16.07.2022 – Lange Nacht – Deutschlandfunk Kultur – Günther Rohleder — – Details
Georg Kreisler
Georg Kreisler hat Maßstäbe gesetzt für das literarische Kabarett. Seine Lieder sind bissig, skurril und politisch. Sie verstören, verführen, rütteln auf. Sie wurden skandalisiert, verboten oder boykottiert. Vor 100 Jahren wurde Kreisler geboren. — Lange Nacht» zeigt eine Häuserzeile bei Nacht, in einigen Fenstern brennt Licht. Am Nachthimmel steht eine Mondsichel.
Viele Lieder hat Georg Kreisler immer wieder umgeschrieben und aktualisiert. Viele bleiben zeitlos. Manche, wie das «Taubenvergiften im Park», sind sehr lange her und hängen ihm an wie Schaumgold. — Georg Kreisler verabscheut die Schubladen, in die man ihn steckt. Kabarettist? Er glaube nicht, dass er je Kabarettist war, schreibt Kreisler in den «Letzten Liedern», seiner Autobiografie. «Hoffentlich nicht!», setzt er nach.
Seit Mitte der 80er-Jahre schreibt Georg Kreisler nur noch Lieder ohne Musik: Romane, Theaterstücke, Hörspiele, Essays und Gedichte. Er dirigiert und arrangiert und inszeniert. Und er komponiert Musicals und Opern samt Libretto. Ein Künstler zu sein heißt für ihn, gegen Missstände aufzubegehren, die Absurdität des Lebens freizulegen. — Sein ganzes Leben sei er ein Kämpfer gewesen, schreibt Kreisler, ob er wollte oder nicht. «Warum sind die Leute so feige?», singt er, «dafür gibt es doch gar keinen Grund». — Am 18. Juli 2022 wäre Georg Kreisler 100 Jahre alt geworden. Wir wiederholen daher diese erstmals am 6. Februar 2010 ausgestrahlte Sendung. — Kreisler starb am 22. November 2011 in Salzburg. Die Feuilletons waren voll mit Nachrufen, die auch heute noch nachzulesen sind: — Bitte keine Heuchler im Kondolenzbuch! (24.11.2011, Die Zeit) — Der Tod Georg Kreislers wird von denen öffentlich bedauert werden, gegen die der Liedermacher ansang. Die Wunde, die ihm Österreich geschlagen hat, ist nie verheilt. — Georg Kreisler ist tot. Böse Lieder immer, böse sein nie (23.11.2011, «Süddeutsche Zeitung») — Ein Multitalent, das oft aneckte, ein großartiger Künstler, der Außenseiter blieb: Georg Kreislers Vita strotzt vor Kuriositäten, galligen Geniestreichen und denkwürdigen Begegnungen. Am Ende attestierte er seinen Österreichern einen rechtsradikalen Drall aus Opportunismus – und diagnostizierte lakonisch: «Die Menschen lachen über Horst Schlämmer – weil sie nichts Besseres haben.» Erinnerungen an einen Besuch. — Aber doch ein Wiener (23.11.2011, «FAZ») — Der österreichische Kabarettist Georg Kreisler ist tot. Der 89-Jährige starb am Dienstagmorgen nach einer schweren Infektion in einem Salzburger Krankenhaus. — Im Alter immer radikaler (23.11.2011, «taz») — Stets war Georg Kreisler ein Künstler, der mit Schiller sagte: Die Ästhetik wirkt mehr als Parolen. Das Publikum aber wollte den Sänger und Autor als Unterhalter. — Blauer Himmel, schwarze Lieder (23.11.2011, «Tagesspiegel») — Wer seinen Namen hört, sagt: Das ist doch der mit dem «Taubenvergiften im Park»! Kabarettist, Schriftsteller und Komponist Georg Kreisler kann es nicht mehr hören. Und erzählt lieber Hitler-Witze.
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