29.06.2024 – Lange Nacht – Deutschlandfunk – Jochen Rack — – Details
Wehrpflicht Diskurs
Die Bundeswehr gibt es seit fast 70 Jahren. In dieser Zeit haben sich die Armee und die Einstellung der Bürger dazu immer wieder verändert. Wie steht es um unser Militär, dessen Bedeutung sich durch Putins Angriffskrieg so stark verändert hat? «Deutschland muss kriegstüchtig werden, sagt Verteidigungsminister Boris Pistorius. Doch sind 100 Milliarden Euro Sondervermögen für die Aufrüstung der Bundeswehr angesichts des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine genug? Ist Deutschlands Armee, die nach dem Ende des Kalten Krieges immer weiter schrumpfte, ausreichend für die Landes- und Bündnisverteidigung gerüstet oder doch nur «bedingt abwehrbereit», wie eine Diagnose schon in den 1960er-Jahren lautete? In den Jahrzehnten seit der Wiederbewaffnung 1955 ist die Bundeswehr aus den Schlagzeilen nicht herausgekommen. In ihrer inzwischen fast 70-jährigen Geschichte als demokratische Parlamentsarmee hatte sie mit mangelhaften militärischen Fähigkeiten ebenso zu kämpfen wie mit einer Reihe von Skandalen. Zwar wurde der «Bürger in Uniform» auf eine demokratische Kultur verpflichtet, dennoch gab es in der Truppe eine «falsche Glorie» (Jakob Knab) und unaufgearbeitete Traditionen aus der NS-Zeit. Die Friedensbewegung der 1980er-Jahre richtete sich gegen die atomare «Nachrüstung», öffentliche Gelöbnisse und Wehrschauen erzeugten Protest gegen die «Militarisierung der Gesellschaft». Trotzdem stand die Mehrheit der Deutschen der Bundeswehr positiv gegenüber. Bis zu ihrer Aussetzung 2011 haben Generationen von jungen Männern ihre Wehrpflicht in der Bundeswehr abgeleistet. Die deutsche Einheit führte zur Verschmelzung der Bundeswehr mit der NVA, zum Abbau von Standorten und einem «freundlichen Desinteresse» (Horst Köhler) an den deutschen Streitkräften. Erst die Auslandseinsätze der Bundeswehr auf dem Balkan und in Afghanistan, bei denen deutsche Soldaten ihr Leben ließen, haben die deutsche Gesellschaft aufgerüttelt und auch zu einer neuen Gedenkkultur für die Opfer geführt. Heute steht die Bundeswehr vor der Aufgabe, neue militärische Fähigkeiten aufzubauen und Personal für die Truppe zu finden, diskutiert wird die Wiedereinführung der Wehrpflicht. Die Geschichte der Bundeswehr spiegelt die Gesellschaftsgeschichte der Bundesrepublik zwischen Friedenssehnsucht und Verteidigungsbereitschaft. — 2011 wurde die Wehrpflicht abgeschafft. Ein Argument: Nur eine Berufsarmee könne modernste Waffensysteme bedienen. Doch mittlerweile wird auch eine Rückkehr zur Wehrpflicht diskutiert.
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