Die Vertrauensfrage/ Nur Merz wächst in diesen 60 Minuten

15.02.2025NewsZeit OnlineStephan Lamby und Christian Bock — Götz Hamann —   –  Details

Friedrich Merz

Eine Handreichung für Unentschiedene: Im Fernsehfilm «Die Vertrauensfrage» begleiten die TV-Journalisten Stephan Lamby und Christian Bock die Kandidaten im Wahlkampf.

Olaf Scholz gibt ein Interview in kurzen Hosen, während er im Kanzleramt auf einem Rudergerät sportlich vor sich hinarbeitet. Vor und zurück, vor und zurück – und kommt doch nicht von der Stelle. Das ist kein so schlechtes Bild für den disziplinierten, aber glücklosen Bundeskanzler. — Abgesehen von dieser Szene ist die aktuelle TV-Dokumentation Die Vertrauensfrage – wer kann Deutschland regieren? vor allem etwas für unentschlossene Wähler und ein Publikum, das sich nicht täglich für Politik interessiert. Im Ersten ist sie heute um 20:15 Uhr zu sehen, am Tag nach dem ersten Kanzlerkandidatenduell im ZDF. — In gerade einmal 60 Minuten vermittelt der Film von Stephan Lamby und Christian Bock einen Eindruck von den Spitzenkandidaten und -kandidatinnen von CDU, AfD, SPD, Grünen, BSW und FDP. Was macht dieser Winterwahlkampf mit Christian Lindner, Sahra Wagenknecht und Robert Habeck? Wie kommen sie durch? Was bieten sie an? Ihr politisches Programm wird nur punktuell besprochen, das ist anders kaum möglich, aber Persönlichkeit und Energielevel werden zumindest bis Mitte Januar gut erkennbar.

— – Genau darin liegt zugleich eine Schwäche dieses Films. Lamby und Bock fangen die Dramatik der zurückliegenden zwei Wochen nicht angemessen ein (der tödliche Angriff auf eine Kindergartengruppe und einen zu Hilfe eilenden Mann in Aschaffenburg, Friedrich Merz› Migrationswende, die Mehrheitsbeschaffung durch die AfD). Fairerweise sei gesagt, die Journalisten hätten das auch gar nicht leisten können, das verhindern die Produktionsbedingungen im Fernsehen. Nach dem Dreh muss das Material gesichtet, geschnitten, mit Musik unterlegt, montiert, getextet werden. Es folgt die Abnahme durch die Redakteure bei der ARD. Der Justiziar schaut drauf. Das alles dauert, während sich außerhalb der Redaktion die Welt verändert. Immerhin befragen sie Friedrich Merz noch einmal kurz und bauen ein paar Szenen aus dem Bundestag ein. — Eine Fernsehdokumentation über einen laufenden Wahlkampf zu drehen, die noch vor der Wahl ausgestrahlt werden soll, ist immer ein Wagnis. Dieses Mal zahlen Stephan Lamby und Christian Bock dafür einen Preis. Ihr Werk ist nicht so packend, fein gewoben und komponiert wie frühere Arbeiten.

(…) — Friedrich Merz, hier im Fahrstuhl des Deutschen Bundestages, tritt zunehmend so auf, als wäre er bereits Kanzler, als müsse er nicht mehr kämpfen —

 
 

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