Sing die russische Hymne oder Du stirbst! / Liudmyla Huseinova

30.11.2023NewsFAZ onlineAnna Prizkau —   –  Details

Liudmyla Huseinova

Die Ukrainerin Liudmyla Huseinova war drei Jahre in russischer Gefangenschaft. Sie berichtet von ihrer Verschleppung und von Folter in der Haft. Eine Begegnung in Kiew. — Die junge ukrainische Soldatin, ein Mädchen noch, soll singen – die russische Hymne soll sie singen. Aber sie kennt die Worte nicht. Aus ihrem Mund kommen kaputte Silben, keine Töne. Dann kommen Männerschreie: „Das war’s, du Schlampe, deine Zeit ist abgelaufen!“ Sie weint. Sie bettelt um ihr Leben. Sie will es noch einmal versuchen. Die Männer lachen. Brüllen. Sie bekommt ihre letzte Chance. Sie singt. Sie schafft es. Bleibt am Leben. Anna Prizkau Redakteurin im Feuilleton. Folgen „Nein, nein“, sagt eine andere Frau, „die russische Hymne mussten nur die ukrainischen Soldatinnen singen, nicht wir, die Zivilistinnen.“ Liudmyla Huseinova, 61 Jahre alt, sitzt in einem kalten, kahlen Büroraum auf dem Khreschatyk-Boulevard in Kiew vor mir. Eine Bekannte, eine Journalistin hat den Kontakt vermittelt. Sie erzählt jetzt diese Geschichte der ukrainischen Soldatin in Donezk, der vor einem Jahr die Worte fehlten. Die beiden Frauen waren Geiseln. Sie waren in russischer Gefangenschaft – wurden am 17. Oktober 2022 ausgetauscht. — Liudmyla Huseinova (mit Brille) am Tag ihrer Befreiung, am 17. Oktober 2022 – drei Jahre war sie Geisel der Besatzer.

 
 

SK-reko-23news

Grapschschüsse des Lebens – Fotograf Elliott Erwitt

30.11.2023NewsFAZ onlineFreddy Langer —   –  Details

Elliott Erwitt

Elliott Erwitt war der Clown unter den Fotografen – dem Kalauer so nahe wie der Melancholie. Nun ist er im Alter von fünfundneunzig Jahren gestorben. — Es ist noch gar nicht lange her, da konnte man Elliott Erwitt bei Ausstellungen und auf Messen begegnen, etwa auf der Paris Photo, wo er sich in den Kojen der internationalen Galerien für die jüngsten Arbeiten seiner jüngeren Kollegen interessierte, wie er sagte – wobei streng genommen all seine Kollegen jünger waren als er. Aber das merkte man ihm nicht unbedingt an, so forsch, wie er seinen Rollator durch die Gänge schob. Stand jemand im Weg, drückte er beherzt so fest auf eine Hupe, dass die Menschen erschreckt zur Seite sprangen. Dann mussten sie lachen. Und früher hätte Elliott Erwitt in genau diesem Moment ein Bild aufgenommen. Aber er fotografierte nicht mehr. Schnappschussfotografie erfordert nicht nur Instinkt, sondern auch Schnelligkeit. Und die war ihm mit Anfang neunzig abhandengekommen.

 

— Elliott Erwitt ist der Fotograf, der den Schnappschuss zum Genre gemacht hat. Ein ums andere Mal hielt er im Sekundenbruchteil fest, was die Schrulligkeiten des Lebens ausmacht, suchte nach dem Menschlichen und Allzumenschlichen und scheute sich nicht, seine Witze bis an die Grenze zum Kalauer auszureizen. Da scheint ein Pferd zu schmunzeln angesichts der Männer, die versuchen, einen alten Lastwagen zu reparieren. Eine Bulldogge ersetzt durch die gewählte Perspektive den Kopf des Menschen, auf dessen Schoß sie sitzt. Oder in einem Regal liegen genau auf Brusthöhe der alten Frau dahinter zwei kleine Kürbisse. Nicht Schnappschüsse, sondern Grabschschüsse nannte Erwitt solche Motive. Es sind Momente, die es dem Betrachter schwermachen, die Welt übertrieben ernst zu nehmen. — Menschliches und Allzumenschliches als Dauerthema im Werk Elliott Erwitts: Brautpaar in New York, 1955

 
 

SK-reko-23news

Elliott Erwitt, dessen Fotos berühmt und oft lustig sind, stirbt im Alter von 95 Jahren

