Alle Artikel in der Kategorie “Aus den Archiven

Aus den Archiven ist ein Sendungsformat von Deutschlandradio Kultur

Don’t sit under the apple tree! — Die Baumschule, Lektion 1

24.08.2024Le week-endÖ1Elke Tschaikner und Christian Scheib —   –  Details

Andrews Sisters

Mit Musik von Louis Moreau Gottschalk, Kurt Schwertsik, dem Modern Jazz Quartet, Gustav Mahler, den Andrews Sisters und anderen. — «Den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen», heißt es, und nachdem damit ganz und gar keine positive Konnotation verknüpft ist, wollen wir diesbezüglich ein wenig Hilfestellung bieten. Von Wäldern in den Alpen bis in verzauberte Feenwälder werden wir uns dennoch begeben, vorerst aber schulen wir die Wahrnehmung am singulären Objekt, an einem einzelnen Baum. Der in New Orleans geborene und durchaus reisefreudige Louis Moreau Gottschalk beobachtet ziemlich genau in der Mitte des 19. Jahrhunderts ein in Europa damals noch exotisches Objekt. Er schreibt in Paris ein Klavierstück mit dem Titel «Der Bananenbaum» und landet damit einen Europa-weiten Salon-Hit.

Auch eher im Süden aber in Europa wächst ein Baum, dessen meist langstämmige und oft mit mächtiger Nadelkrone ausgestattete Erscheinung über Jahrhunderte die Phantasie anregte. Die – so eine der verwendeten Bezeichnungen – Italienische Steinkiefer wird bis zu bis zu 250 Jahre alt. Der Komponist Ottorino Resphigi beobachtet sie in Rom und macht die Pinie 1924 durch ein viersätziges Orchesterwerk zu einer Art floralem Wappentier der Hauptstadt. An mehreren Stellen Roms zückt Resphigi seine kompositorische Filmausrüstung für die «Pinien von Rom», an der Via Appia, bei den Katakomben, aber zu Beginn gleich in den weitläufigen Gartenanlagen rund um die Villa Borghese. Dort ist allerhand los unter den mächtigen Nadelkronen der «Pini di Roma». — Bevor Ottorino Resphigi von der Villa Borghese weiterzieht zu römischen Katakomben verlassen wir sein Portrait der «Pinien von Rom». Ein anderer Hauptstadtbewohner outet sich nun ebenfalls als Baumliebhaber inklusive orchestraler Portraitkünste. Der in Wien geborene Kurt Schwertsik bringt sein Verhältnis zu Bäumen auf eine verbal kürzestmögliche Formel: «Bäume sind Freunde». Kompositorisch frönt Kurt Schwertsik zum Glück nicht ganz so sehr dem Aphorismus und schreibt 1992 als Kompositionsauftrag des ORF die knapp 25minütigen «Baumgesänge». Während der erste Satz sich ebenfalls mächtigem Baumbestand zuwendet, folgt gleich darauf ein kurze Erinnerung daran, dass in Bäumen oft auch Vogelgesang ertönt. — Bezüglich der «Baumgesänge» gibt überraschende Allianzen: «Die Lieder der Bäume» heißt ein Buch aus 1914. Bäume singen eben auch selbst, hat man nur das nötige Sensorium dafür. «Ein jeder hat den Wind in den Baumkronen rauschen gehört, aber nicht jeder ihren Stimmen gelauscht,» das schrieb ein gewisser Erzherzog Ludwig Salvator am Anfang des 20. Jahrhunderts, «Bäume, die je nach der Baumart so verschieden klingen; nicht jeder ihren Liedern das Ohr dargeboten, die bald so süß, wie einanderfolgende Küsse klingen, bald Tränen gleichen. Man muß mit Mühe ihrem Laubgepolter zuhorchen und es zu entziffern trachten. Und so reden sie auch verschieden, je nach der Stärke des Windes und nach dem Alter des Baumes.» — Aber Ludwig Salvator wird in seinem schönen Text mit dem Titel «Die Lieder der Bäume» auch ganz konkret: «Das Rauschen in dem mächtigen Geäste der Eiche hat etwas Kriegerisches; man wähnt das Schlagen ferner Trommeln zugleich mit dem Klange metallener Blasinstrumente zu hören, welches bald mehr, bald minder gewaltig auftritt.» Nochmals ein Zitat des mit so wissenschaftlicher Genauigkeit wie poetischer Einfühlsamkeit lauschenden Erzherzog Ludwig Sakvator zu Beginn des 20. Jahrhunderts. «Wie die verschiedenen Baumgruppen verschiedene Melodien hervorbringen, je nachdem, ob die Brise zuerst die eine oder die andere Seite derselben berührt, so ist auch der Akkord verschieden, wenn sie über vereinzelte Bäume oder über ganze Baumkomplexe wirkt.» Und noch eine Allianz: «weiss/weisslich 18» heißt eine Komposition von Peter Ablinger. Und sie besteht ausschließlich aus dem aufgenommenen Rauschen einzelner Bäume.

