05.02.2025 – News – ARD Tagesschau – Vera Rudolph u.a. — – Details
Palästina Szene
Ein Gazastreifen ohne Palästinenser und im Besitz der USA: Eine Äußerung von US-Präsident Trump versetzt die Region in Aufregung. Was hat Trump gesagt – und warum ist die Kritik daran so breit?Was hat Trump vorgeschlagen?Die Pressekonferenz von Präsident Donald Trump mit Israels Premierminister Benjamin Netanjahu lief schon ungefähr sechs Minuten, als Trump am Dienstag einen überraschenden Vorschlag machte. Trump regte an, die im Gazastreifen lebenden Menschen in einen oder mehrere arabische Staaten umzusiedeln und das Gebiet – ohne Palästinenser – wiederaufzubauen. Der Gazastreifen werde von den USA in Besitz genommen und sehe damit einer blühenden Zukunft entgegen, so Trump auf die ihm eigene Art – nämlich als “Riviera des Nahen Ostens”. — 1,8 Millionen Palästinenser müssten dazu ihre Heimatregion verlassen, kalkuliert Trump – damit liegt er aber unter der tatsächlichen Zahl der Bewohner des Gazastreifens, die mit rund zwei Milllionen beziffert wird. Ob sie in seinem Plan nach einem Wiederaufbau wieder zurückkommen dürfen, ließ Trump offen. Er rechne nicht damit, dass die Palästinenser nach der Umsiedlung zurückkehren, sagte er – für sie sei Gaza “die Hölle”. Das allerdings dürfte eher die Gegenwart in dem völlig zerstörten Küstenstreifen beschreiben als die Zukunft. Ebenso vage blieb seine Äußerung, später einmal würden in der Region “viele Menschen” leben – “Palästinenser auch”.Unklar ist auch, welchen Status das Gebiet nach Trumps Plänen künftig haben soll – ob es Israel zugeschlagen oder anders verwaltet werden soll oder womöglich gar den USA zugeschlagen werden soll.
Wem gehört der Gazastreifen?Die Grenzen eines palästinensischen Staates werden in der Resolution 181 der UN-Generalversammlung vom 29. November 1947 genannt. Der heutige Gazastreifen ist demnach Teil eines Staates Palästina, der laut Resolution weitere Gebiete umfassen sollte. Dazu kam es allerdings nie – mehrere Kriege veränderten seit der Gründung des Staates Israel im Jahr 1948 die Grenzen und Zuständigkeiten.Nach dem ersten Nahostkrieg 1948 hatte Ägypten den Küstenstreifen militärisch verwaltet. Im Sechstagekrieg 1967 eroberte Israel den Gazastreifen. 1994 schlossen Israel und die Palästinenser mehrere Friedensabkommen, unter anderem auch das Gaza-Jericho-Abkommen. Es sah vor, dass die Palästinenser in einem Großteil des Gazastreifens erstmals Verwaltungsautonomie erhalten. Im Jahre 2005 zog Israel sich einseitig aus dem Gazastreifen zurück und räumte alle 21 israelischen Siedlungen. Israel steht auf dem Standpunkt, dass die Besatzung des Küstenstreifens damit endete. Die Vereinten Nationen betrachteten es jedoch weiter als besetztes Gebiet, unter anderem, weil Israel alle Zugänge kontrolliert.Die Palästinenser beanspruchen den Gazastreifen zusammen mit dem Westjordanland und Ost-Jerusalem als Gebiet eines künftigen eigenen Staates. Faktisch sind die Palästinensergebiete aber spätestens seit 2007 gespalten. 2006 verlor die Fatah-Organisation des Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas die Parlamentswahl gegen die rivalisierende Hamas, woraufhin der Machtkampf zwischen beiden Gruppen weiter eskalierte. Im Westjordanland behielt die Fatah die Oberhand. Die radikalislamische Hamas riss dagegen 2007 die Macht im Gazastreifen vollends an sich. Israel verschärfte daraufhin eine Blockade des Gebiets, die von Ägypten mitgetragen wurde.
Ist eine Umsiedlung rechtlich überhaupt vorstellbar?Die Rechtslage ist in dieser Frage klar: Eine zwangsweise Umsiedlung der Bewohner des Gazastreifens ist mit internationalem Recht nicht vereinbar. Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, formuliert es eindeutig: “Jede erzwungene Umsiedlung oder Vertreibung von Menschen aus besetzten Gebieten ist strikt verboten.”Relevant ist Regel 129 des internationalen Völkergewohnheitsrechts. In der Rechtsdatenbank des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) sind zwei Texte hinterlegt, in denen es heißt:Die an einem internationalen bewaffneten Konflikt beteiligten Parteien dürfen die Zivilbevölkerung eines besetzten Gebiets, in ihrer Gesamtheit oder teilweise, nicht verschleppen oder zwangsweise überführen, sofern dies nicht im Hinblick auf die Sicherheit der betroffenen Zivilpersonen oder aus zwingenden militärischen Gründen geboten ist.Wie stark ist der Gazastreifen zerstört?Nach Auswertung des UN-Satellitenzentrums UNOSAT von Dezember sind rund 69 Prozent der Gebäude im Gazastreifen zerstört oder beschädigt. Es listet allein gut 60.000 zerstörte und gut 20.000 schwer beschädigte Gebäude auf. Nach einem UN-Report von Januar gibt es allein 50 Millionen Tonnen Trümmer. Das UN-Nothilfebüro Ocha berichtet, 90 Prozent der Bewohner des Gazastreifens seien während des Krieges aus ihren Häusern und Siedlungen vertrieben worden, die meisten – mehrfach – innerhalb des Landes. Trumps Nahostgesandter Steve Witkoff hat sich Ende Januar ein Bild von der Lage in der Region gemacht. Danach sagte er der Nachrichtenseite Axios, ein Wiederaufbau des Küstenstreifens könne zehn bis 15 Jahre dauern. (…)
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