24.06.2023 – News – Spiegel Online – Henrik Bahlmann, Ann-Dorit u.a. — – Details
Wagner Söldner
Verlassen die Russen angesichts der Bedrohung durch die Wagner-Söldner die Hauptstadt? Direkte Flugverbindungen nach Tiflis, Astana und Istanbul sind jedenfalls nicht mehr zu bekommen. — — Der Machtkampf in Russland eskaliert weiter: Der Wagner-Chef Jewgenij Prigoschin forderte Verteidigungsminister Sergej Schoigu und den Generalstabschef Waleri Gerassimow heraus. Wenn sie nicht zu ihm kämen, würden die Wagner-Söldner bis nach Moskau marschieren, erklärte Prigoschin. Kremlchef Wladimir Putin bezeichnete die Aufständischen als »Verräter«.
18:42 — Ukrainisches Verteidigungsministerium spottet über Wagner-Aufstand — Das ukrainische Verteidigungsministerium hat mit Spott auf den Aufstand der russischen Söldnertruppe Wagner gegen die Militärführung in Moskau reagiert. Es frage sich, »warum die russischen Soldaten noch in ihren schlammigen Schützengräben sind, anstatt ihren Kameraden auf beiden Seiten des Konflikts zu Hilfe zu eilen«, schrieb das Ministerium am Samstag auf Twitter. »Das wäre bei Weitem sicherer, als sich der ukrainischen Armee entgegenzustellen«, hieß es weiter.
17:46 — In Moskau hat Bürgermeister Sobjanin für Montag einen arbeitsfreien Tag angekündigt, um die »Risiken zu minimieren«. Seit Putins Ansprache am Morgen ist Prigoschin das Thema auf den Straßen und in Parks, es werden Nachrichten über Prigoschins Truppen ausgetauscht, seine Chancen diskutiert. Es sei weniger Verkehr unterwegs auf den Straßen als sonst samstags, berichtet eine SPIEGEL-Mitarbeiterin. Auch wenn der Rote Platz abgesperrt ist, einzelne Militärfahrzeuge im Zentrum zu sehen sind, das Leben gehe in weiten Teilen der Metropole erst einmal ruhig weiter wie bisher.
15:42 — Gouverneur bestätigt: Wagner-Söldner inzwischen in Lipezk — Russische Militärbloggern hatten darüber berichtet (siehe Eintrag von 13:27 Uhr), nun meldet sich der Gouverneur der Region zu Wort: Es würden »alle notwendigen Maßnahmen« ergriffen, um die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten, heißt es im Telegram-Kanal von Igor Artamonow: »Die Situation ist unter Kontrolle. Es kommt zu keinen Ausfällen im Betrieb kritischer Infrastruktur.« Bewohnerinnen und Bewohner wird »dringend empfohlen«, ihre Häuser nicht zu verlassen.
15:29 — Putin soll Moskau verlassen haben — Ein russisches Regierungsflugzeug, das von Präsident Wladimir Putin benutzt wird, soll um 14.16 Uhr Ortszeit vom Moskauer Flughafen Wnukowo in Richtung St. Petersburg abgeflogen sein und dann vom Radar verschwunden sein. Offenbar haben die Piloten aufgehört, Daten zu übermitteln, als sich das Flugzeug vom Typ Iljuschin etwas südlich der russischen Stadt Twer befand. Dies berichten mehrere Medien unter Berufung auf Daten des Trackingdienstes Flightradar. Putins Sprecher Dmitri Peskow bestritt nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur Tass, dass der Präsident die Hauptstadt verlassen habe.
15:29 — Putin telefoniert laut Kreml mit Erdo an — Der russische Staatschef Wladimir Putin hat nach Kremlangaben mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdo an telefoniert. Erdo an unterstütze den Umgang der russischen Regierung mit dem Aufstand von Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin, teilte das russische Präsidialamt mit. Eine Stellungnahme der türkischen Seite gab es zunächst nicht.
15:00 — Geheimdienstchef erklärt Aufstand für gescheitert — Derweil erklärt der Chef des russischen Auslandsgeheimdienstes SWR den Aufstand bereits für nicht erfolgreich. Es sei klar, dass der Versuch einer Destabilisierung der Gesellschaft und einer Anzettelung zu einem brudermörderischen Bürgerkrieg gescheitert sei, zitiert die amtliche Nachrichtenagentur Tass Sergej Naryschkin.