 
 

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40 Jahre Kabarett Niedermair (4)

24.08.2024Contra – Kabarett und ComedyÖ1Peter Blau —   –  Details

Kabarett Niedermair

Im vergangenen Oktober beging das im gesamten deutschen Sprachraum als Brutkasten und Schatzkästchen des österreichischen Kabaretts gefeierte Kabarett Niedermair sein 40-jähriges Bestehen mit einem viertägigen Festival, bei dem je ein Abend einer Dekade gewidmet war. In Contra senden wir im August in vier Sendungen die Highlights dieser vier hochkarätig besetzten Best-of-Mixed-Shows. – – Als Kurt Weinzierl am 21. Oktober 1983, dem Eröffnungsabend des «Kabarett Niedermair», die Bühne betrat, um sein Solo «Der Herr Karl – Lebenserwartungen» zu spielen, war die Farbe an den Wänden noch nicht getrocknet. «Es war das reinste Chaos», erinnert sich Gründerin Nadja Niedermair, die erst wenige Monate zuvor kurzerhand ein paar störende, aber auch tragende Wände eigenhändig eingerissen und 80 drahtige Klappsessel gekauft hatte, um eine frei gewordene Erdgeschoss-Räumlichkeit in ihrem Biedermeier-Haus in der Wiener Josefstadt in einen Theaterraum zu verwandeln. «Ich war sehr jung und sehr naiv, aber das Kleinkunst-Metier gefiel mir so gut, dass ich das unbedingt durchziehen wollte.» Nach Kurt Weinzierl bestritten seinerzeit Andreas Vitásek, Otto Grünmandl und I Stangl das viertägige Opening. – – Derartig klingende Namen und zugkräftige Künstler gab es damals nur wenige. Ihr Vorhaben, im Niedermair rasch einen qualitativ verlässlichen, täglichen Spielbetrieb zu installieren, resultierte zwangsläufig in einer offensiven Offenheit jungen Talenten gegenüber. Das im «Niedermair» zu diesem Zweck halbjährlich veranstaltete «Sprungbrett» – vier Anfänger an einem Abend – erwies sich u.a. für die Gruppe Schlabarett (Alfred Dorfer, Roland Düringer, Andrea Händler), Josef Hader und Thomas Maurer als Karriere-Kickstarter. Auch für die Förderung eigenwilliger Künstler weit abseits des kabarettistischen Mainstreams – wie Karl-Ferdinand Kratzl oder Martin Puntigam – bewies das «Niedermair» stets ein gutes Gespür.

