13.02.2025 – Nachtmix: Die Musik von Morgen – Bayern 2 – Angie Portmann — – Details
Marshall Allen
Unser wöchentlicher Neuheiten-Check in den Late Night Sounds mit Horsegirl, John Glacier, Tocotronic, Marshall Allen, Tua, Andreas Dorau, Zement, Bartees Strange, Mereba und They. — Horsegirl haben ihr zweites Album in ihrer Heimatstadt Chicago aufgenommen, im Studio von Wilco. Haben dort ihren viel gelobten Noise-Pop entschlackt und setzen auf «Phonetics on an on» auf einen wesentlich minimalistischeren Sound. Die drei Musikerinnen zeigen hier eine Experimentierfreude und Coolness, um die man sie nur beneiden kann. Auch die großartige britische Rapperin, Dichterin und Produzentin John Glacier geht auf ihrem Debüt-Album «Like a ribbon» neue Wege und verpasst dem britischen Hip-Hop damit ein sehr interessantes Update. Tocotronic wiederum veröffentlichen mit «Golden Years» ihr 14. Album in 30 Jahren. Und klingen hier trotz Gesellschaftskritik sehr tröstlich. Ein klassisches Tocotronic-Album mit dem ersten Maultrommel-Einsatz der Bandgeschichte. Und Marshall Allen, der Leiter des Sun Ra-Arkestra, veröffentlicht mit 100 Jahren sein Solo-Debüt! Weitere Bands im Check: Doves, Tua, Andreas Dorau, Zement, Bartees Strange, Mereba, Manic Street Preachers und They.
Marshall Allen – New Dawn
Wer sich gerade noch dachte, ups, 30 Jahre Tocotronic, wie die Zeit vergeht, dem sei gesagt: Zeit und Raum spielen in der Musik nur bedingt eine Rolle. Das gilt ganz besonders für den Output des intergalaktischen Sun Ra Arkestras. Dessen Leiter, der Altsaxophonist Marshall Allen veröffentlicht morgen – im Alter von 100 Jahren – sein Solo-Debüt «New dawn». Auf der gleichnamigen Single ist die wunderbare Neneh Cherry zu hören. Marshall Allen begegnete dem exzentrischen Genie Sun Ra 1958. Ab da gehörte er zu den Jüngern Sun Ras, war Teil des Sun-Ra-Arkestras. Jenem Space-Jazz-Kollektiv, das im Namen seines kosmischen Meisters Swing, Jazz und Avantgarde zu einem Manifest des Afrofuturismus machte. 1995, kurz nach dem Tod Sun Ras, übernahm Marshall Allen die Leitung und führte dessen Erbe fort – bis heute. Allen lebt auch heute noch im Sun-Ra-Arkestra-Zentrum, einem bescheidenen Reihenhaus in Philadelphia, das vor kurzem zum Kulturdenkmal erklärt wurde. Dort wurde und wird immer noch Tag und Nacht geübt, um jederzeit bereit zu sein. Sun Ra hatte die Parole ausgegeben: «One day it will happen… It could be happening now – that a voice from another dimension will speak to earth. You might as well practice and be prepared for it». Jetzt ist es also passiert … und Marshall Allen hat, mit der Erlaubnis des Sonnengottes höchstpersönlich, sein Solo-Debüt veröffentlicht. Unterstützt von etlichen Bandmitgliedern, Neneh Cherry und einer Menge Streichern. Einzelne Tracks sind in anderen Versionen auch schon auf Arkestra-Alben zu hören. Hier haben die Tracks aber insgesamt eher einen ruhigen, zeitlos dahinschwebenden Charakter («African sunset» goes Burt Bacharach).
Besonders toll: das dubbige, das Raum-Zeit-Kontinuum durchbrechende letzte Stück auf dem Album, der Sun Ra-Klassiker «Angels and demons at play». (8,5 von 10 Punkten)
SK-