30.11.2023NewsThe New York TimesRichard B. Woodward —   –  Details

Elliott Erwitt

Seine Kamera konnte Momente der Geschichte einfrieren, aber er hatte auch ein Gespür für den Humor und die Absurdität des Alltags. Da waren Hunde eine Hilfe. — Elliot Erwitt in einem Selbstporträt von 1976. Sechs Jahrzehnte lang nutzte er seine Kamera, um visuelle Witze zu erzählen.Kredit… — Fotografen mit einer komischen Sicht auf das Leben gewinnen selten den Beifall, der Naturverehrern oder Chronisten von Krieg und Elend zuteil wird. Eine Ausnahme bildete Elliott Erwitt, der am Mittwoch im Alter von 95 Jahren in seinem Haus in Manhattan starb. Mehr als sechs Jahrzehnte lang nutzte er seine Kamera, um visuelle Witze zu erzählen, und fand überall, wo er spazieren ging, Material. Sein scharfer Blick für alberne, manchmal aussagekräftige Konjunktionen – ein auf dem Rücken liegender Hund auf einem Friedhof, eine leuchtende Coca-Cola-Maschine inmitten einer öffentlichen Raketenschau in Alabama, eine räudige Topfpflanze in einem kitschigen Ballsaal in Miami Beach – brachten ihm ständige Aufträge ein sowie die Zuneigung eines Publikums, das seinen süßen, Chaplin-artigen Sinn für das Absurde teilte. Er veröffentlichte mehr als 20 Bücher und seine Schwarzweißdrucke befinden sich in Fotosammlungen auf der ganzen Welt. Seine Tochter Sasha Erwitt bestätigte den Tod.

 
 

SK-reko-23news

US-Fotograf Elliott Erwitt ist tot

30.11.2023NewsZeit OnlineChris Tina Tengel —   –  Details

Elliott Erwitt

Er fotografierte Prominente wie John F. Kennedy und Marilyn Monroe, eines seiner Lieblingsmotive waren Hunde. Nun ist Elliott Erwitt im Alter von 95 Jahren gestorben. – Der vor allem für seine Schwarz-Weiß-Fotos berühmte US-Fotograf Elliott Erwitt ist tot. Das teilte seine Fotoagentur Magnum Photos auf X mit. Demnach starb der 95-Jährige «friedlich zu Hause im Kreis seiner Familie». — Erwitt wurde 1928 in Paris geboren. 1939 emigrierte seine Familie in die USA. Erwitt studierte Fotografie in Los Angeles und New York, von 1953 an arbeitete er für die Agentur Magnum, die er zeitweise auch als Präsident leitete. In seinen Fotos spielte er mit den absurden Momenten des Alltags, eines seiner Lieblingsmotive waren Hunde. «Ich mag Hunde sehr. Sie leben nicht so lange wie Menschen», sagte Erwitt 2014 in einem Interview mit dem ZEITmagazin. — Er fotografierte zudem zahlreiche Prominente, darunter den ehemaligen US-Präsidenten John F. Kennedy, die Schauspielerin Marilyn Monroe und die kubanischen Revolutionsführer Fidel Castro und Che Guevara. Eines seiner bekanntesten Bilder zeigt Jackie Kennedy auf der Beerdigung ihres Mannes John F. Kennedy mit einem schwarzen Schleier und einer US-Flagge in der Hand. — — »Farbe», sagte Erwitt über seinen Fotostil, «ist beschreibend. Schwarz-Weiß ist interpretierend.» Erwitt war der Ansicht, dass die Fotografie ein Beruf «für Faule» ist, der nur bescheidene Fähigkeiten erfordert, schreibt die New York Times in ihrem Nachruf. Er habe stets eine antiintellektuelle Haltung gegenüber seiner Tätigkeit gehabt. Er benutze «ganz sicher nicht» so «seltsame Worte», wie es etwa Kunstkritiker tun, sagte Erwitt einst. — Kondolenzbuch — KONDOLENZBUCH — — Elliott Erwitt 2014 in Paris.

 
 

SK-reko-23news

Königin der Tragödie – Maria Callas

30.11.2023NewsSüddeutsche Zeitung MagazinJohannes Waechter —   –  Details

Maria Callas

Die Sopranistin Maria Callas, die als größte Diva des 20. Jahrhunderts gilt, wäre am 2. Dezember 100 Jahre alt geworden. Sie kämpfte um Selbstbestimmung, Anerkennung und Liebe und gab sich der Kunst hin. Wie keine andere schaffte sie es, menschliche Abgründe ohne Angst, aber mit größter Präzision offenzulegen. — Wir haben doch Beyoncé, warum sollte uns eine vor fast 50 Jahren verstorbene Opernsängerin interessieren, die an diesem Wochenende 100 Jahre alt geworden wäre?Zum Beispiel, weil diese Frau, Maria Callas, das größte Repertoire an Abgründen mit ihrer Stimme erreichte, weil sie damit 50 Shades of Dunkelheit aufrufen konnte, von Abscheu bis Hass, von Elend bis Qual. Zum Beispiel aber auch, weil diese Sopranistin, die als größte Diva des 20. Jahrhunderts gilt, ein eigenartiges Wackeln, ein schlabberndes Tremolo in bestimmten Stimmlagen hatte, die Frauen ihrer Zunft wie Anna Netrebko trotzdem bis heute an ihr messen lassen müssen.

