Alle Artikel in der Kategorie “Aus den Archiven

Aus den Archiven ist ein Sendungsformat von Deutschlandradio Kultur

Kapitalismus – von Webstühlen zum Hochfrequenzhandel

19.06.2023radioWissenBayern 2Maike Brzoska —   –  Details

Amartya Sen

Der Kapitalismus ist schuld! Klimawandel, soziale Kälte, Armut – manchmal scheint es, als müsse das «System» für alles herhalten, was schief läuft in unserer Gesellschaft. Nicht selten folgt dann noch der Hinweis, dass unsere Art zu wirtschaften bald am Ende sei. Oder dringend abgeschafft werden müsse. Und trotzdem scheint unser Wirtschaftssystem fest verankert zu sein. Seit vielen Jahrhunderten gibt es immer wieder neue Spielarten des Kapitalismus. Mal dominierten die Kaufleute, mal die Industriellen, mal die Finanzmärkte. Wie ein Chamäleon schlängelt sich das kapitalistische System durch die Epochen, immer mit anderem Antlitz. Aber was genau ist das eigentlich – der Kapitalismus? — Erstsendung 23. April 2020

 
 

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Die Geschichtsschreibung diente in Russland stets den Mächtigen, der Horror des Ukraine-Krieges zeigt, dass sie zu Offenheit finden

19.06.2023NewsNZZMichail Schischkin —   –  Details

Brandrede Lenin

Wie viele Wahrheiten gibt es in der Geschichtsschreibung? Welche davon ist die «wahrste»? Wer entscheidet letztlich, was «wahr» ist? In Russland ist es Präsident Putin, aber das darf nicht so bleiben. Daher muss die Organisation Memorial, die er verbieten liess, weiterleben. — Revolutionäre Zeiten in Russland, 1920: Lenin hält eine Brandrede, während Trotzki rechts unterhalb neben dem Podium steht. Später wurde Trotzki als Persona non grata aus dem Foto wegretouchiert. — Revolutionäre Zeiten in Russland, 1920: Lenin hält eine Brandrede, während Trotzki rechts unterhalb neben dem Podium steht. Später wurde Trotzki als Persona non grata aus dem Foto wegretouchiert. — Ich bin in einem Land mit einer unberechenbaren Vergangenheit aufgewachsen. Da sind die Schulbücher wie Wetterhähne – sie zeigen an, in welche Richtung der historische Wind gerade weht.

 
 

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Ein Leben für das Kino: Der Filmwissenschaftler Hans Helmut Prinzler ist tot

