betrachtete man Hummels jedoch immer mit einem Rest Skepsis. — Dafür gab es fußballerische und womöglich auch charakterliche Gründe, wenn auch eher irrationale. Hummels verlieh der Position des Innenverteidigers eine Eleganz, die verdienstreichen BVB-Vorgängern wie Bodo Schmidt oder Günter Kutowski gefehlt hatte – das war schon mal verdächtig. Lange Bälle spielte er unfallfrei übers halbe Feld, häufig mit dem Außenrist, sehr lässig also, aber auch ein bisschen angeberisch. Brenzlige Situationen löste er durch Spielintelligenz und gutes Stellungsspiel, weshalb seine (wirklich außergewöhnlich schönen) Haare nach dem Abpfiff nicht immer allzu verschwitzt aussahen. Fehlende Schnelligkeit warf man Hummels schon damals vor. Verglichen mit Abwehrspielern wie Christian Wörns und Robert Kova , die er beim BVB ablöste, wirbelte er jedoch geradezu rasant über den Platz.

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Thomas Müller: Das Kicken war des Müllers Lust

05.04.2025NewsZeit OnlineOliver Fritsch —   –  Details

Thomas Müller

Der FC Bayern hat Thomas Müller aussortiert. Eine lange Liebe, die mit einem Misston endet. Daran trägt Müller eine Mitschuld. Falsch ist die Entscheidung aber nicht. «–

Weltmeister mit Stammplatz auf der Bank: Thomas Müller. Nach 25 Jahren endet seine Zeit als Spieler des FC Bayern München.

Da geht etwas unschön auseinander. Thomas Müller wollte mehr, aber bekam es nicht. Er habe immer noch sehr viel Spaß, «ungeachtet meiner Spielminuten», um Titel zu kämpfen, schreibt er in einem Statement, geteilt auf seinen Social-Media-Profilen. «Diese Rolle hätte ich mir auch im nächsten Jahr gut vorstellen können.» — «Aber der FC Bayern braucht seinen alten Torjäger nicht mehr. Sein Verein traf die harte Entscheidung, ihm keinen neuen Vertrag anzubieten. In wenigen Wochen wird Müller sein letztes Spiel im roten Trikot bestreiten. Man könnte es auch so sehen: Statt sie selbst zu treffen, hat Müller seinen Verein die harte, aber absehbare Entscheidung treffen lassen. Beide Parteien haben sie getrennt kommuniziert, in durchaus unterschiedlichen Tonfällen.

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Dieser Mann ist ein Ärgernis (für viele) – Omri Boehm

05.04.2025NewsZeit OnlineOliver Fritsch —   –  Details

Omri Boehm

«Wo Omri Boehm auftritt, hinterlässt er zerbrochenes Porzellan», verlautbarte der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, über den Philosophen — Der Philosoph Omri Boehm darf nicht zum Gedenken an die Befreiung des KZ Buchenwald sprechen. Aber was macht sein Denken gerade für die israelische Regierung so anstößig?

Früher, in den Sechziger- und Siebzigerjahren, gehörte es zum guten konservativen Ton, linke Intellektuelle als das zu beschimpfen, was sie oft genug auch waren: als Atheisten. Religionshasser seien sie, niedrige Verächter einer höheren Wahrheit, gottlos, traditionslos und eiskalt im Herzen. Für die Feinde des Abendlandes sei jede Religion nur «Opium fürs Volk». — Heute, im aufgeheizten Diskurs, scheinen sich die Vorzeichen verkehrt zu haben. Wer aus der Bibel zitiert, und dann auch noch die revolutionären Stellen, der kann gewaltig Ärger bekommen. Im Handumdrehen gilt er als gefährlicher Spinner und subversiver Idealist, kurz: als Verrückter, der seinen verlorenen Illusionen nachrennt und friedliebende Mitmenschen mit biblischer Hypermoral erpresst. — Der israelisch-deutsche Philosoph Omri Boehm bekommt das gerade zu spüren. In Haifa als Nachkomme von Holocaustüberlebenden geboren, beweist er eine bedenkliche Schwäche für die Hebräische Bibel sowie eine verdächtige Nähe zu jüdischen Propheten. Außerdem besitzt Boehm die Frechheit, uralte Textstellen ohne Triggerwarnung mit der Weltlage zu konfrontieren, vor allem mit dem Geschehen in Israel. Dass er in den Augen geistiger Verfassungsschützer gesichert linke Ansichten vertritt, macht die Sache nicht leichter. — Als Omri Boehm im vergangenen Jahr während der Wiener Festwochen eine Rede halten sollte, kam es, wie es kommen musste: Es gab einen Eklat. Mit aller Macht wollte die Israelitische Kultusgemeinde seine Rede verhindern und warf ihm vor, er dämonisiere Israel und beleidige das Gedenken an den Holocaust. (…)