 
 

SK-reko-23news

Anton Webern oder Die Musik der Zukunft. Eine Verortung (3) Dirigent zwischen Arbeiter-Singverein und Drittem Reich

30.11.2023RadiokollegÖ1Erich Klein, Marie-Therese Rudolph —   –  Details

Anton Webern

Webern engagiert sich in der sozialdemokratischen Kulturbewegung, dirigiert zahlreiche Wiener Arbeiter-Sinfoniekonzerte, deren wichtigster Leiter er ab 1926 ist und wird Chormeister des Singvereins der Sozialdemokratischen Kunststelle. In dieser Funktion brachte er die großen Chor-Orchesterwerke von Beethoven, Mahler oder Schönbergs «Friede auf Erden» zur Aufführung. — 1927 schließlich wird er ständiger Dirigent beim österreichischen Rundfunk. Ein Jahr zuvor lernt er die Autorin Hildegard Jone kennen, mit der eine langjährige Zusammenarbeit beginnt. Zwischen 1934 und 1944 vertont Anton Webern zahlreiche Gedichte der dezidiert anti-nationalsozialistisch eingestellten Dichterin. Webern selbst, der sich mittlerweile als Funktionär der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik über Österreich hinaus einen Namen gemacht hat, reagiert auf den Vorwurf des «Kulturbolschewismus» durch die Nationalsozialisten mit Rückzug aus der Öffentlichkeit.

 
 

Audioplayer

SK-xxreko-23hehit

Anton Webern oder Die Musik der Zukunft. Eine Verortung (4) Der Mythos Webern und die Folgen

30.11.2023RadiokollegÖ1Erich Klein, Marie-Therese Rudolph —   –  Details

Anton Webern

Anton Webern wird am 15. September 1945 nächtens vor seinem Haus an seinem Zufluchtsort in Mittersill irrtümlich von einem Soldaten der US-Armee erschossen. Auf diesen tragischen Vorfall hin setzt die Mythenbildung um Webern ein, dessen Werk ab den 1950er Jahren bis heute von vielen Musikkundigen bewundert und verehrt wird. Auch in den nachfolgenden Komponist:innen-Generationen, vor allem in den verschiedenen Ausformungen der seriellen Musik, wirkt sein Denkansatz weiter, etwa in den kompositorischen Arbeiten von Karlheinz Stockhausen und Pierre Boulez bis hin zu György Kurtag und Sofia Gubaidulina.

 
 

Audioplayer

SK-xxreko-23hehit

Schwarm-Sounds von Robert Schwarz / musikprotokoll 2023

30.11.2023Zeit-TonÖ1Heinrich Deisl —   –  Details

Robert Schwarz

musikprotokoll 2023. OSWYC von Robert Schwarz. Aus technischen Gründen kam es zu einem Sendeausfall. Wir bitten um Entschuldigung. Dieser «Zeit-Ton» wird am 16. Februar 2024 wiederholt. — Beim ORF musikprotokoll im steirischen herbst präsentierte Robert Schwarz «OSWYC»: In dieser Auftragskomposition des musikprotokolls untersucht der Wiener Klang- und Medienkünstler musikalische Phänomene, die er aus Schwarmbildungen und Synchronisationen von Zeit extrahiert. Am Eröffnungsabend des Grazer Festivals zeigte er im Dom im Berg Positionen aktueller Forschungsergebnisse zwischen strenger Formalästhetik und überbordender Clubkultur. — Am Anfang stehen die Feldaufnahmen: Robert Schwarz studierte in Wien Architektur, in Berlin Sound Studies und ließ sich am Wiener ELAK in Elektroakustischer Komposition ausbilden. In diesen interdisziplinären Ansätzen geht es stets um eine Art Basisverständnis von dem, was uns unmittelbar umgibt. So verweisen Feldaufnahmen in Schwarz› Konzepten auf zufällige – quasi stochastische – Momente, die durch elektronische Bearbeitung so geformt werden, dass sie rezipierbar, sprich: hörbar, werden. — Als Künstler war Schwarz an Ausstellungen des MAK Los Angeles und der Ars Electronica beteiligt, er kuratiert das Festival PARKEN zur Vermittlung experimenteller Musik und als Musiker hat er auf Labels wie dem auf Feldaufnahmen spezialisierten Gruenrekorder veröffentlicht. Sein aktuelles Album «Clear Cues» ist im April 2022 auf Etat, dem Label des Wiener Musikers und Klangkünstlers Stefan Juster, erschienen. — «OSWYC» ist eine Fortsetzung bzw. Vertiefung der dort präsentierten Ansätze, speziell adaptiert für die 3D Ambisonics Klang-Anlage des Dom im Berg: Es sind Studien darüber, wie eng Kultur und Natur miteinander verwoben sind, wie sich sowohl menschliche wie tierische Schwärme verhalten, welche Sounds und Intelligenzen sie erzeugen: post-anthropozänische Soundtracks. — Der Zeit-Ton präsentiert die Uraufführung von «OSWYC» sowohl im Stereo-, als auch im verräumlichten 5.1-Format. — Robert Schwarz wurde vom ORF musikprotokoll 2023/24 für SHAPE+ nominiert. SHAPE+ ist die Plattform für spannende neue Projekte aus dem Bereich der Musik und audiovisuellen Kunst des Festivalnetzwerkes ICAS der International Cities of Advanced Sound. Sie wurde 2014 vom ORF musikprotokoll mitgegründet. SHAPE+ wird durch das Creative Europe-Programm der Europäischen Union gefördert.