14:36 — Direktflüge aus Moskau ausverkauft — In den sozialen Netzwerken wurde schon spekuliert, dass die Moskauer Elite angesichts der heranstürmenden Wagner-Söldner die Stadt verlässt. Auf der Plattform Flightradar24 waren diverse Privatflüge aus Russland heraus getrackt. Unser Kollege Alexander Chernyshev hat sich die aktuelle Entwicklung von Flugtickets angeschaut und herausgefunden: Tickets für direkte Verbindungen von Moskau nach Tiflis, Astana und Istanbul gibt es nicht mehr.
14:28 — Sicherheitskräfte in Moskau bereiten sich offenbar auf Wagner-Söldner vor — Moskau bereitet sich offenbar auf einen Sturm der Wagner-Söldner vor. Wie die russische Zeitung »Vedemosti« veröffentlichte nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters Bilder von Polizeistellungen im Südwesten der russischen Hauptstadt. Demnach sind auch Polizisten an der Stelle zu sehen, an der die Autobahn M4, auf der die Wagner-Söldner unterwegs sind, Moskau erreicht.
14:08 — Prigoschin: Kein Schuss für Übernahme des Hauptquartiers in Rostow — Bei der Übernahme des Hauptquartiers des Südlichen Militärbezirks in Rostow haben die Wagner-Söldner nach Angaben ihres Chefs Jewgenij Prigoschin keinen Schuss abgesetzt. In einer Sprachnachricht, die von seinem Pressedienst bei Telegram veröffentlicht wurde, sagt Prigoschin, dass seine Männer von Artillerie und Hubschraubern beschossen worden seien. Er sagt in der Sprachnachricht auch, dass er glaube, die Unterstützung der russischen Menschen für einen »Marsch der Gerechtigkeit« zu haben.
13:59 — Bewohner aus Rostow am Don berichten dem SPIEGEL, dass Hunderte Menschen unterschiedlichen Alters im Zentrum der südrussischen Stadt unterwegs sind. Viele seien neugierig und würden umherlaufen und schauen, wo die teils maskierten Bewaffneten stünden. Die Stimmung in der Stadt sei ruhig. Wenn Kritik auf der Straße laut würde, würden sich ältere Menschen äußern: »Was macht ihr? Habt ihr nicht die Ansprache von Putin gehört?« Es sind Flaggen auf den Rostower Straßen zu sehen, darunter auch solche mit dem rot-gelb-schwarzen Wagner-Logo. Ein Student berichtete dem SPIEGEL, dass Wagner-Kämpfer Flaggen ihrer Söldnertruppe von einem Lastwagen aus an Passanten verteilt hätten. In einigen Geschäften würden die Menschen beginnen, sich mit Konserven, Brot und Kartoffeln einzudecken.
13:19 — Berichte über russische Luftangriffe auf Wagner-Söldner — Es gibt Berichte über Luftangriffe der russischen Streitkräfte auf die aufständischen Wagner-Söldner. Bei Telegram schreibt ein der Gruppe nahestehender Account davon, demnach habe der »Bürgerkrieg offiziell begonnen«. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet unter Berufung auf einen Reporter, dass Militärhubschrauber das Feuer auf einen Konvoi der Wagner-Söldner in der Nähe der Stadt Woronesch eröffnet hätten. Die Autobahn M-4, die auch durch Woronesch führt, ist eine direkte Verbindung von Rostow nach Moskau. Fotos zeigen Militärfahrzeuge mit Wagner-Kämpfern auf der Autobahn.
12:45 — Tote nach Raketenangriff auf Kiew — Im Ukrainekrieg rückt der Fokus plötzlich nach Russland. In der Ukraine selbst gibt es jedoch weiterhin russische Angriffe. Wie die Kiewer Staatsanwaltschaft mitteilte, wurden in der Nacht auf Samstag bei einem Raketenangriff auf ein Wohnhochhaus der Haupstadt drei Menschen getötet und elf weitere verletzt. Der Angriff war einer der folgenschwersten auf Kiew in den vergangenen Wochen und Monaten.