 
 

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Obama ruft US-Bürger auf, sich nicht von Trump einschüchtern zu lassen

04.04.2025NewsZeit OnlineN.N. —   –  Details

Barack Obama

Der frühere US-Präsident Barack Obama bei der Amtsübernahme von Donald Trump im Kapitol: Nun hat er öffentlich Kritik an dem Vorgehen des Präsidenten geäußert. — Der frühere US-Präsident Barack Obama hat klare Kritik an Trumps Regierung geübt. Die Menschen dürften nicht den Mut verlieren, sagt Ex-Vizepräsidentin Kamala Harris.

Der frühere US-Präsident Barack Obama hat Medienberichten zufolge dazu aufgerufen, sich gegen Einschüchterungsversuche der Regierung von Präsident Donald Trump zu stellen. “Dies ist das erste Mal, dass ich öffentlich spreche”, sagte Obama laut einem CNN-Bericht in einer Rede vor Studierenden des Hamilton College im Bundesstaat New York. Er kritisierte demnach Trumps Bestrebungen, die Bundesregierung umzugestalten, gegen Einwanderung und abweichende Meinungen vorzugehen sowie Nachrichtenagenturen und die Justiz einzuschüchtern. — Es werde niemand zur Rettung kommen, sagte Obama laut einem CNN-Reporter, der Zitate der Rede auf X teilte. Es liege an den Menschen in den USA, das Problem zu lösen. “Das wichtigste Amt in dieser Demokratie ist der Bürger”, sagte er demnach. Die meiste Zeit unseres Lebens sei es einfach gewesen, sich für soziale Gerechtigkeit und Meinungsfreiheit auszusprechen. “Jetzt ist einer dieser Momente, in denen es nicht mehr ausreicht, nur zu sagen, dass man für etwas ist, sondern man muss vielleicht auch etwas tun und möglicherweise ein kleines Opfer bringen.” Videoaufnahmen waren bei der Veranstaltung nicht gestattet. Die Zeitung Daily Sentinel schrieb, Obama habe die Bürger in den USA, Universitäten und die großen Anwaltsfirmen dazu aufgerufen, nicht den Mut zu verlieren.

Obama zeigt sich besorgt über Drohungen Trumps — Anwaltskanzleien sollten darauf vorbereitet sein, Aufträge zu verlieren, sagte Obama den Berichten zufolge. Dabei bezog er sich darauf, dass Trump mehrere Anwaltsfirmen massiv unter Druck gesetzt hatte, deren Juristen etwa an Prozessen oder Ermittlungen gegen ihn beteiligt waren. — Obama zeigte sich demnach besorgt darüber, dass die Regierung Universitäten drohe. Er sagte offenbar aber auch, die Hochschulen, denen die Regierung etwa wegen ihrer Diversitätsprogramme Mittel entzieht, sollten ihre Stiftungsgelder einsetzen oder Kosten einsparen, statt vor Trumps Forderungen zu kapitulieren.

Kamala Harris spricht von Gefühl der Angst — Auch die frühere Vizepräsidentin und demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris übte CNN zufolge deutliche Kritik an Trumps Regierung. Trumps Rückkehr ins Oval Office habe “ein großes Gefühl der Angst” ausgelöst, sagte Harris laut CNN in einer Rede bei einem Treffen weiblicher Führungskräfte. “Wir erleben, dass Organisationen still bleiben. Wir sehen diejenigen, die vor eindeutig verfassungswidrigen Drohungen kapitulieren”, sagte Harris demnach. Diese Angst sei ansteckend. “Wenn eine Person Angst hat, kann sie auf die Menschen um sie herum übergreifen und sich ausbreiten”, wird Harris zitiert. “Aber ich sage auch, meine lieben Freunde, Mut ist auch ansteckend.”