– – Im Sommer 1991 kam es zu einem wichtigen Wendepunkt in der Geschichte des «Kabarett Niedermair». Architektonisch. Denn wo heute Bühne und Künstlergarderobe sind, waren ursprünglich Eingang und Vorraum. Die Bühne indes befand sich am hinteren Ende des Saals – unmittelbar vor den WCs: Der Weg zu den Toiletten führte über die Bühne. Der Rückweg auch. Wer die Pausenlänge unterschätzt hatte, wurde unfreiwillig Teil des Programms. Erst der Umbau, im Zuge dessen auch der vormals unüberdachte Innenhof zu Foyer, Garderobe und Bar umgestaltet wurde, brachte die 180°-Drehung des Saals. – – Mit Konsequenz und Kompromisslosigkeit bei der Auswahl der Auftretenden leitete I Stangl als Nachfolger der Gründerin zehn Jahre lang die Geschicke des Hauses. In seine Ära fallen u.a. die kabarettistischen Geburtsstunden von Steinböck & Rudle, Severin Groebner, Thomas Stipsits und Gery Seidl, um nur die prominentesten zu nennen. Seit 2003 hält nun Andreas Fuderer – in zuletzt auch recht unruhigen Zeiten – das Ruder des Kabarett Niedermair fest in der Hand. Zu den Neuentdeckungen seiner Amtszeit zählen u.a. BlöZinger, Flüsterzweieck, Klaus Eckel, Hosea Ratschiller, Christoph Spörk, Paul Pizzera, Omar Sarsam, Clemens Maria Schreiner, RaDeschnig oder Berni Wagner. Mit der Einführung der diensttäglichen 60-Minuten-Shows im Doppelpack öffnete er das Haus zuletzt auch für eine jüngere Zielgruppe, die sich mehr für ihre Comedy- und Social-Media-Stars interessieren als für die Kabarett-Idole ihrer Eltern. Fazit: Seit vier Jahrzehnten schreibt das Kabarett Niedermair maßgeblich an der Kabarettgeschichte Österreichs mit.

Und das letzte Kapitel ist noch lange nicht in Sicht. – – – Sa 3. August 19:05 Uhr / So 4. August 21:30 Uhr:

Die 1. Dekade (1983 – 1993) mit I Stangl & Hannes Vogler, Andreas Vitásek, Thomas Maurer, Martin Puntigam, Leo Lukas, Herbert Steinböck, Weinzettl & Rudle, Roland Düringer und Mike Supancic. – – Sa 10. August 19:05 Uhr / So 11. August 21:30 Uhr: – Die 2. Dekade (1993 – 2003) mit Rudi Schöller (seinerzeit im Duo Schöller & Bacher), Ludwig Müller, Helfried (Christian Hölbling), Klaus Eckel, Michaela Obertscheider (seinerzeit im Duo A&O) und Gunkl (Günther Paal). – – Sa 17. August 19:05 Uhr / So 18. August 21:30 Uhr:

Die 3. Dekade (2003 – 2013) mit Christoph & Lollo, Flüsterzweieck, Gebrüder Moped, Stefan Haider, Martin Kosch, RaDeschnig, Clemens Maria Schreiner, Jürgen Vogl und Gerhard Walter, – – Sa 24. August 19:05 Uhr / So 25. August 21:30 Uhr:

Die 4. Dekade (2013 – 2023) mit Elli Bauer, Michael Bauer, Blonder Engel, Reginald Bärris, Chrissi Buchmasser, Dr. Bohl, Hossa & Hödl, Josef Jöchl, Ina Jovanovic, Romeo Kaltenbrunner, Stefan Lasko, Maria Muhar, Kurt Razelli, Xaver Schumacher, Didi Sommer, David Stockenreitner, Jo Strauss, Toxische Pommes, Berni Wagner, Vitus Wieser und Patrizia Wunderl.

 
 

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Claudio Monteverdi: ‹L’Orfeo›

24.08.2024Opernabend – Styriarte 2024Ö1Gerhard Hafner —   –  Details

Valerio Contaldo

Styriarte 2024 — Claudio Monteverdi: «L›Orfeo» — Mit Valerio Contaldo (Orfeo), Johanna Rosa Falkinger (Musica, Euridice), Anna Manske (Ninfa, Proserpina), Iris Vermillon (Speranza, Messagiera), Wolfgang Bankl (Caronte, Plutone), Julian Habermann (Pastore), Valdemar Villadsen (Pastore), Mario Lesiak (Pastore), Dominik Wörner (Pastore).

 

Ensemble Art House 17; Leitung, Cembalo und Blockflöte: Michael Hell.

