28.02.2025 – News – The Washington Post – Redaktion — – Details
Selenskyj Trump
Meinung // Der Präsident sollte versuchen, zu Amerikas Freunden ebenso freundlich zu sein, wie er es gegenüber Putin ist. — Donald Trump klang am Freitag eher wie Don Corleone als wie ein amerikanischer Präsident, als er öffentlich versuchte, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj dazu zu drängen, einem Waffenstillstandsabkommen mit Russland zuzustimmen. «Ohne uns haben Sie keine Karten», sagte er vor laufenden Kameras im Oval Office. Nachdem das Treffen in gegenseitige Beschuldigungen ausartete und in Bitterkeit endete, deutete Trump in den sozialen Medien an, dass die Vereinigten Staaten die Ukraine abschneiden würden, bis Selenskyj weitere Zugeständnisse anböte, «weil er glaubt, dass unser Engagement ihm einen großen Vorteil bei den Verhandlungen verschafft.» — Dass man Verbündete weniger freundlich behandelt als Gegner, zeugt von Naivität angesichts der Bedrohung, die ein revanchistisches Russland für die westliche Welt, einschließlich der NATO, darstellt. Selenskyj will den dreijährigen Krieg, der sein Land verwüstet hat, zwar beenden, aber er ist sich darüber im Klaren, dass ein schlechter Deal schlimmer ist als gar kein Deal, denn er weiß, dass man dem russischen Präsidenten Wladimir Putin ohne hieb- und stichfeste Sicherheitsgarantien der Verbündeten der Ukraine nicht vertrauen kann, dass er einen Waffenstillstand einhalten wird. — Trump sieht sich selbst eher als Vermittler zwischen Russland und der Ukraine denn als Anführer der freien Welt. Seine Regierung weigert sich daher, das Wort «Invasion» zu verwenden, um Russlands Verhalten gegenüber der Ukraine zu beschreiben, und hat bei den Vereinten Nationen gegen eine Resolution gestimmt, die Russlands Vorgehen verurteilt. Trump verhält sich, als stünde er eher auf der Seite des autoritären Aggressors als des demokratischen Opfers.
Selenskyj versuchte, Trump an die jüngste Vergangenheit zu erinnern. Putin hatte 2014 die Krim illegal annektiert und wurde ermutigt, noch weiter zu gehen, als der damalige Präsident Barack Obama nicht energisch genug reagierte. Nach seinem Amtsantritt im Jahr 2019 unterzeichnete Selenskyj einen Waffenstillstandsvertrag mit Putin, der gemeinsam mit Deutschland und Frankreich ausgehandelt worden war. Die damalige deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron versicherten ihm, dass Putin die Ukraine nicht erneut angreifen werde, wenn er die Bedingungen akzeptiere. — Doch als Selenskyj am Freitag fragte, was passieren würde, wenn Russland einen weiteren Waffenstillstand brechen würde, reagierte Trump abweisend. Er behauptete, Putin würde dies nicht tun, solange er Präsident sei, einfach weil er Trump mehr respektiere als George W. Bush, Obama oder Joe Biden. «Ich weiß nicht, was passiert ist, aber er hat sie nicht mit mir gebrochen», sagte Trump zu Selenskyj. «Er will einen Deal machen.» — Ein Kampfstopp ohne die Ausarbeitung eines dauerhaften Friedens würde Putin lediglich Zeit verschaffen, seine Kriegsmaschinerie wieder aufzufüllen und seine Wirtschaft wieder aufzubauen, um erneut mit aller Macht angreifen zu können. Deshalb will Selenskyj Zusicherungen und Abschreckungen, darunter europäische Friedenstruppen. Er schlug ein Abkommen über Mineralrechte mit den Vereinigten Staaten vor, um Amerikas langfristiges Engagement und seine Verpflichtung gegenüber der Souveränität der Ukraine zu stärken. Aber er braucht mehr als ein Wirtschaftsabkommen. (…)
«Sagen Sie uns nicht, was wir fühlen werden», fauchte Trump. «Sie spielen mit dem Leben von Millionen Menschen. Sie spielen mit dem dritten Weltkrieg.» Doch Selenskyj hat recht, dass Amerika es noch bereuen könnte, die Waage zugunsten Putins verschoben zu haben. So gut gemeint seine Argumentation auch war, sie untergrub seine Verhandlungsposition. — Trump seinerseits sollte das große Ganze erkennen. Wenn er einen dritten Weltkrieg vermeiden will, sollte er die Lehren aus dem Zweiten Weltkrieg beherzigen. Diktatoren zu beschwichtigen funktioniert nicht. Putin, ein ehemaliger KGB-Offizier, reagiert auf Härte, nicht auf Zittern. Er respektiert Gewalt, nicht Schmeichelei. Der US-Präsident sollte versuchen, Putin gegenüber so unhöflich zu sein, wie er es am Freitag gegenüber Selenskyj war.
SK-news