100 Jahre Siegfried Unseld – Briefwechsel

24.12.2024Literaturland Hessenhr2 kulturN.N. —   –  Details

Siegfried Unseld

»Uns interessiert nicht nur das einzelne Manuskript, sondern der Autor selber, seine geistige und politische Physiognomie» Das schreibt der Verleger Siegfried Unseld an seinen Autor Siegfried Kracauer in einem bislang unveröffentlichten Brief vom 3.12.1966, der im Literaturarchiv von Marbach liegt. — Unseld prägte in Frankfurt den Auftritt des Verlags als «Suhrkamp-Kultur», wie es der Essayist George Steiner auf den Begriff brachte. Unseld selbst formulierte das Programm an Peter Huchel in einem bislang unveröffentlichten Brief vom 26.4.1971, in dem er dem Lyriker nach dem Verlassen der DDR anbot, seine Gedichte künftig bei Suhrkamp zu publizieren: «Es wird wichtig sein, daß dieses Werk auch in der Zukunft in einer lebendigen Umgebung steht … von Autoren, deren Arbeiten diskutiert werden und die Impulse für das zeitgenössische Bewußtsein auslösen.» — Als Siegfried Unseld 1952 bei Peter Suhrkamp anfing, zählte der Verlag 3 Mitarbeiter. 1956 wurde er persönlich haftender Geschäftsführer und nach dem Tod von Suhrkamp übernahm er 1959, bei einem Umsatz von 1 Million DM, die alleinige Verantwortung. Die wurde ihm 1968 beim sogenannten Lektorenaufstand strittig gemacht, aber er fand bei Autoren wie Ernst Bloch und Jürgen Habermas die Unterstützung und mit ihnen auch den wirtschaftlichen Erfolg. 1969 hatte sein Verlag, inklusive Insel, 87 Mitarbeiter, und 1987 überschritt er die 100 Millionen-Umsatzgrenze. — Unselds Erfolgsrezept lag im Umgang mit seinen Autoren. «Was du schreiben wirst, werde ich veröffentlichen», schrieb er Martin Walser, nachdem der von Marcel Reich-Ranicki verrissen worden war. («Ein belangloser, ein schlechter, ein miserabler Roman. Es lohnt sich nicht, auch nur eine einzige Seite dieses Buches zu lesen.») Unseld konnte Walser wieder anspornen, weiter zu schreiben. Wie er insgesamt die Fähigkeit besaß, seine Autorinnen und Autoren so direkt anzusprechen, als wäre er der Einzige, als wären sie die Einmaligen. Das ist an diesem Abend im «Salon kontrovers» zu spüren, der den Abschluss der dreiteiligen Unseld-Reihe zu seinem 100. Geburtstag bildet. Ruthard Stäblein hat die Texte kuratiert und eingeordnet und den Abend gestaltet. Wir senden einen gekürzten Mitschnitt. Die komplette Lesung können Sie hier, auf der Website der Frankfurter Bürgerstiftung nachhören und -sehen.

 
 

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