 
 

Ein korrektes Passwort ist erforderlich.

Lock
Option: last radio poets – member-one | Registrierung/Login
SK-xxddreko-23hehitt

Maria Callas: die zentralen Jahre Höhepunkte aus der Ära der großen Platten-Studioaufnahmen

30.11.2023Stimmen hörenÖ1Chris Tina Tengel —   –  Details

Maria Callas

«Die» Maria Callas, wie sie heute zentral in der Geschichte der Gesangskunst dasteht, «gemacht» hat 1949 der Dirigent Tullio Serafin, der die davor ausschließlich im aller-dramatischsten Sopranfach, auch mit viel Wagner, Aktiven parallel verzierte Musik von Bellini singen ließ. Wo immer Callas auftrat, ob in Italien, ob in Südamerika, steigerte sie ihren Ruf als Stimmwunder konsequent. Mit 1953 datiert der Beginn der durch weltweit vermarktete Platten-Studioaufnahmen aus den Opernhäusern nach draußen wirkenden internationalen Karriere. In unfassbarer Dichte (und oft mit stilistisch und in den stimmlichen Anforderungen extrem kontrastierender Musik so gut wie parallel) entstanden innerhalb von nur fünf Jahren Tondokumente von «Lucia di Lammermoor» und «Sonnambula» bis «Tosca» und «Turandot». — Vieles davon bildet tatsächlich Maria Callas› damaliges Bühnenrepertoire ab, sicher die Hälfte des Aufgenommenen ist vergleichsweise «exotisch», etliche der von Callas angetriebenen Werk-Wiederentdeckungen speziell aus dem Belcanto und verwandten Regionen lassen sich nur durch (allerdings in reicher Fülle vorhandene) Live-Mitschnitte belegen. Das alles verbindet sich, im Zeitlichen wie in einem Brennglas, zum Portrait einer Künstlerpersönlichkeit, die auch rund 70 Jahre danach so atemberaubend wirkt wie eh und je.

 
 

Ein korrektes Passwort ist erforderlich.

Lock
Option: last radio poets – member-one | Registrierung/Login
SK-xxddreko-23hehitt

Shane MacGowan, Pogues-Sänger, stirbt im Alter von 65 Jahren

30.11.2023NewsBillboardGil Kaufman —   –  Details

Shane MacGowan

Der Sänger war kürzlich mit einer Gehirnentzündung ins Krankenhaus eingeliefert worden. – Shane MacGowan , der legendär schambolische, magnetische Frontmann der keltischen Rockband The Pogues , starb am Donnerstag (30. November) im Alter von 65 Jahren nach einem kürzlichen Krankenhausaufenthalt. Die Band bestätigte den Tod ihres notorisch hart lebenden Sängers, dessen sehnsuchtsvoller, heulender Gesang die Mischung aus traditioneller irischer Musik und Punkrock-Geist der Pogues in so beliebten Songs wie «Dirty Old Town» und «A Pair of Brown Eyes» noch verstärkte .» — Im Namen von MacGowans Frau Victoria Mary Clark, seiner Schwester Siobhan und seinem Vater Maurice gab die Gruppe eine Erklärung zu Ehren ihres geliebten Bandkollegen ab. «Mit tiefster Trauer und schwerstem Herzen geben wir den Tod von SHANE MACGOWAN bekannt. Shane ist heute Morgen (30. November 2023) um 3 Uhr morgens friedlich im Beisein seiner Frau Victoria und seiner Familie gestorben. Es wurden Gebete und letzte Ölungen vorgelesen, die seiner Familie Trost spendeten», hieß es daneben, neben einem Bild von MacGowan in seinen besten Jahren, mit einer Zigarette und einem Glas Wein in der Hand und seinem charakteristischen ansteckenden, schiefen Lächeln.

 
 

SK-reko-23news