05.03.2025 – News – ARD Tagesschau – Michael Castritius — – Details
Ché Guevara
Es ist einer der berühmtesten Schnappschüsse der Welt: Am Rande einer Trauerfeier erwischte ein Fotograf den Revolutionär Ché Guevara in einem innigen Moment. Ein ikonisches Bild, noch heute millionenfach verbreitet. Heute wird es 65 Jahre alt. — Lange Zauselhaare im Wind, lückenhafter Bart, Baskenmütze mit Stern, fester und gleichzeitig träumerischer-entrückter Blick schräg nach oben, gen Zukunft gerichtet: So zeigt ein weltbekanntes Foto den Revolutionär Ché Guevara.Der kubanische Fotograf Alberto Korda fing diesen magischen Moment ein und brannte ihn ins kollektive Gedächtnis ganzer Generationen. Und in sein ganz persönliches, sagt Korda:»Es hat mich sehr beeindruckt, was ich durch den Sucher sah. Dieser Gesichtssausdruck. Ich sage dir: Als ich den durch die Kamera gesehen habe, machte ich instinktiv einen Schritt nach hinten. Regelrecht erschrocken war ich, drückte vor Schreck gleich zweimal ab.»
Ein Bild für die EwigkeitDas Bild für die Ewigkeit war im Kasten. Rechts am Rand noch eine Palme, links am Rand ein halbes Gesicht im Profil – beides wurde weg-retouchiert und es blieb: Ché. Ein kraftvolles Konterfei des 31-Jährigen, das seine Wirkung aber erst sieben Jahre später entfalten sollte. Im Aufnahmejahr 1960, als Ché der erfolgreichen kubanischen Revolution als Präsident der Nationalbank und später als Industrieminister diente, landete es unveröffentlicht in der Schublade des Fotografen Korda.1967 erst erwachte es zum Leben, als Ché Guevara nach aussichtslosem Kampf in Bolivien hingerichtet worden war. Korda überließ dem linken italienischen Verleger Giacomo Feltrinelli zwei Abzüge des Fotos. Der ließ die ersten tausend Poster drucken – bald hingen sie in jeder Studentenbude oder Wohngemeinschaft der 68er-Bewegung, gleich neben Lenin und Jimi Hendrix, Ho Chi Minh und Janis Joplin.
»Ohne dieses Foto würde es den Ché-Mythos nicht geben»Die Britin Trisha Ziff hat eine ganze Ausstellung und einen Film über dieses Foto und seine Wirkung gemacht. Sie ist sich sicher: Ohne das Korda-Bild des «heroischen Guerillero» würde es den Ché-Mythos heute nicht geben.»Wenn Ché Akne gehabt hätte und klein und dick gewesen wäre, hätte dieses Foto niemals diese Kraft gehabt. Er hatte sehr viel Charisma, war ein attraktiver Mann mit seinem langen Haar», so Ziff. «Wir alle träumen gerne, haben Helden. Vor allem in unserer Jugend wollen wir die Welt verändern. Solange das bleibt, bleibt auch der Bedarf an ikonenhaften Darstellungen, wie dem Bild des ›heroischen Guerilleros›.»Denn es symbolisiere den Wunsch, etwas zu verändern, sagt Ziff. «Auch wenn der Wunsch oft nichts mit Revolution, nichts mit den Idealen Ché Guevaras zu tun hat: Dieses Bild wird seine Gültigkeit behalten.»
Blick auf Guevara ist verklärtLängst gilt das Motiv als das am häufigsten reproduzierte Foto der Welt. Es prangt vor allem auf T-Shirts und Postern, aber auch auf Taschen, Kaffeetassen, Bierflaschen, Streichholzschachteln, Armbanduhren, Schlüsselanhängern, Aufnähern, Tattoos, roten Fahnen, Abziehbildern, Krawatten.Eine globalisierte, romantische Ikone, quasi der James Dean der Revolutionen. Wen interessiert da noch, dass dieser Linksheilige Dutzende Hinrichtungen anordnete und verfolgte, dass er auch schon mal selbst abdrückte, dass er gar den sowjetischen Atomschlag gegen die USA forderte.Ché Guevara und der Fotograf Alberto Korda sind lange tot – der Schnappschuss mit Chés verklärtem Blick lebt weiter.
SK-news