19.06.2023NewsBerliner ZeitungHarry Nutt —   –  Details

Helmut Prinzler

Die Stürme des Zeitgeists notierte er mit der Nüchternheit des gewissenhaften Chronisten. Mit leidenschaftlichen Stellungnahmen jedenfalls hielt sich der Filmwissenschaftler und -autor Hans Helmut Prinzler vorsorglich zurück. Wenn es ihn dann doch einmal zu einer Einschätzung drängte, dann geschah dies in der ihm gebotenen Zurückhaltung. Über die Berlinale des Jahres 1968 schreibt Prinzler: «Erste politische Störungen beim Festival. DFFB-Studenten bewerfen bei einer Diskussion im Audimax der TU Alexander Kluge und Enno Patalas mit Eiern. Die Aktion finde ich eher peinlich.» — Die Bemerkung zeigt, dass selbst später ganz eindeutig der politischen Gegenkultur zugerechnete Akteure wie Alexander Kluge und Enno Patalas sich dem Furor der Rebellion ausgesetzt sahen. Hans Helmut Prinzler notierte die Volte eher widerwillig und ging lieber ins Kino, wo Werner Herzogs «Lebenszeichen» und Jean-Marie Straubs «Chronik der Annamaria Bach» als deutsche Beiträge im Wettbewerb liefen. Beide Filme sind heute eher vergessen. Das zeigt den unschätzbaren Wert dieser kleinen Chronik, die Hans Helmut Prinzler unter der Überschrift «Meine 62 Berlinalen» auf seine Internetseite gestellt hat. Kurze Referate, kleine Geschmacksbekundungen, manchmal Kritik. Über die jüngste Ausgabe der Berlinale schreibt Prinzler: «Im Wettbewerb werden fünf deutsche Filme gezeigt. Am besten finde ich «Roter Himmel» von Christian Petzold, aber auch «Ingeborg Bachmann – Reise in die Wüste» von Margarethe von Trotta und «Irgendwann werden wir uns alles erzählen» von Emily Atef beeindrucken mich.» — Von seinem Naturell her war Hans Helmut Prinzler ein Mann des Textes — Ein letztes Mal fand der 1938 in Berlin geborene und in Oberndorf am Neckar aufgewachsene Prinzler da die Muße, sich der Liebe zum Kino hinzugeben, die sein Leben auch beruflich bestimmt hat. Von seinem Naturell her war er ein Mann des Textes, die genaue Analyse war sein Metier. Nach einem Studium der Theaterwissenschaften, Publizistik und Germanistik in München und Berlin blieb er zunächst an der Uni hängen. 1969 erfolgte der Wechsel an die Deutsche Film- und Fernsehakademie Berlin (DFFB), wo er zehn Jahre lang als Studienleiter tätig war. Seine zentrale Wirkungsstätte aber wurde die Stiftung Deutsche Kinemathek, die er von 1990 bis zu seiner Pensionierung im Jahre 2006 leitete und die nun auch die Nachricht seines Todes überbrachte. Ein Meilenstein seiner Arbeit war die große Ausstellung «Kino – Movie – Cinema», die 1995 im Martin-Gropius-Bau gezeigt wurde.— Hans Helmut Prinzler war ein pragmatischer Regler im Hintergrund, es drängte ihn nicht in die erste Reihe, und die Filmpublizistik verstand er als dienende Instanz. Tausende Publikationen, die mit seinem Namen verknüpft sind, sind ein bleibender Beleg für ein Leben für die Filmkunst. Hans Helmut Prinzler, der über viele Jahre auch die Programme der beliebten Berlinale-Reihe Retrospektive zusammengestellt und entsprechend erforscht hat, ist nun im Alter von 84 Jahren in Berlin gestorben.

 
 

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Inge Mahns Vermächtnis: Kunst ist Kunst und im eigentlichen Sinne kein Lehrfach

19.06.2023NewsBerliner ZeitungIngeborg Ruthe —   –  Details

Inge Mahn

Wer sie kannte, ihre Energie, ihren Umgang mit Studierenden und ihre Affinität zu nachhaltigen Gemeinschaftsprojekten – bis 2009 noch an der Kunsthochschule Weißensee und zuvor schon an der Stuttgarter Kunstakademie –, der musste glauben, Inge Mahn würde 100 werden. Alt wie ein Baum, aber immergrün. — Ihr Credo war gleichzeitig die Erkenntnis, dass Kunst eben Kunst ist und im eigentlichen Sinne kein Lehrfach. Mit anderen Worten heißt das, dass es müßig ist, zu glauben, etwas erlangen zu können, was man nicht in sich hat. Zum Kunst-Machen gehört eben nichts Antrainiertes, sondern Kreativität, Leidenschaft, unbändige Neugier auf Formen und deren Veränderbarkeit. Ebenso Zähigkeit und Mut. — Gerade kam die Nachricht über ihre Berliner Galerie Hetzler, dass die Künstlerin am 19. Juni gestorben ist, unmittelbar vor ihrer großen Ausstellung im rheinland-pfälzischen Weidingen, die am 15. Juli eröffnet wird und bis Ende August läuft. Die Schau wird nun zum Extrakt und auch Vermächtnis ihres über 50-jährigen Schaffens als Bildhauerin – und als Lehrmeisterin. — Das zeigte sich in den Arbeiten der aus dem polnischen Teschen stammenden einstigen Meisterschülerin von Joseph Beuys an der Düsseldorfer Kunstakademie schon seit den frühen 1970er Jahren, etwa auf der Documenta 5 im Jahr 1972 in ihren «Individuellen Mythologien», später in ihren so kühnen wie alltags-sinnlichen Ideen für Kunst am Bau, ihre Reibung an der Bauhaus-Kunst und Architektur, die gerade im Bauhaus-Archiv große Wertschätzung erfuhr, was ihr eine Residenz in den Dessauer Meisterhäusern einbrachte.

