17.08.2023 – News – Focus Online – Ben Hodges — Ulrich Reitz — – Details
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Ulrich Reitz
In der Ukraine tobt ein blutiger Stellungskrieg. Und aus dem Nato-Hauptquartier kommt plötzlich eine Friedens-Idee. Wir Deutschen kennen sie gut. Und doch: Was soll das? Und warum gerade jetzt?
Die Amerikaner, sagt der hohe Ex-US-General Ben Hodges, würden niemals Truppen in ein Gefecht schicken, ohne vorher Luftüberlegenheit herzustellen. Das aber machen gerade die Ukrainer im Kampf gegen die Russen, die sie in Anlehnung an die grässlichen Bösewichter in Tolkiens «Herr der Ringe» nur die «Orcs» nennen.
Deshalb läuft die Gegenoffensive, die Anfang Juni startete, so langsam und so tödlich. Der Westen lieferte spät Panzer, so spät, dass die Russen sich in ihren Stellungen eingraben konnten. Der Bundeskanzler zögert nach «bewährtem» Muster die Lieferung von Marschflugkörpern vom Typ «Taurus» heraus, weil diese «Stiere» 500 Kilometer weit fliegen können, also auf russisches Staatsgebiet.
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Voraussetzungen für Frieden werden auf Schlachtfeld geschaffen — Der Zusammenhang zwischen Krieg und Frieden geht so: Die Voraussetzungen für Friedensverhandlungen werden auf dem Schlachtfeld geschaffen. Schon jetzt, mitten im Krieg, über eine mögliche Friedenslösung zu räsonieren, schadet der Ukraine mithin, und zwar gleich dreifach. — Erstens sägt allein eine solche Diskussion am dicksten Ast, auf dem die Ukraine sitzt – der Moral seine Soldaten.
Zweitens unterminiert es die Bereitschaft des Westens, weiter so viel zu helfen, militärisch und humanitär.
Drittens gibt es den Russen Rückenwind.
Dies erklärt, weshalb die Ukraine sich so aufgeregt hat über einen Friedensvorschlag direkt aus dem Nato-Hauptquartier. Und warum sich Wladimir Putins Leute so gefreut haben darüber. Wobei diese Freude womöglich zu früh ist. Worum geht es?
Vorschlag: Ostukraine an Russland, Rest in die Nato — Stian Jenssen ist der Büroleiter von Jens Stoltenberg. Stoltenberg ist Nato-Generalsekretär. Bei einer öffentlichen Diskussion in Norwegen, der Heimat Stoltenbergs, sagte Jenssen, eine Lösung könne es sein, den Russen besetzte Gebiete in der Ukraine zu überlassen und im Gegenzug deren westlichen Teil in die Nato aufzunehmen. — (…)
Teilung der Ukraine nach deutschem Vorbild? — Für die Ukraine ist es ein Szenario wie eine Karikatur:
Weil Amerikaner und Europäer, voran die Deutschen, «too little, too late» (CDU-Mann Roderich Kiesewetter) liefern, können die Russen eine starke Verteidigung aufbauen. Gegen die die Ukrainer ohne Luftunterstützung und ohne Marschflugkörper nun anrennen. Und dann rufen die Alliierten ihnen zu: Macht schneller! Und wenn ihr nicht schneller macht, verliert ihr einen Teil eures Landes. Aber ihr dürft mit dem Rest in die Nato. (Olaf Scholz flüstert: Vielleicht…)
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Hodges: Teilung der Ukraine käme Westen teuer zu stehen — Deutschland jedenfalls ist mit der Teilung gut gefahren – es herrschte gut 40 Jahre «nur» kalter, aber eben kein heißer Krieg. Und dann kam die Wiedervereinigung, weil die Sowjetunion an ihrer systemischen Insuffizienz zusammenbrach.
Eins ist allerdings falsch an dieser Analogie: Deutschlands Teilung war die Folge von Deutschlands Zusammenbruch nach einer totalitären Diktatur. Die Ukraine wurde nach ihrer Entscheidung für das westliche Modell 2014 und wieder 2022 von einer totalitären Diktatur überfallen. Ihre Teilung, wenngleich im Westen abgesichert durch die Nato, wäre ein (Teil-)Erfolg Stalins. Pardon, Putins. Der den Westen, folgt man Hodges, teuer zu stehen kommen könnte.
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