16.01.2025 – News – Berliner Zeitung – Timo Feldhaus — – Details
David Lynch
David Lynch konnte wie kein anderer in das Unterbewusstsein der USA hinabsteigen. Er war ein Großmeister der Träume und der einflussreichste Filmemacher unserer Zeit. — Mit jedem seiner Filme versteht man, wie nur ganz selten, was Kunst ist.
Wie kann er uns nur gerade jetzt allein lassen? Wie kann er Amerika allein lassen? Mit 78 Jahren ist der einflussreichste und größte Filmemacher der letzten 50 Jahre gestorben. David Lynch konnte wie kein anderer in das gruselige, gewalttätige Unterbewusstsein der glitzernden Vorstadt- und Scheinwelt der USA hinabsteigen. Er brachte uns von dort dunkel glänzende Perlen, die komischerweise immer auch eine Versicherung waren, dass alles irgendwie in Ordnung ist.«Der Film“, sagte Jean-Luc Godard einmal, «ist die Wahrheit 24-mal pro Sekunde“. Und die filmischen Kunstwerke David Lynchs traten immer den Gegenbeweis an. Seine Filme waren mehr als alle anderen wirklich Träume, voller Rätsel, die, wie Lynch immer wieder selbst sagte, auch er als Regisseur nicht ergründen könne. Hollywood wird eine Traumfabrik genannt. Und es passt nun natürlich zu dem an Zaubereien und Skurrilitäten nicht gerade armen Leben des David Lynch, dass dieses Hollywood derzeit verbrennt. — Es gäbe unendliche Anekdoten aus dem Leben des Mannes mit der silbernen Tolle und den bis oben geschlossenen Hemden zu erzählen. Während Corona begann er plötzlich täglich über Monate hinweg den Wetterbericht Los Angeles’ auf YouTube vorzutragen. Niemand wusste, warum er es tat. Meistens schien in Kalifornien natürlich die Sonne. — Hat der Tod von David Lynch mit den Bränden in Los Angeles zu tun?Aber das Feuer war im Werk Lynchs stets eine zentrale Kraft, die schon in seiner Kult-Serie «Twin Peaks» vom Anfang der 90er die Geschichte treibt. Das brennende Haus am Ende von «Lost Highway» – ein Bild wie aus einem Kunstmuseum. Es gibt nun erste Vermutungen, die den Tod Lynchs mit dem Katastrophenfeuer in L.A. in Zusammenhang bringen. Vor zwei Jahren hatte der Regisseur eine unheilbare Lungenentzündung öffentlich gemacht. Stark geschwächt, habe er nun aufgrund der Brände sein Zuhause verlassen müssen; er konnte auch ohne Brand nicht mehr ohne Sauerstoffmaske aus dem Haus. Lynch war leidenschaftlicher Raucher, mit acht Jahren soll er angefangen haben, vor zwei Jahren hat er aufgehört. — Geboren ist er 1946 in Montana, aufgewachsen in Idaho, Washington und Virginia, die Kindheit soll wunderschön gewesen sein. Seinen ersten albtraumhaften Kultfilm «Eraserhead» macht er bereits 1977, durch Blue Velvet (1986), Lost Highway (1997) und Mulholland Drive (2001) gelangte er zu großer Bekanntheit. Bereits 1990 bekam er die Goldene Palme von Cannes für «Wild at Heart“, 2019 erhielt er einen Ehren-Oscar. Nebenbei ist Lynch für den Welterfolg der ostdeutschen Band Rammstein verantwortlich, denen er mit einem Kurzauftritt in seinem Film «Lost Highway» (sie spielen im Feuer) den amerikanischen Markt eröffnete.
SK-news