 
 

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Allzeit präpaiert, immerzu geplündert / Endlich Hilde Knef *100

03.04.2025NewsZeit OnlineBerit Dießelkämper —   –  Details

Hildegard Knef

Berit Dießelkämper entdeckt in Luzia Schmids Dokumentarfilm eine große Künstlerin, die im Dezember 100 werden würde. — In ihrer Zeit wurde über alles gesprochen und überall geraucht: Die 2002 verstorbene Hildegard Knef kommt nun in der Dokumentation “Ich will alles” noch einmal zu Wort.

Es lässt sich weder restlos nachvollziehen noch überzeugend vermitteln, wie hier bisher ohne erweiterte Kenntnisse über Hildegard Knef gelebt werden konnte. Die Nummer mit den roten Rosen war mir durchaus ein Begriff, nicht jedoch, was für eine elegante, erhabene, sich so wunderbar zum Vorbild eignende Frau sie doch war. Wie dumm, wirklich außerordentlich dumm, das nicht schon früher bemerkt zu haben, und nur wegen dieses permanenten Starrens auf die Gegenwart. Ganz normales Generationending also; die Knef ist ja schon 1925 geboren (happy Hundertster im Dezember!), und da muss jetzt ordentlich was nachgearbeitet werden: die frühen Jahre als Ikone des deutschen Nachkriegsfilms und der sich anschließende “Weltruhm” bis nach Amerika, die mittleren Jahre als Chanson-Sängerin und Autorin sowie die späten mit dem neuen Gesicht. Das ist ganz schön viel für ein einziges Leben, aber der Dokumentarfilm Ich will alles von der Schweizer Regisseurin Luzia Schmid bietet einen herrlich übersichtlichen Einstieg. Oder eine ehrfürchtige Erinnerung, sollte das alles längst bekannt sein. — In diesem Film blickt und spricht die 2002 verstorbene Hildegard Knef dem Zuschauer vorzugsweise direkt in die Seele hinein – durch ihre dunkel geschminkten, mit dichten Wimpern beklebten Augen, die stets wissen, wo die Kameralinse gerade hinhält, und durch ihre so klugen und präzise formulierten Sätze: “Das Leben schuldet uns nichts als das Leben, und alles andere haben wir zu tun.” Von dem Getanen und Erlebten erzählen Aufnahmen ihrer Auftritte, Ausschnitte aus Interviews und Zitate aus Knefs autobiografischen Büchern. Sie, von rasendem Ehrgeiz angetrieben und zu endloser Arbeit bereit, gibt darin maximal ehrlichen und reflektierten Zugang zu ihrem Innersten. Über das Außen berichten unterdessen die wahlweise jubelnden oder vernichtenden Pressestimmen von damals sowie Christina Gardiner, ihre Tochter aus zweiter Ehe, und ihr dritter Ehemann Paul von Schell. Sehr liebevoll, aber keineswegs unkritisch blicken sie auf Hildegard Knef und die mit ihr verbrachte Zeit zurück. (…)

 
 

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Die Gesellschaft verzwergt / Marianne Birthler

02.04.2025NewsZeit OnlineTina Hildebrandt —   –  Details

Marianne Birthler

Wann kippt eine Demokratie, und wie wehrt man sich dagegen? Die frühere Bürgerrechtlerin Marianne Birthler spricht über ihre Erfahrungen im Unrechtsstaat DDR – und sieht Parallelen zu den USA.