 

(aufgenommen am 09. und 10. Juli 2024 in der Helmut-List-Halle in Graz, im Rahmen der «Styriarte 2024», in 5.1 Surround Sound)

 
 

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Jazzfestival Saalfelden 2024 / Live-Übertragung von Sylvie Courvoisiers ‹Chimaera› und von The Messthetics & James Brandon Lewis aus Saalfelden

24.08.2024Ö1 JazznachtÖ1Andreas Felber —   –  Details

The Messthetics & James Brandon Lewis

Die traditionelle Live-Jazznacht von Österreichs Jazzfestival-Klassiker in Saalfelden im Salzburger Pinzgau bringt diesmal die Übertragung zweier hochkarätiger Konzerte: zum einen die Präsentation des «Chimaera»-Sextetts der in New York City lebenden Schweizer Pianistin Sylvie Courvoisier; zum anderen der groovigen Allianz von US-Tenorsaxofonist James Brandon Lewis mit dem Punk-Rock-Jazz-Trio The Messthetics um Gitarrist Anthony Pirog. — Außerdem: Ausschnitte aus dem freitägigen Eröffnungskonzert der in Wien lebenden iranischen Klarinettistin und Komponistin Mona Matbou Riahi sowie aus Daniel Erdmanns deutsch-französischem «Thérapie de Couple»-Projekt und anderen bereits aufgenommenen Konzerthöhepunkten des Jazzfestivals Saalfelden 2024. — Saxofonist Daniel Erdmann wird ebenso als einer der Interviewgäste erwartet wie Pianistin Sylvie Courvoisier und der Wiener Gitarrist und Soundforscher Chris Janka, der heuer in Saalfelden als «Artist in residence» unterschiedlichste Projekte präsentiert.

 
 

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Hettie Jones, Dichterin und Autorin, die den Beat förderte, stirbt im Alter von 90 Jahren

24.08.2024News: NachrufeThe New York TimesPenelope Green —   –  Details

Hettie Jones

Sie und ihr Ehemann LeRoi Jones veröffentlichten Werke ihrer literarischen Freunde. Nachdem er sie verließ und zu Amiri Baraka wurde, fand sie ihre eigene Stimme. — Die Dichterin und Autorin Hettie Jones im Jahr 2006. Sie scherzte einmal, dass die gesamte Beat-Generation – einschließlich Allen Ginsberg, Jack Kerouac und Gregory Corso – in ihr Wohnzimmer passen würde. — Hettie Jones, eine Dichterin und Autorin, die zusammen mit ihrem Ehemann LeRoi Jones (der später zum aufrührerischen Dichter und Dramatiker Amiri Baraka wurde) ihren Haushalt zu einem Treffpunkt für Beat-Autoren und andere Künstler machte – die jedoch oft als Fußnote im Aufstieg ihres berühmten Ehemanns beschrieben wurde, als «die weiße Ehefrau», die er ablehnte – starb am 13. August in Philadelphia. Sie wurde 90 Jahre alt. — Ihre Tochter Kellie Jones bestätigte den Tod. — Frau Jones wuchs in einem konventionellen jüdischen Mittelklassehaushalt in Queens auf. Sie war musikalisch, rebellisch und ehrgeizig und hatte kein Interesse an akademischer Tweed-Welt oder vorstädtischem häuslichem Leben. Sie brach ihr Studium an der Columbia University ab, wo sie Drama studierte, um für einen Dollar die Stunde bei The Record Changer, einem Jazz-Magazin, zu arbeiten. Dort lernte sie einen charismatischen jungen Dichter namens LeRoi Jones kennen, und die beiden verliebten sich ineinander. — Sie hingen im Five Spot am Cooper Square herum und hörten Jazzmusikern wie Thelonious Monk zu. Obwohl sie Ende der 1950er Jahre das seltene gemischtrassige Paar im Greenwich Village waren, war ihre Welt weitgehend farbenblind, dachte Frau Jones – bis das nicht mehr der Fall war. — Sie erinnerte sich an den Tag, als sie zusammen gingen und von hinten Buhrufe und rassistische Beleidigungen hörten. Sie drehte sich um, um zu protestieren, aber Mr. Jones hielt sie zurück.

