03.03.2025 – News – Spiegel Online – Nikolaus Blome — – Details
Nikolaus Blome
Meinung – Kolumne // Die allgemeine Untergangsstimmung überlagert, wie viel Gutes Trumps Selbstdemaskierung hat. Man muss es nur sehen wollen.
Konservative trennen sich schwer, gut Ding will Weile haben, das ist wahr. Aber wenn sie sich denn trennen, kenne ich kein Völkchen, das ähnlich beherzt Nägel mit Köpfen macht wie sie. So gesehen, war die vergangene eine gute Woche, denn es war eine Woche der Trennungen. Man muss sie nur richtig herum lesen. Also, ich helfe gern in Optimismus: Es ist alles viel besser, als es aussieht. In der Untergangsstimmung geht einiges unter. — Zum Autor Nikolaus Blome, Jahrgang 1963, war bis Oktober 2019 stellvertretender Chefredakteur und Politikchef der «Bild«-Zeitung. Von 2013 bis 2015 leitete er als Mitglied der Chefredaktion das SPIEGEL-Hauptstadtbüro, zuvor war er schon einmal stellvertretender «Bild«-Chefredakteur. Seit August 2020 leitet er das Politikressort bei RTL und n-tv. Dort macht er auch einen wöchentlichen Podcast zusammen mit Jakob Augstein. Im Januar 2025 erscheint sein neues Buch «Falsche Wahrheiten: 12 linke Glaubenssätze, die unser Land in die Irre führen«. — Nach dem Schauspiel im Oval Office ist zum Beispiel klar, was die neue Führung der USA in sich trägt und zur Schau zu stellen bereit ist: die nackte Niedertracht. Sie haben Selenskyj erst verspottet und dann erpresst, und als er nicht alles schlucken wollte, haben sie in narzisstischer Wut über seine vermeintliche Unbotmäßigkeit alles verleugnet, was Amerika seit dem Zweiten Weltkrieg great gemacht hat. Das zu sagen, fällt mir nicht leicht, weil es wie eben jener verklemmt-verbiesterte Anti-Amerikanismus der Linken klingt, der mich seit jeher abstößt. Bis zum vergangenen Wochenende hätte ich aber auch nicht gedacht, dass Donald Trump die Weltmacht Amerika so tief in den Dreck ziehen kann. Aber er kann, und was zu viel ist, ist zu viel. Erste Trennung: Hinter dieser Erkenntnis gibt es vorerst kein Zurück. (…)
Da nun klar ist, dass Deutschland und die Europäer für ihre Sicherheit allein aufkommen müssen, hat die neue Bundesregierung also einen Fahrplan, das ist gut. Und sie hat einen Fokus, der heißt: Europa. Dass ich das noch erleben darf. Als Brüsseler Korrespondent habe ich vor 30 Jahren angefangen, über die Nato und eine künftige Europa-Armee zu schreiben. Allzu viel ist seitdem in der EU nicht vorangegangen. Was fehlte, war der Druck. Die Europäer geben zwar ziemlich viel Geld für ihre Verteidigung aus, aber damals wie heute kriegen sie unterm Strich viel zu wenig «bang for the buck«. Das könnte sich doch ändern, warum denn nicht, der Druck ist ja nun da. Und wenn die Ungarn unter Viktor Orbán sich weder von Trump noch von Putin bedroht fühlen, dann machen sie eben nicht mit und fahren 2. Klasse, auch okay. Die Briten jedenfalls werden die Chance zur Neuverschränkung mit Europa nutzen, Brexit-Boris wird endgültig zur Episode. Schlecht ist das alles nicht. — Kurzum: Die Welt mag einstweilen aus den Fugen sein. Aber es lässt sich schon erkennen, wie sie sich neu wieder zusammensetzen könnte. Nicht das Schwierigste, doch das Gefährlichste wird die Zeit dazwischen. —
SK-news