12:18 — Selenskyj schreibt über großes russisches »Chaos« — »Jeder, der den Weg des Bösen wählt, zerstört sich selbst«, schreibt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zum Wagner-Aufstand in Russland bei Twitter. Lange habe Russland seine Propaganda genutzt, um die »Schwäche und Dummheit seiner Regierung zu verschleiern«, schreibt er weiter. »Jetzt ist das Chaos so groß, dass es keine Lüge mehr verbergen kann.« Und: »Die Schwäche Russlands ist offensichtlich. Schwäche in vollem Ausmaß.«11:47 — Prigoschin widerspricht Putin — In einer aktuellen Sprachnachricht hat Wagner-Chef Prigoschin seinem ehemaligen Verbündeten Putin eine Fehleinschätzung der Lage vorgeworfen. »Der Präsident irrt sich schwer«, sagt Prigoschin in der Tondatei, die bei Telegram veröffentlicht wurde. »Wir sind Patrioten unserer Heimat.« Russland solle nicht länger mit Korruption, Lügen und Bürokratie leben müssen. Putin hatte die Aufständischen um Prigoschin in einer Fernsehansprache als »Verräter« bezeichnet (siehe Beitrag um 9.05 Uhr).
11:28 — Kadyrow stellt sich auf Putins Seite — Die eine Privatarmee stellt sich gegen Putin, die andere versammelt sich hinter dem Kremlchef: Der tschetschenische Machthaber Ramsan Kadyrow steht nach eigenen Angaben bereit, um den Aufstand der Wagner-Kämpfer niederzuschlagen. Der Putin-Verbündete nannte das Vorgehen wie bereits zuvor Putin einen »Dolch im Rücken«. Die russischen Soldaten sollten sich nicht provozieren lassen, erklärte Kadyrow bei Telegram.
11:04 — Putin musste in seiner kurzen TV-Ansprache einräumen, dass die Lage in Rostow am Don »schwierig« sei. Dass auch in Moskau, dem Gebiet Moskau und in anderen Regionen Anti-Terror-Maßnahmen eingeleitet wurden, zeigt wie angespannt die Lage ist. Putin versuchte in seiner Ansprache zu signalisieren, dass er die Lage unter Kontrolle habe. Er habe noch in der Nacht mit allen Kommandeuren seiner Armee gesprochen, erklärte er, rief zur Einigkeit auf. Das Vorgehen der Wagner-Truppen bezeichnete er als »Dolchstoß« und verglich die Situation mit der vom Oktober 1917, sprach von »Verrat« und »Hochverrat«. Prigoschin, dessen Namen er nicht ein einziges Mal nannte, und den Aufständischen drohte er »baldige Bestrafung« an. Die russischen Streitkräfte hätten den Befehl erhalten, »entschlossen« gegen »diejenigen vorzugehen, die den bewaffneten Aufstand organisiert haben«, man werden »hart« gegen sie vorgehen. — Doch wie sich die einfachen Soldaten nun verhalten werden, ist ungewiss. — In Moskau begreifen viele Menschen erst jetzt nach Putins Rede den Ernst der Lage.
10:56 — Wagner-Söldner: »Bald haben wir einen neuen Präsidenten« — In einem der Telegram-Kanäle, die Prigoschins Söldner-Gruppe zugeschrieben werden, wird erstmals der russische Präsident direkt bedroht. »Pypa (Anmerkung der Redaktion: abfällig für Putin) hat die falsche Wahl getroffen. Schlecht für ihn. Bald haben wir einen neuen Präsidenten«, heißt es in dem Kanal mit Namen »AP Wagner«. Dies könnte darauf hindeuten, dass Prigoschins Ambitionen über einen Sturz der Verantwortlichen im Verteidigungsministerium hinausgehen.
10:55 — Es gibt erste Bilder aus Rostow, die Wagner-Söldner auf den Straßen der Stadt zeigen:10:48 — Moskauer Außenministerium: Russen sollen sich hinter Putin stellen — Das russische Außenministerium hat die russische Bevölkerung dazu aufgerufen, sich hinter Kremlchef Putin zu stellen. Der Aufstand der Wagner-Söldner zielt offenbar auf Moskau ab, der Gouverneur der Region Woronesch, die zwischen Rostow und Moskau liegt, erklärt laut der Nachrichtenagentur Ria, dass die russischen Streitkräfte die notwendigen Maßnahmen durchführten.
SK-reko-23