Sie erkannte, dass die Situation für ihn gefährlicher war, und war von ihrer eigenen Naivität und Unwissenheit erschüttert. (Damals gab es in mehr als der Hälfte des Landes Gesetze, die Mischehen unter Strafe stellten.) Ihr wurde auch klar, wie sie später schrieb: «Um so leben zu können, musste ich mich seinem Urteil beugen.» — Unterdessen wurde am Küchentisch in ihrer Wohnung eine andere Art von Geschichte geschrieben. 1958 gründete das Paar eine Literaturzeitschrift namens Y gen – ein japanisches Wort, das sich, wie das Inhaltsverzeichnis vermerkt, mit «Eleganz, Schönheit, Anmut, Erhabenheit dieser Dinge und auch gar nichts» übersetzen lässt. Beat-Helden wie Allen Ginsberg, Gregory Corso, Diane di Prima und Jack Kerouac waren neben Frank O›Hara und Robert Creeley unter den Mitwirkenden.

Später gründeten sie und Mr. Jones Totem Press, um Gedichtbände neuer Autoren zu veröffentlichen. Sie waren damals beide 23 Jahre alt und, wie Ms. Jones in «How I Became Hettie Jones», ihren Memoiren von 1990, schrieb: «Ich dachte, uns gäbe es nichts mehr zu stoppen.» — Editors› Picks — What Makes Good Chemistry? For Chat Podcasts, It›s Fundamental — Is It Better to Be Over- or Underdressed? — What School Nurses Want Parents to Know Ihre Wohnung war ein Zentrum und Zufluchtsort für ihre Künstlerfreunde, die oft monatelang bei ihnen wohnten oder sich trafen, um bei der Zusammenstellung der Zeitschriftenausgaben zu helfen. Ihre Partys waren episch, wie die, bei der Herr Ginsberg und sein Partner Peter Orlovsky nackt mit dem Sofa der Familie Jones auf dem Kopf tanzten. Frau Jones scherzte einmal, dass die gesamte Beat-Generation in ihr Wohnzimmer passen würde. — Obwohl ihre Mutter und ihr Vater sie verstoßen hatten, weil sie mit Mr. Jones ausging (seine Eltern hatten sie von Anfang an willkommen geheißen), «war ich die glücklichste und beliebteste Frau in New York», schrieb sie über ihren Hochzeitstag im Jahr 1958, «als ich Hettie Cohen gegen Hettie Jones eintauschte.» — Doch als Jones Anfang der 1960er Jahre immer berühmter wurde und seine Affären zunahmen, darunter eine mit Frau di Prima, litt seine Ehe. Er durchlief auch einen ideologischen Wandel und wurde von der schwarzen nationalistischen Bewegung und ihrer oft harten Identitätspolitik erfasst. Wenige Monate nach der Ermordung von Malcolm X im Jahr 1965 verließ er Frau Jones und ihre beiden kleinen Töchter und ging nach Harlem. Später zog er nach Newark, wo er Amiri Baraka wurde, die schwarze Dichterin Sylvia Robinson heiratete und seinem früheren Leben abschwor. — «Hettie und LeRoi schienen so perfekt aufeinander abgestimmt zu sein», sagte die Autorin Joyce Johnson, deren Memoiren «Minor Characters» aus dem Jahr 1983 die Szene beschreiben, in der sie und Frau Jones erwachsen wurden, in einem Interview. «Eine andere Frau wäre verbittert gewesen, aber sie verstand, warum er ging. Sie war bemerkenswert. Als wir das letzte Mal darüber sprachen, sagte Hettie: ‹Nun, es war eine notwendige Festigung der Identität.‹ Sie bezog sich nicht nur darauf, dass LeRoi sie im Stich gelassen hatte, sondern auch auf die integrierte Kunstszene, der sie angehörten und die eine Zeit lang so hoffnungsvoll ausgesehen hatte.» — In ihren Memoiren schrieb Frau Jones, sie sei eines Abends im Five Spot, nachdem Herr Jones das Lokal verlassen hatte, auf einige weiße Malerfreunde gestoßen. Sie waren verbittert, dass auch sie angeprangert worden waren: «‚Wie konnte er nur?‹, sagten sie. ‹Er hatte das Gefühl, er müsse es tun‹, sagte ich. Das klang richtig, dachte ich, und von der Frage, ob er es gewollt hatte, war gar nicht die Rede.» — Hilton Als beschrieb «Wie ich zu Hettie Jones wurde» 2014 im New Yorker als «eine Liebesgeschichte ohne Groll». — Hettie Roberta Cohen wurde am 16. Juli 1934 in Brooklyn geboren und wuchs im Stadtteil Laurelton in Queens auf. Ihr Vater, Oscar Cohen, arbeitete im Familienbetrieb, der Werbedisplays herstellte. Ihre Mutter, Lottie (Lewis) Cohen, war die Vorsitzende ihrer örtlichen Hadassah. Hettie war musikalisch; sie konnte Noten lesen, bevor sie Wörter lesen konnte, und sie lernte Hebräisch, damit sie es singen konnte. (…) Frau Jones in den 1960er Jahren. Sie war musikalisch, rebellisch und ehrgeizig und hatte trotz ihrer konventionellen Erziehung kein Interesse an akademischen Tweed-Outfits oder häuslichem Vorstadtleben. // Frau Jones 1963 mit Herrn Jones (links) und seinen Eltern, Anna Lois Russ Jones und Coyt L. Jones, auf einer Party für sein Buch „Blues People“. Sie heiratete Herrn Jones 1958 gegen den Willen ihrer Eltern; er verließ sie 1965.