 

— In Groß Fredenwalde in der Uckermark, wo sie nach ihrer Pensionierung lebte und arbeitete, gründete sie 2012 das «Stallmuseum», das seither den Dorfbewohnern und internationalen Künstlern offensteht und in dem sie, mitten im Corona-Jahr 2021, eine unvergessliche Schau initiierte . In Inge Mahns Skulpturen, Installationen, Performances hatte die Zugänglichkeit zum Werk, der Bezug zu den Betrachtenden oberste Priorität. In plastischer Form setzte sie sich mit Alltagsgegenständen auseinander und griff in architektonische Strukturen ein. Die sich daraus entwickelnden Gebilde könnten, erklärte sie, lediglich die Wiedergabe einer Situation sein oder herausgerissen und ihrem ursprünglichen Zweck entgegengesetzt werden. Oft verwendet werden Gips, Stoff, Pappe, Schnüre. Damit bilden sie Gebrauchsgegenstände und banale Objekte nach – um das Raumgefühl der Betrachter zu verändern. Dies sollte direkt, aber auch subtil und kaum merkbar geschehen. Es ging ihr um Erweiterung – um das Gefühl und Bewusstwerden des uns umgebenden Raums.

 
 

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Angst vor dem Armageddon

19.06.2023NewsFAZ onlineFriedrich Schmidt und Reinhrad Veser —   –  Details

Sergej Karaganow

Ein russischer Außenpolitikfachmann fordert den nuklearen Erstschlag auf ein Ziel in Europa. Er behauptet, das sei nötig, um das Überleben der Menschheit zu retten. — Wladimir Putin wählt drastische Worte, wenn er über seine Widersacher spricht. «Jetzt verbrennen wir alles, was sie liefern», sagte Russlands Präsident am vergangenen Freitag auf seinem Petersburger Wirtschaftsforum über die westlichen Waffen für die Ukraine. «Dann schauen wir, was sie als Nächstes machen.» — Ginge es nach Sergej Karaganow, reichten die konventionellen Waffen nicht aus, mit denen Russland bisher versucht, den Krieg zu seinen Gunsten zu wenden. «Die Anwendung von Nuklearwaffen kann die Menschheit vor einer globalen Katastrophe bewahren», heißt ein Artikel des – wie Putin 70 Jahre alten – Politologen. Darin regt Karaganow einen Nuklearschlag auf einen europäischen Unterstützer Kiews an. — Ausgangspunkt seiner Überlegungen ist, dass selbst die «Befreiung» der im Herbst annektierten vier ukrainischen Gebiete ein bloßer «Minimalsieg» wäre. Die übrige Ukraine müsse kapitulieren, dort sollten eine entmilitarisierte Pufferzone und ein «freundlicher Staat» entstehen. Dafür müsse man «den Willen des Westens brechen» und diesen zum «strategischen Rückzug oder gar zur Kapitulation» zwingen. — Mancher vermutet, es gehe Karaganow jetzt darum, Putin – dessen Worte er an vielen Stellen paraphrasiert – oder wenigstens Nikolaj Patruschew zu beeinflussen, den Sekretär des Nationalen Sicherheitsrats, dessen wissenschaftlichem Beirat der Politologe auch angehört. Andere sehen einen neuerlichen Versuch, den Westen einzuschüchtern und von Waffenlieferungen abzubringen, drastischer und konkreter, als Putin selbst es oft unternimmt. Womöglich ist Karaganows Artikel auf der Website von «Russia in Global Affairs» indes bloß wie seine früheren Auftritte ein Gradmesser für das intellektuelle Klima in Russland. — Bemerkenswerte offizielle Reaktionen hat Karaganows Artikel bisher nicht gefunden. Putin bekräftigte am Freitag die Militärdoktrin: Man habe Nuklearwaffen, um Russlands Sicherheit und Staatlichkeit zu sichern. Die Verlegung taktischer russischer Nuklearwaffen nach Belarus bezeichnete Putin als «Element der Abschreckung gegen alle, die darüber nachdenken, uns eine strategische Niederlage beizubringen».

 

 
 

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Astrud Gilberto: Sie starb in einer Wohnung mit ihren Katzen, von der Männerwelt verraten

19.06.2023NewsBerliner ZeitungIlija urovi —   –  Details

Astrud Gilberto

Unser Autor ist großer Fan von Astrud Gilberto. Ihre Geschichte ist, wenn man recherchiert, viel weniger ruhmreich als ihr Hit «The Girl from Ipanema». Ein Gastbeitrag.

