Es geht nicht nur um die Ukraine, es geht auch um uns / Treffen von EU-Staaten in Paris

17.02.2024NewsARD TagesschauGerrit Derkowski —   –  Details

Claudia Major

Zu lange habe die eigene Sicherheitspolitik nicht auf der Prioritätenliste der EU-Staaten gestanden, kritisiert die Politikwissenschaftlerin Claudia Major. Das räche sich nun. Vom Treffen in Paris erhofft sie sich klare Bekenntnisse.tagesschau24: Sehen Sie es darauf hinauslaufen, dass deutsche Soldaten in die Ukraine entsendet werden?Claudia Major: Ich hoffe, dass sich die Europäer einigen können, eine gemeinsame europäische Truppe aufzustellen, um einen Waffenstillstand abzusichern. Denn das ist letztlich im Interesse von uns Westeuropäern, dass ein Waffenstillstand hält.Schauen wir einmal von außen darauf, was gerade passiert. Russland erlebt gerade, dass es für sein langes Durchhalten in diesem Krieg belohnt wird. Viele der russischen Forderungen hat der US-Präsident schon erfüllt: kein NATO-Beitritt der Ukraine, Verhandlungen mit den USA statt mit der Ukraine.Die russischen Ziele haben sich nicht verändert. Vielmehr ist Putin gerade ermutigt, das doch noch einmal zu versuchen. Deswegen ist die Absicherung eines Waffenstillstands zentral, weil es in unserem deutschen europäischen Interesse ist, den nächsten Krieg in Europa zu verhindern.Deswegen hoffe ich, dass in Absprache mit den europäischen Partnern sich auch die Bundesregierung dazu durchringen kann, zu dieser Absicherung beizutragen.

Zu lange habe die eigene Sicherheitspolitik nicht auf der Prioritätenliste der EU-Staaten gestanden, kritisiert die Politikwissenschaftlerin Claudia Major. Das räche sich nun. Vom Treffen in Paris erhofft sie sich klare Bekenntnisse.tagesschau24: Sehen Sie es darauf hinauslaufen, dass deutsche Soldaten in die Ukraine entsendet werden?Claudia Major: Ich hoffe, dass sich die Europäer einigen können, eine gemeinsame europäische Truppe aufzustellen, um einen Waffenstillstand abzusichern. Denn das ist letztlich im Interesse von uns Westeuropäern, dass ein Waffenstillstand hält.Schauen wir einmal von außen darauf, was gerade passiert. Russland erlebt gerade, dass es für sein langes Durchhalten in diesem Krieg belohnt wird. Viele der russischen Forderungen hat der US-Präsident schon erfüllt: kein NATO-Beitritt der Ukraine, Verhandlungen mit den USA statt mit der Ukraine.Die russischen Ziele haben sich nicht verändert. Vielmehr ist Putin gerade ermutigt, das doch noch einmal zu versuchen. Deswegen ist die Absicherung eines Waffenstillstands zentral, weil es in unserem deutschen europäischen Interesse ist, den nächsten Krieg in Europa zu verhindern.Deswegen hoffe ich, dass in Absprache mit den europäischen Partnern sich auch die Bundesregierung dazu durchringen kann, zu dieser Absicherung beizutragen.

»Die Europäer müssen ein Paket schnüren»tagesschau24: Könnten europäische Friedenstruppen in der Ukraine – Stand jetzt – überhaupt die Stärke haben, um Russland wirksam von einem neuen Angriff später abzuschrecken?Major: Es ist momentan schwer vorstellbar, dass die Europäer wirklich die Masse an Truppen zusammenbekommen. Es gibt verschiedene Modelle. Einige sagen, 40.000 bis 50.000 Soldaten würden reichen.Andere sagen, idealerweise müsste man 100.000 bis 150.000 haben, die die ukrainischen Truppen unterstützen. Aber es geht auch nicht nur um Masse, es geht auch um ganz spezifische Fähigkeiten, wie beispielsweise Aufklärung, wie Luft- und Raketenabwehr, die die Europäer nur sehr wenig haben.Da bräuchten sie die Unterstützung der Amerikaner. Und deswegen ist es so sinnvoll, dass die Europäer jetzt ein Paket schnüren und damit zu den USA gehen und sagen, was möglich ist und in welchen spezifischen Bereichen Unterstützung nötig ist.Ich würde aber gerne noch auf einen anderen Punkt eingehen. Ich rede von einem Waffenstillstand. Es geht darum, das Ende eines Krieges abzusichern und Russland von einem erneuten Angriff abzuhalten.Frieden ist etwas anderes. Frieden hieße ja, dass es tatsächlich wieder Zusammenarbeit gibt und dass Russland seine Ansprüche aufgegeben hat. Und das sehen wir gerade nicht. Russland wird eher ermutigt, gerade bei den Ansprüchen zu bleiben.

»Sicherheit muss auf die Prioritätenliste»tagesschau24: Haben Sie den Eindruck, dass Europa, dass die EU überhaupt einen Plan hat, um eben diese Sicherheitsstruktur neu aufzubauen?Major: Ich glaube nicht, dass wir neue Strukturen aufbauen müssen, sondern wir müssen die Strukturen, die wir haben, ernst nehmen. Es gibt in der NATO beispielsweise eine Verteidigungsplanung, wo genau geplant wird, wie das NATO-Gebiet verteidigt werden kann. Wer muss wann wo sein, mit wie viel Ausrüstung? Daraus leiten sich Hausaufgaben für alle Nationalstaaten ab, die dann dazu beisteuern.Letztlich ist es die politische Entscheidung, dass Sicherheitspolitik unsere Lebensversicherung ist und Priorität sein muss. Wenn wir das umsetzen, können wir in den bestehenden Strukturen schon mal sehr große Fortschritte machen.tagesschau24: Welche Rolle spielt die NATO dann dabei?Major: Die NATO ist die weltweit größte stehende Verteidigungsorganisation mit Planungsstrukturen, mit Kommandostrukturen. Das heißt, es gibt einen Apparat, der ist manchmal sehr zäh, manchmal sehr langsam. Aber es gibt ihn. Warum sollte man diese Strukturen duplizieren? Wir brauchen die Masse an Streitkräften, wir brauchen die strategischen Fähigkeiten, Luftverteidigung, Aufklärung, Zielerfassung.Die Europäer müssen bereit sein, dafür mehr zu investieren und das langfristig zu gewährleisten. Das ist die Hausaufgabe, über die wir, ehrlich gesagt, schon ganz lange reden. Die es aber nicht auf die Prioritätenliste geschafft hat.

 

 
 

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