 
 

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Tom Brown Jr., weltbekannter Survivalist, ist im Alter von 74 Jahren gestorben

24.08.2024News: NachrufeThe New York TimesClay Risen —   –  Details

Tom Brown

Jahrzehntelang leitete er in der Wildnis von New Jersey eine Schule, in der Tausende von Schülern lernten, wie sie in der freien Natur überleben und sogar erfolgreich sein können. — Tom Brown Jr. im Jahr 2003 mit einem speziell entworfenen Messer in der Hand. Er verschwand wochenlang im Wald, oft mit nichts als den Kleidern, die er am Leib trug. — Tom Brown Jr., der als größte Autorität des Landes in Sachen Überleben in der Wildnis galt und Tausenden von Menschen das Aufspüren von Rehen, das Befiedern von Pfeilen, die Nahrungssuche und allgemein das Überleben in der freien Natur beibrachte, starb am 16. August in Neptune, New Jersey. Er wurde 74 Jahre alt. — Sein Sohn Coty bestätigte den Tod im Krankenhaus. Er sagte, der Gesundheitszustand seines Vaters habe sich in letzter Zeit verschlechtert. — Obwohl Mr. Browns schlanke, kräftige Figur und sein ordentlich frisierter Schnurrbart eher an den Medienmagnaten Ted Turner als an John Rambo erinnerten, war er in jeder Hinsicht der Inbegriff eines Naturburschen. — Seine bevorzugte Wildnis waren die Pine Barrens, ein riesiges, unbewohntes Gebiet aus Sandwald, das sich über die Mitte von New Jersey erstreckt. Er verschwand wochenlang im Wald, oft mit nichts als den Kleidern, die er am Leib trug, und kam kerngesund und sogar ein paar Pfund schwerer wieder heraus. — «Wenn Sie Kleidung oder ein Messer haben, können Sie nicht wirklich überleben», sagte er 1998 der Maine Times. — Um sein Einkommen zu verdienen, leitete Herr Brown die Tracker School, eine Reihe einwöchiger Kurse über die Feinheiten des einfachen Lebens in der Wildnis und das, was er als «die Weisheit der Spur» bezeichnete. — Gemütlich ist die Tracker School nicht. Die Schüler schlafen in Zelten auf dem Boden, essen am Lagerfeuer und benutzen Feldlatrinen zwischen dem Unterricht und den Stunden, die Mr. Brown «Dreckszeit» nennt: Sie verbringen sie gebeugt auf der Erde und suchen nach Spuren von Waldbewohnern. — Die Tracker School erfreute sich außerordentlicher Beliebtheit: Mr. Brown und seine Lehrer begrüßten jedes Jahr Hunderte von Menschen, darunter Mittelschüler, gelangweilte Computerprogrammierer und erfahrene Outdoor-Profis aus der ganzen Welt. — Obwohl er distanziert und angespannt wirken konnte, hatte Mr. Brown eine große Anhängerschaft; ehemalige Schüler kehrten nach Hause zurück, um Fährtenleserclubs zu gründen oder sogar eigene Schulen zu eröffnen. — «Er hat mein Leben ziemlich verändert», sagte Jim Lowery, ein weiterer Absolvent der Tracker School, in einem Interview. Herr Lowery gab seinen Job als gemeinnütziger Spendensammler auf, um mit seiner Frau Mary Brooks Earth Skills zu gründen, eine Wildnisschule in Frazier Park, Kalifornien. — Zu Mr. Browns Fans zählte der Regisseur William Friedkin, der ihn als technischen Berater für seinen Film «The Hunted» (2003) engagierte. Der Film handelt von einem Brown-ähnlichen Überlebenstrainer, gespielt von Tommy Lee Jones, der aus dem Ruhestand zurückkehrt, um einen mörderischen ehemaligen Schüler, gespielt von Benicio Del Toro, aufzuspüren. — Mr. Brown legte seine Entstehungsgeschichte in seinem ersten Buch «The Tracker» (1978) dar. Als er 7 Jahre alt war, so schrieb er, freundete er sich mit einem Jungen namens Ricky an, dessen Großvater Stalking Wolf ein Lipan Apache aus New Mexico war, der nach New Jersey gezogen war, um in der Nähe seines Sohnes zu sein. Im Laufe des nächsten Jahrzehnts brachte Stalking Wolf den Jungen die Lebensweise des Waldes bei. — «Er hat mir beigebracht, wie ich mir selbst etwas beibringen kann», schrieb Brown. «Seitdem benutze ich die Werkzeuge, die er mir gegeben hat.» — Der Einfluss von Stalking Wolf führte außerdem dazu, dass Brown seiner Lehrtätigkeit und seinen Schriften einen dringenden Umweltschutz beimaß und darauf beharrte, dass die Menschen den Sinn der amerikanischen Ureinwohner für die Balance mit dem Land wieder erlernen müssten – sonst würde etwas passieren.

