Er war einer der Köpfe der «Frankfurter Schule» und der «Kritischen Theorie». Und – trotz aller Ablehnung von Utopien – ein Visionär einer besseren Welt.
— Wissenschaftsfeindliche Verschwörungstheoretiker, gnadenlose Naturausbeutung, Aufstieg der Rechtspopulisten – alles Phänomene, die Max Horkheimer schon im Programm hatte. Nach der Rückkehr aus seinem Exil in den USA avancierte der Gründer des Frankfurter Instituts für Sozialforschung zu einer Art Staatsphilosoph der jungen Bundesrepublik. Werke wie die «Kritik der instrumentellen Vernunft» oder die mit Theodor Adorno verfasste «Dialektik der Aufklärung» sind heute Klassiker der Sozialphilosophie. Seine Analysen haben die 68er beeinflusst und wirken heute noch beklemmend aktuell. Aber trotz des pessimistischen Grundtons der «Kritische Theorie» und ihrer Utopie-Verweigerung finden sich Visionen einer besseren Welt bei Horkheimer – in seiner Jugendprosa, aber auch in seiner hochschulpolitischen Alltagspraxis.
Auf dem Albumcover leuchtet das Kleid von Sängerin Nancy Wilson in der Farbe der Sonne, ganz so, als wollte es mit dem anmutigen, dunklen Timbre ihrer Stimme kontrastieren. Die musikalischen Partner und das Repertoire auf dieser Aufnahme hatte die 1937 in Columbus, Ohio, geborene Sängerin wie immer mit größter Sorgfalt ausgewählt, und der Titel des Albums beschränkte sich auf das Wesentliche: «Nancy Wilson/Cannonball Adderley», aufgenommen 1961 in New York City für Capitol Records, vereinte ein hochkarätiges Ensemble. Neben Wilson und dem Saxofonisten Julian «Cannonball» Adderley waren auch dessen Bruder Nat Adderley am Kornett beteiligt, außerdem Sam Jones am Bass, Louis Hayes am Schlagzeug und ein spielfreudiger 29-jähriger Joe Zawinul am Klavier, der geschmackssicher und zurückhaltend eine Probe seines immensen Könnens gibt. — Es war nicht das allererste Zusammentreffen von Zawinul und Cannonball, aber eine der ersten Gelegenheiten, die auf Tonband verewigt wurden. Und die Aufnahme sollte bereits ein Versprechen für die Zukunft dieser äußerst fruchtbaren Zusammenarbeit geben: Der Saxofonist ermutigte den jungen Wiener Tastenmeister immer wieder zu Eigenkompositionen, von denen eine auch auf diesem legendären Album zu hören ist – und es ist offensichtlich, dass Zawinuls Musik neben dem Repertoire der Standards aus dem American Songbook bestehen können wird. — Im Zentrum aber steht Nancy Wilson, die mit ihrer glasklaren Diktion besticht, unter anderem bei einem Songtext des amerikanischen Erfolgsautors Truman Capote, und die mit ihrer unbestechlich swingenden Phrasierung beeindruckt, die zu einem ihrer Markenzeichen wurde. «Nancy Wilson/Cannonball Adderley» wurde mit den höchsten tontechnischen Ansprüchen der Zeit produziert und machte die Sängerin zum Star. Nicht nur klanglich überzeugt dieses Schlüsselalbum des vokalen Jazz. Jeder einzelne Song schimmert wie ein Juwel in der goldenen Nachmittagssonne.
(Wiederholung vom 28.08.2022.)
Anmerkung: Die für diesen Termin vorgesehene Sendung über Melody Gardots «My One and Only Thrill» (2009) muss leider aufgrund einer Erkankung entfallen und wird voraussichtlich im Oktober 2023 nachgeholt.
Unaufgeregt-leise klingt seine Stimme, sanft kriechen die luftigen Melodien als Ohrwürmer in unsere Gehörgänge: Wenn João Gilberto singt, scheint die Welt still zu stehen. Der Sänger, Gitarrist und Komponist (1931-2019) begründete mit Antônio Carlos Jobim – auch Tom Jobim genannt – die Bossa Nova. Ende der 1950er Jahre, eroberte dieser Stil aus Samba und Cool Jazz von Brasilien aus die ganze Welt. Der 1976 geborene Hamilton de Holanda kommt ebenfalls aus Brasilien. Sehr virtuos spielt er das Bandolim – eine Art der Mandoline – und: improvisiert. Zusammen mit anderen Musikerinnen und Musikern widmet er sich den Kompositionen Chico Buarques. Dieser Bossa-Nova-Sänger (*1944) aus Rio de Janeiro schreibt hinreißende Songs mit einer funkelten Lyrik. Ganz anders, ebenso fesselnd, der musikalische Kosmos des Sängers Johnny Hartman: dunkel und samtig klang seine Stimme. Wenn er Balladen sang, waren das besondere Glücksmomente. In diesem Jahr wäre er 100 Jahre alt. — Sambarhythmen auf der Gitarre gezupft, Harmonien, die einen leichtfüßig davontragen, kombiniert mit einem poetischen Text – ein luftig-gelassener Sound für Ihren Sommerabend: «Songs from my heart»: Lieblingsstücke, zum großen Teil aus Südamerika, heute in der Stunde vor Mitternacht.
