25.11.2024 – Gedanken für den Tag – Ö1 – Alexandra Mantler — – Details
Giacomo Puccini
von Michael Krassnitzer, Publizist, Wissenschaftsjournalist und Experte für Populärkultur, zum 100. Todestag von Giacomo Puccini — «La Bohème», «Tosca», «Madame Butterfly»: Diese drei Werke von Giacomo Puccini gehören zu den beliebtesten und meistgespielten Stücken der Opernliteratur. Das Publikum liebt den italienischen Komponisten, dessen Tod sich dieser Tage zum 100. Mal jährt. Die Fachwelt hingegen hat für Puccini deutlich weniger übrig: Zu gefällig, zu konventionell, sei seine Musik, heißt es oft. — Dabei stimmt das gar nicht. Wie etwa Puccinis Biograf Dieter Schickling nicht müde wird zu betonen, war Puccini kompositorisch stets auf der Höhe seiner Zeit. In «Madame Butterfly» findet sich zum Beispiel eine Stelle, an der Puccini die abendländische Dur-Moll-Tonalität eindeutig hinter sich lässt – allerdings unter dem Deckmantel vermeintlicher Exotik. — Das war Puccinis Trick. In seinen Opern – zumindest den erfolgreichen – gab er dem Publikum jene «schönen Stellen», nach denen es sehnsüchtig verlangte. Aber hinter der wohlklingenden musikalischen Oberfläche verbergen sich durchaus innovative Klänge, die keinen Vergleich mit progressiven Zeitgenossen zu scheuen brauchen. Auf diese Weise konnte der Komponist seinem Publikum Musik unterjubeln, die es sich unter anderen Umständen nicht freiwillig angehört hätte. — Es ist mir ein Rätsel, warum dieses Beispiel nicht öfters Schule macht. Es passiert heute so oft, dass die Kunst ihr Publikum – auch ganz gewollt – vor den Kopf stößt und damit von Vornherein unempfänglich für ihre Botschaft macht. In meinen Augen ist das kontraproduktiv. — Ich bin überzeugt: Würden Künstler und Kunstinstitutionen ihre ästhetischen und inhaltlichen Anliegen subtiler verpacken, in gemäßigterem Tonfall vorbringen und auf Justament-Standpunkte verzichten – ihre Botschaften würden viel häufiger auf Gehör stoßen.
SK-xxhehitt