DIE ZEIT: Frau Birthler, woran merkt man, wenn ein Land sich in eine Diktatur verwandelt? — Marianne Birthler: Es beginnt mit einer stärkeren Unterscheidung zwischen der Außen- und der Innenwelt, einer Innenwelt des Vertrauens und der Außenwelt des Misstrauens. Wenn man anfängt, den Kindern früh zu sagen: Sprich darüber bitte lieber nicht in der Schule. Dann gibt es diese Schere im Kopf: Wenn einem gar nicht mehr bewusst ist, wie man sich selbst zensiert. Man lernt dann sehr schnell zu unterscheiden zwischen den Menschen, die versuchen, aufrichtig zu bleiben, und denen, die beidrehen. Freunde gehen verloren, andere werden gewonnen. — ZEIT: Das sind Veränderungen in der Gesellschaft. Was sind die Warnsignale, wenn man auf den Staat schaut? — Birthler: Ein starkes Signal ist das Verhältnis zur Wahrheit. In den USA kann man das wunderbar sehen: Es ist Trump scheißegal, ob etwas stimmt oder nicht. Entscheidend ist, wie es wirkt. Das ist auch in Diktaturen so. Bei Putin ist es ähnlich. — ZEIT: Was ist der Unterschied zwischen einer Diktatur und einem autoritären Regime? — Birthler: Das sind graduelle Unterschiede. Es gibt den Versuch, Begriffe wie «gelenkte Demokratie» oder «illiberale Demokratie» für solche Grenzfälle zu finden, da zeigt sich schon im Wort die Vermischung. Die Vereinigten Staaten sind formal immer noch eine Demokratie. Aber es gibt schon eine ganze Reihe von Punkten, wo man sagen kann: Da kippt etwas. — ZEIT: Denken Sie manchmal an die DDR, wenn Sie Nachrichten aus den USA hören?

(…)

ZEIT: Als Trump vereidigt wurde, gab es ein Bild mehrerer Tech-Milliardäre, die wie eine Prätorianergarde hinter ihm standen. Mark Zuckerberg kündigte an, seine Plattform Meta werde Faktenchecks einstellen. Angst dürften diese mächtigen Männer kaum haben. — Birthler: Bei Zuckerberg war sein öffentlicher Kotau die Eintrittskarte in die Welt der neuen Macht. Ich habe bei diesem Anblick ein geradezu körperliches Unbehagen. Diese Anbiederung, dieses Wegducken erinnert mich so an die DDR. — ZEIT: Überrascht Sie das? Die USA sind das Land, das sich für den Hort der Freiheit und Individualität hält. Trotzdem äußern sich bislang sehr wenige kritisch. Birthler: Nein, das überrascht mich nicht. Es zeigt, dass das Motiv «nicht ausgegrenzt werden wollen» mindestens so stark ist, wie die Angst davor, etwas Falsches zu tun. Ich erinnere mich noch gut an eine Situation, in der ich als junge Mutter in einer Elternversammlung saß. Ich wollte etwas Kritisches sagen, aber hatte Angst, mich zu melden. Das war keine gefährliche Situation, aber allein aufzustehen, zu riskieren, dass da welche den Kopf über mich schütteln, hat schon gereicht. Und dann fällt mir meine Mutter ein, ein kleiner Angsthase. Ihre Botschaft an uns war: Kinder, passt immer auf, dass ihr nicht aneckt. Lebt so, dass die Leute euch mögen. Eine blöde Botschaft.

 
 

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Elon Musk zieht sich laut Medienbericht als Trump-Berater zurück

02.04.2025NewsZeit OnlinePolitico —   –  Details

Elon Musk

Elon Musk ist zuständig für umstrittene Sparmaßnahmen der US-Behörden. Laut “Politico” soll er sich nun aus dem engsten Kreis des US-Präsidenten zurückziehen.

Der Tech-Milliardär Elon Musk soll einem Medienbericht zufolge sein Amt als einer der wichtigsten Berater von US-Präsident Donald Trump aufgeben. Trump habe seinem innersten Beraterkreis mitgeteilt, dass Musk in den kommenden Wochen ausscheiden werde, berichtete das Magazin Politico unter Berufung auf drei mit dem Vorgang vertraute Personen. Elon Musk hat unter US-Präsident Donald Trump die sogenannte US-Regierungsbehörde Department of Government Efficiency, kurz DOGE, eingerichtet. Ziel der umstrittenen Behörde ist laut dem Milliardär, den Staatsapparat effizienter zu gestalten. Für Aufsehen hatte unter anderem die Zerschlagung der Entwicklungshilfeagentur USAID gesorgt. In dem Bericht heißt es, Trump sei zwar mit Musk und den durchgesetzten DOGE-Ausgabenkürzungen zufrieden. Die beiden hätten jedoch in den kommenden Tagen beschlossen, dass der Chef der Unternehmen Tesla und SpaceX zu seinen Geschäften zurückkehren werde. Tesla kämpft derzeit mit einem über den Erwartungen liegenden Absatzschwund. Die US-Regierung äußerte sich bisher nicht zu dem Bericht. Die Tesla-Aktie legte deutlich zu. Seit der Veröffentlichung erreichte sie fast ein Plus von vier Prozent und lag bei gut 280 Dollar.