Fred Wesley während eines Konzertes mit seiner Band «Fred Wesley Generation Trio» im Kasseler Theaterstübchen im Jahr 2019. — Als Kind spielte er Posaune im Orchester seines Vaters, die nächsten Stationen für Fred Wesley, geboren am 4. Juli 1943 in Moblie, Alabama, waren Count Basie, James Brown und Tina Turner. Gemeinsam mit Satzpartner Maceo Parker war er maßgeblich an der Verbindung von Jazz und Funk beteiligt. — Vor 25 Jahren heizte Fred Wesley in Salzau / Schleswig-Holstein ein. Am 23. Juni kommt der legendäre Posaunist wieder zurück an die Ostsee zur Jazzbaltica nach Timmendorf. Zusammen mit dem Publikum, einer groovenden Rhythmusgruppe und einem Bläsersatz mit Trompete, Saxofon und Fred Wesley himself an der Posaune werden Soul und Funk gehuldigt. Im Interview erzählt die achtzigjährige Posaunen-Ikone aus einem funkigen Leben.
Diese Stunde geht›s um einen Gegenstand, der unser ständiger Begleiter geworden ist, manche sagen gar eine Erweiterung unseres Selbst: das Handy. Es ist ein viel besungenes Thema im Pop geworden. Kein Wunder, schließlich widmen wir dem Handy sehr viel Lebenszeit, in Deutschland pro Woche durchschnittlich rund 20 Stunden. Viel Zeit geht dabei z.B. für Social Media drauf. Wir hören Songs, in denen es um die Tücken des Chattens geht wie bei der Punkband Team Scheisse und ihrem Song «2 Blaue Haken». Songs über fast leere Akkus: Oscar Schellers «1%» und Rapperin Ebows «4%». Die Orsons rappen über Dopaminsucht, Kacey Musgraves singt über Fotos vom Ex auf ihrem Handy, Erykah Badu will ihr Gegenüber dazu bringen, endlich das Handy wegzulegen. Und dem guten alten Festnetztelefon weinen wir auch ein, zwei Tränen nach.
Leiden und Leidenschaft. Ilan Volkov dirigiert Ustwolskaja-Symphonien bei den Salzburger Festspielen — «Passion» lautet das Motto der heurigen «Ouverture spirituelle» zu den Salzburger Festspielen. In dieser mehrtägigen Konzertreihe zu Beginn des Festivals spielt das Werk von Galina Ustwolskaja eine zentrale Rolle. Passend zum Leitthema, denn in Ustwolskajas Musik fallen Leiden und Leidenschaft exemplarisch zusammen. — Die Komponistin hat, vom Westen über Jahrzehnte kaum beachtet, eine in der Musikgeschichte einzigartige, brutal kompromisslose Klangsprache entwickelt, die kathartische Wirkung entfalten kann. Mit dem Fall des Eisernen Vorhangs wurde das Werk der Schostakowitsch-Schülerin und -Vertrauten einem breiten Publikum bekannt. — Drei Konzerte der «Ouverture spirituelle» wurden heuer vom israelischen Dirigenten Ilan Volkov geleitet, der 2003 zum jüngsten Chefdirigenten in der Geschichte des BBC Scottish Symphony Orchestra berufen worden ist. Am 24. Juli 2018 dirigierte er das Klangforum Wien im Großen Saal der Stiftung Mozarteum – auf dem Programm standen u.a. die zweite und dritte Symphonie der russischen Komponistin. — Leiden und Trauer werden hier in überwältigender Weise in Töne transformiert. Möglich macht das die für Ustwolskaja typische ungewöhnliche Ensemblebesetzung ohne hohe Streicher aber mit mehrfach besetzten Bläsern in Kombination mit Perkussion und Stimmen.
Er hat den Jazz in Deutschland mitgeprägt – als tonangebender Posaunist in der DDR, bald darauf als international gefragter Musiker in der grenzenlosen Welt der improvisierten Musik. — Conny Bauer begann seine Laufbahn als Sänger und Gitarrist, wechselte mit der Modern Soul Band zur Posaune und war Mitbegründer von Gruppen wie FEZ, «Synopsis» (dem späteren Zentralquartett) oder «Doppelmoppel». Seine unverwechselbare Posaunensprache, die er in zahlreiche Kontexte – vom Duo bis zum Großformat – einzubringen vermag, findet besonders prägnanten Ausdruck in seinen Solokonzerten. —
Der Liedermacher Wolf Biermann gehört zu den wichtigen Künstlern aus der Zeit der deutschen Teilung – 1936 in Hamburg geboren, 1953 in die DDR übergesiedelt, 1976 ausgebürgert. Das Deutsche Historische Museum ehrt ihn mit einer Ausstellung und auch wir blicken zurück auf seine Biografie. In einer Beitragsserie erzählen wir sein Leben in Liedern. — Im heutigen zweiten Teil berichtet Oliver Kranz über den Song «Die hab ich satt!».
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