 

— — In Brasilien ist João Gilberto ein berühmter Komponist, Gitarrist und Sänger, einer der Schöpfer des Wunders namens Bossa nova – «neue Welle» – ein Stil, in dem die Gitarre und die Stimme die Dominanz des Schlagzeugs des Samba ablösten und den Weg für einen Sound ebneten, der die Mittelschicht eroberte und bereit war, als perfekter Soundtrack für die westliche Vorstellung des oft exotisierten Brasiliens zu erstrahlen — Am 18. März 1962 versammelten sich im A&R-Studio in Manhattan wichtige musikalische Namen. Stan Getz, João Gilberto und Antônio Carlos Jobim bereiteten sich auf die Aufnahme eines Albums vor, von dem man sich einen großen Erfolg versprach. Zu diesem Zeitpunkt ist Stan Getz bereits einer der besten amerikanischen Saxophonisten, sicherlich der größte «Lyriker» unter ihnen, der Schöpfer dessen, was Klugscheißer «Cool Jazz» oder «West Coast Jazz» nennen werden. — So habe ich viele dunkle Dinge erfahren — In der Zwischenzeit verliebte ich mich schnell und leicht in verschiedene andere musikalische Gestalten, verliebte mich noch öfter. Und dann, am 5. Juni 2023, starb Astrud Gilberto in Philadelphia, Pennsylvania, und es war an mir, von ihr Abschied zu nehmen. Ich hörte mir alle Alben noch einmal an, las alle Artikel und Texte, die ich in die Finger bekam, genoss sie wie das sentimentale Blättern in alten Fotos, denn alle Texte recycelten eine bekannte, unzählige Male wiederholte Erzählung. Aber das bedeutete auch einen persönlichen Abschied von einer einst wichtigen Stimme.

 

Und dann stieß ich auf andere Quellen, andere Versionen berühmter musikalischer Mythen. Plötzlich begann meine intime Fiktion, in die ich meine Lieblingsmusik immer verpackt hatte, im Licht von Tatsachen zu zerfallen, die nicht so luftig und sanft waren, ganz und gar nicht wie die Stimme der geliebten Astrud. — Die Vermarktung eines Mythos — Und die anderen? Die anderen haben, mehr oder weniger, eine ganze Menge Geld mit dem Erfolg von «The Girl from Ipanema» verdient. Neben dem bereits erwähnten Stan Getz, der seine Million bekam, hat auch Frank Sinatra 1967 seine Version des Liedes mit Jobim aufgenommen und ist wahrscheinlich nicht ohne Honorar aufgestanden.

 

Nicht nur Musiker profitierten von dem Mythos, der mit der Stimme von Astrud Gilberto auf der Platte «Getz/Gilberto» geschrieben wurde. Heloisa Pinhero, damals eine Teenagerin im Bikini, die von zwei Caipirinhas trinkenden Musikern beäugt wurde, die daraufhin ein Lied über ihre illegale Fantasie schrieben, wurde als Model und später als Besitzerin einer Bademodenboutique am Strand von Ipanema berühmt. Der Name der Boutique war Garota de Ipanema.

 
 

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Wortmusikalische Traumpaare: Mozart – Da Ponte (1/5)

19.06.2023MusikstundeDeutschlandfunk KulturChristoph Vratz —   –  Details

WA Mozart

Sie haben füreinander eingestanden und miteinander gerungen: Künstlerallianzen zwischen Dichtern und Komponisten. Was wäre aus Mozart geworden ohne seinen kongenialen Librettisten Da Ponte oder aus Richard Strauss ohne Hugo von Hofmannsthal. Hanns Eisler findet in Bertolt Brecht einen idealen Vorlagengeber für seine Lieder. Und es gibt Traumpaare, die einander nie oder nur kurz begegnet sind, Robert Schumann und Heinrich Heine etwa. Schließlich kann man die Perspektive auch wechseln, Thomas Mann hätte seine Romane ohne die Musik Richard Wagners wohl nie in der uns bekannten Form geschrieben.

