04.01.2025 – Le week-end – Ö1 – Elke Tschaikner und Christian Scheib — – Details
Giovanni Pierluigi da Palestrina
Mit Musik von Heinrich Schütz, John Fahey, Johann Sebastian Bach, den Beach Boys, dem Bagdader Ensemble Sidare, Giovanni Pierluigi da Palestrina und vielen anderen. — Heute in «le week-end»: Eine musikalische Einübung ins morgige Dreikönigsfest. Dann mögen sie sich doch bitte auch gleich vorstellen, «Noi siamo i tre re» singen sie, «wir sind die drei Könige». Aber sie sind noch auf der Suche, wo ist denn das Kindlein schön und lieb: «Dove il bambinello grazioso e bello». Das Lied findet man in der grandiosen CD-Edition «Musica Alpina», herausgegeben in den späten 1990er Jahren von Gerlinde und Hans Haid, das war ein Mitschnitt aus der Lombardei, aufgenommen in der Nähe von Como während einer dörflichen Dreikönigsprozession im Jahr 1975. Die drei Könige sind also unterwegs und wir beobachten sie dabei.
Als die Weisen aus dem Morgenland ihre Gaben darbrachten, da war neben dem offensichtlich wertvollen Gold und dem im Deutschen schon im Namen als Rauch zum «Weihen» ausgewiesenen Weihrauch noch eine etwas rätselhaftere, dritte Gabe dabei: die Myrrhe. Ebenfalls gewonnen aus Baumharz hat Myrrhe eine Jahrtausende alte Verwendungstradition: Der desinfizierender Heilstoff war schon bei den Ägyptern medizinisch und auch zum Einbalsamieren in Verwendung, dann auch in anderen Kulturen zentral für kultische Salbungen. Myrrhe diente aber gemeinsam mit anderen Gewürzen auch jahrhundertelang als erotische Stimulanz und das erfährt man ja ebenfalls in der Bibel. Man verwende: «Safran, Würzrohr und Zimt samt allerlei Weihrauchgewächsen, Myrrhe und Aloe samt allerbesten Balsamsträuchern» heißt es da; natürlich im Alten Testament, im Hohelied der Liebe, dem berühmten «Lied aller Lieder», das Giovanni Pierluigi da Palestrina 1584 als «Canticum Canticorum» vertonte. — «Mein Geliebter ist mir ein Myrrhenbeutelchen, das zwischen meinen Brüsten ruht», heißt es im siebenten Abschnitt von Palestrinas mehr als einstündiger Vertonung – damals übrigens hochoffiziell von der gegenreformatorischen Zensur ausdrücklich genehmigt – und im Abschnitt 26 dieser Komposition setzt er eine berühmte Stelle in Musik: «Deine beiden Brüste sind wie zwei Kitze, Zwillinge der Gazelle, die in den Lilien weiden. Wenn der Tag verhaucht und die Schatten fliehen, will ich zum Myrrhenberg hingehen und zum Weihrauchhügel. Alles an dir ist schön, meine Freundin, und kein Makel ist an dir.» Giovanni Pierluigi da Palestrina, 1584, «Deine beiden Brüste – Duo ubera tua», aus dem «Canticum Canticorum».
SK-