 
 

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Vor 20 Jahren: Die Sterbeforscherin Elisabeth Kübler-Ross gestorben

24.08.2024KalenderblattDeutschlandfunkN.N. —   –  Details

Elisabeth Kübler-Ross

Elisabeth Kübler-Ross — Die mit den Sterbenden sprach — Das Lebensende nicht tabuisieren, sondern gestalten: Das war das Ziel der Ärztin und Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross. Ihre «Interviews mit Sterbenden» waren 1969 bahnbrechend für die Palliativmedizin. Vor 20 Jahren ist sie gestorben. — Elisabeth Kübler-Ross, Psychiaterin der Universität von Chicago, im März 1970.

 
 

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Die Wucht der Stille – Der Komponist Antoine Beuger

24.08.2024Atelier neuer MusikDeutschlandfunk KulturHanno Ehrler —   –  Details

Antoine Beuger

Antoine Beuger, 1955 in den Niederlanden geboren, lebt in der Nähe von Düsseldorf. Er nennt seine Arbeit nicht Komponieren, sondern ein «Entwickeln von Ereignissen“. Musik sei folglich ein Ausschnitt aus dem allgegenwärtigen Rauschen der Welt. Diese Ausschnitte sucht und erforscht der 69-jährige Komponist mit jeder seiner mittlerweile knapp zweihundert Arbeiten. Besonders interessiert ihn die Stille: In manchen Stücken gibt es teilweise sehr lange Passagen, in denen kein einziger Ton gespielt wird. Antoine Beugers ruhige, leise und ereignisarme Musik scheint in der heutigen Neue-Musik-Szene wenig attraktiv zu sein. Seine Werke werden dort kaum aufgeführt. Gleichwohl sind sie eine wichtige und aktuelle Position zeitgenössischen Komponierens.

 
 

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Träume und Traumata: zehn Jahre nach Shingal – Die Lange Nacht der deutschen Jesiden