Eigentlich nur 130 Tage Erst vor wenigen Tagen hatte Musk angekündigt, die Bundesausgaben um eine Billion Dollar zu senken, ohne dabei Dienstleistungen zu beeinträchtigen. Seine Behörde sei in der Lage, Einsparungen in Höhe von einer Billion Dollar zu finden. Die derzeitigen Bundesausgaben von etwa sieben Billionen Dollar würden damit auf sechs Billionen Dollar sinken. (…)

 
 

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Es geht jetzt um das Überleben der türkischen Demokratie / Orhan Pamuk – Opposition in der Türkei

28.03.2025NewsZeit OnlineOrhan Pamuk —   –  Details

Orhan Pamuk

Orhan Pamuk, Literaturnobelpreisträger des Jahres 2006, auf den Prinzeninseln bei Istanbul, im Juli 2024 — Venezia Vor einigen Tagen wurde Präsident Erdo ans wichtigster politischer Widersacher verhaftet, der Istanbuler Bürgermeister Ekrem mamo lu aufgrund offensichtlich erfundener Vorwürfe von Korruption und Terrorismus. Seitdem liegt der Taksim-Platz, auf dem es sonst vor Touristen nur so wimmelt, das Zentrum politischer Proteste, verlassen da, abgeriegelt durch die Polizei. Seit 50 Jahren lebe ich in Istanbul und noch nie habe ich so viele sogenannte Sicherheitsmaßnahmen auf den Straßen gesehen wie in den letzten Tagen. Die Metro-Station Taksim und viele andere der belebtesten Bahnhöfe der Stadt wurden geschlossen. Die Regionalregierung hat die Zufahrt von Autos und Überlandbussen nach Istanbul eingeschränkt. Ankommende Fahrzeuge werden von der Polizei kontrolliert, und wer verdächtigt wird, zum Demonstrieren anzureisen, wird abgewiesen. Hier wie im ganzen Land laufen die Fernseher ununterbrochen, damit die Menschen die neuesten besorgniserregenden Entwicklungen verfolgen können. (…)

 
 

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Protestwelle in der Türkei – Ist mamo lus Verhaftung Erdo ans Ende?

27.03.2025NewsZeit OnlineDilan Gropengiesser u.a. —   –  Details

Dilan Gropengiesser

Der Oppositionsführer ist festgenommen, nun gehen in der Türkei Hunderttausende auf die Straße. Wie die Proteste das Land verändern können, in «Was jetzt? – Die Woche». — Die Türkei erlebt derzeit äußerst turbulente Tage. Die Verhaftung des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem mamo lu, eines der größten Oppositionsführer des Landes und ärgster Konkurrent Erdo ans, hat eine Welle von Protesten ausgelöst, die sich über 55 von 81 Provinzen erstreckt. Trotz Protestverbot und äußerst hartem Vorgehen der Polizei fordern Hunderttausende Menschen Demokratie und ein Ende der autokratischen Methoden Erdo ans.

— – Hat der türkische Präsident den Bogen endgültig überspannt? Wie groß ist die Wut in der Bevölkerung wirklich? Und warum wiederholt Erdo an mit seiner Repression gegen mamo lu ironischerweise seine eigene Geschichte? Über die Hintergründe der Verhaftungen, den wirtschaftlichen Druck, unter dem das Land leidet, und die wachsende Opposition gegen Erdo an spricht Moderatorin Dilan Gropengiesser in der 87. Folge vonWas jetzt? – Die Woche mit Ya ar Aydın, Türkei-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik.

 
 

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