 
 

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Max Morath, Pianist, der ein One-Man-Ragtime-Revival inszenierte, stirbt im Alter von 96 Jahren

19.06.2023NewsThe New York TimesRobert D. McFadden —   –  Details

Max Morath

Als Student sowohl der Musik als auch der Geschichte unterhielt er das Publikum in den 1960er Jahren und darüber hinaus, während er es über ein Genre aufklärte, dessen Blütezeit Jahrzehnte zuvor zu Ende gegangen war. — Max Morath, der nur eine Lebenszeit zu spät aus den 1890er Jahren ausstieg und mit synkopierten Klavierrhythmen und Gesellschaftskommentaren dazu beitrug, das Ragtime-Zeitalter in Bildungsfernsehsendungen, in Konzertsälen und in Nachtclubs fast ein halbes Jahrhundert lang wiederzubeleben, starb am Montag um 18:00 Uhr Pflegeeinrichtung in der Nähe seines Hauses in Duluth, Minnesota. Er war 96 Jahre alt.

 

— Seine Frau Diane Fay Skomars bestätigte den Tod.

 

— Nachdem er die Grundlagen der Musik von seiner Mutter gelernt hatte, die in Kinos für Stummfilme auf dem klingelnden Klavier spielte, fand Herr Morath – nach falschen Karrierestarts als Radiosprecher, Nachrichtensprecher und Schauspieler – seine Berufung in der Faszination für Ragtime, das Einzigartige synkopierter, «zerlumpter» Stil, dessen Blütezeit sich über zwei Jahrzehnte erstreckte, etwa von 1897 bis 1917.

 

— Als studierter Musik- und Geschichtsstudent verliebte sich Herr Morath in die traumhaften, bittersüßen Klänge des Ragtime. Er erforschte die Stile und Repertoires seiner Zeit. Er durchkämmte Bibliotheken, studierte Klavierrollen und alte Noten, konsultierte historische Gesellschaften, las antike Zeitschriften und sprach mit Leuten, die alt genug waren, um sich an die Arbeit der Ragtime-Größen und die Meilensteine ihrer Zeit zu erinnern.

 

— Was entstand, war eine neue Form der Unterhaltung, die Effekthascherei mit wissenschaftlichen Kommentaren zum Ragtime selbst, zu seinen Spielern und Fans sowie zur Etikette und dem Geschmack einer längst vergangenen Zeit verband, als Pferde Straßenbahnen zogen und das Frauenwahlrecht noch nur ein Traum war Zukunft.

 

— In einem Strohhut und Strumpfbändern spielte Mr. Morath Scott Joplins « Maple Leaf Rag», Jelly Roll Mortons «Tiger Rag» und Eubie Blakes «Charleston Rag», während er mit einer Zigarre zwischen den Zähnen auf einen alten Pfosten einhämmerte. In diesen Momenten hätte er wie ein Vaudeville-Nachahmer wirken können, der auf Nostalgie setzt. Aber seine Stimmung wurde ernster – und seltsamerweise einnehmender –, als er innehielt, um dem Publikum zu erzählen, was es hörte.

 

— «Ragtime ist die Volksmusik der Stadt», erklärte er. «Es repräsentiert 25 Jahre Musik, die übersehen wurde.

 

— «Klassischer Ragtime ist nicht die Honky-Tonk-Musik, die man heute hört. Das ist einfach ein weit verbreitetes Missverständnis. Niemand hat dem klassischen Ragtime viel Aufmerksamkeit geschenkt, weil man der Meinung war, dass Volksmusik aus den Bergen kommen müsse. Wir haben in die falsche Richtung geschaut.» — — Herr Morath hat den Ragtime wieder zum Leben erweckt. In den 1890er Jahren, sagte er, hörten die Leute es in Varietéhäusern oder einfach beim Spaziergang durch die Stadt. Es gab neuartige Erfindungen: Klaviere, Phonographen und Nickelodeons. In bürgerlichen Häusern gab es Klaviere. Noten boomten. Tin Pan Alley, die Heimat der Songwriter in Manhattan, die die Popmusik dominierten, blühte auf.

 

— Nach einigen Jahren in Clubs sowie im Radio und Fernsehen im Westen und in seiner Heimat Colorado gelang Herr Morath 1960 der Durchbruch bei KRMA-TV, dem Bildungsfernsehsender in Denver. Er schrieb und produzierte «The Ragtime Era», eine Serie von 12 halbstündigen Shows über die Musik und Geschichte des Ragtime und des Blues sowie die Ursprünge der Musikkomödie und der Tin Pan Alley für das 60 Sender umfassende National Educational Television Netzwerk, der Vorgänger von PBS.

 

— — Der Pianist Max Morath im Jahr 1963. Er erweckte den Ragtime in Konzertsälen, in Nachtclubs und im Fernsehen zum Leben.Kredit.

 
 

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