24.08.2024Lange NachtDeutschlandfunkTom Daun< —   –  Details

Jesiden in Deutschland

2014 überfielen IS-Kämpfer im Nordirak Siedlungen der jesidischen Minderheit. Viele flohen aus der Region Shingal, auch nach Deutschland. Doch hier schwinden die sozialen Bindungen. Damit droht, dass auch die religiöse Identität verloren geht. — Aufmerksamkeit: Mit Märschen und Protesten machen die Jesiden bereits seit 2014 auf den an ihnen im Nordirak erfolgten Völkermord aufmerksam. — Der Völkermord an den Jesiden fand im Irak statt und viele aus der Region Shingal flohen nach Deutschland, denn hier existierte bereits seit den 1960er-Jahren eine intakte jesidische Community. Die neue Heimat verspricht Frieden und Schutz, Selbständigkeit und Wohlstand und droht mit den sozialen Bindungen auch die religiöse Identität aufzulösen. — Vor zehn Jahren, am 3. August 2014, fand der Völkermord an den Jesiden im Irak statt. Hundertausende flohen aus der Region Shingal – viele von ihnen nach Deutschland. Hier existierte bereits eine intakte jesidische Community, gegründet in den 1960er-Jahren von «Gastarbeitern» und ihren Familien. Die Neuankömmlinge wurden mit offenen Armen empfangen. Im Gegensatz zu anderen migrantischen Gruppen fällt den Jesiden die Integration in die westliche Gesellschaft leicht: Der Anteil an Akademikern ist hoch, es gibt viele erfolgreiche Geschäftsleute. Deutschland ist für die meisten längst zur neuen Heimat geworden. In ihrem angestammten Siedlungsgebiet im Irak, in Syrien und der Türkei lebten die Jesiden in ständiger Angst. Es drohten Verfolgung, Zwangsislamisierung oder gar Massenmord. Im Westen erfüllt sich ihr Traum von religiöser Freiheit. Doch das kollektive Trauma des kleinen Volkes ist nicht überwunden; noch weniger die individuellen Traumata der geschundenen und vergewaltigten Frauen, von denen viele in Deutschland in Behandlung sind. Das Leben im Westen bringt neue Herausforderungen mit sich: herausgerissen aus einer ländlichen Umgebung müssen die Menschen lernen, in einer völlig anders gearteten Welt zurechtzukommen. Die engen sozialen Strukturen aus der Heimat im Nahen Osten zerbrechen, der Zusammenhalt der Familien wird locker, die religiöse Identität droht verloren zu gehen.

 
 

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Humoristen sind deprimierte Leute / im Gespräch mit Ephraim Kishon (RIAS 09.03.1976)

24.08.2024Aus den ArchivenDeutschlandfunk KulturJohn Hendrik — Ralf Bei der Kellen, Isabella Kolar —   –  Details

Ephraim Kishon

Der israelische Schriftsteller Ephraim Kishon wurde am 23. August 1924 in Budapest geboren und starb 2005 in der Schweiz. Im deutschsprachigen Raum war er einer der erfolgreichsten Satiriker. — Am 23. August 1924 wurde der Satiriker Ephraim Kishon in Budapest geboren. Als Sohn einer jüdischen Familie erlebte er dort den sich verstärkenden und schließlich tödlichen Antisemitismus. 1944 wurde er in ein Arbeitslager deportiert; auf dem Transport in ein Konzentrationslager in Polen gelang ihm die Flucht. Zur jüngeren deutschen Vergangenheit hatte er – verständlicherweise – ein schwieriges Verhältnis – allerdings verkauften sich seine Bücher nirgendwo so gut wie in (West)Deutschland. Das Interview, das er am 9. März 1976 im RIAS gab, ist in doppelter Hinsicht ein Dokument, denn: es ist ungeschnitten – die angesagte Musik fehlt und auch sämtliche Kommunikation mit den Technikerinnen ist zu hören; und außerdem konnte der Interviewer John Hendrik im Gegensatz zu vielen deutschen Moderatoren das Gespräch auf Augenhöhe führen, da er ebenfalls er ein emigrierter Jude war.

 
 

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Lyrisches Finnland- Die Pianistin Terhi Dostal über Lieder von Ilmari Hannikainen

24.08.2024Die besondere AufnahmeDeutschlandfunk KulturN.N. —   –  Details

Ilmari Hannikainen

Kirsi Tiihonen, Sopran – Timo Riihonen, Bass – Terhi Dostal, Klavier —Produktion: Deutschlandfunk Kultur / Hänssler 2024 — Zwischen Romantik und Impressionismus bewegt sich die farbenreiche Musik von Ilmari Hannikainen. Seine Musik international bekannt zu machen, ist ein Anliegen der finnischen Pianistin Terhi Dostal.

 
 

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