Facettenreiches Schaffen im Exil – Die Komponistin Ruth Schonthal

26.09.2024Welt der MusikNDR KulturDagmar Penzlin —   –  Details

Ruth Schonthal

1924 in Hamburg geboren, gehört Ruth Schonthal als jüdische Komponistin zu jenem Kreis von Künstlern, die das nationalsozialistische Deutschland noch vor dem Ende ihrer Ausbildung verlassen mussten. Den Großteil ihres Lebens verbrachte Schonthal in den USA, wo sie 2006 gestorben ist. — «Freunde durften nicht mehr mit uns sprechen» — Ihr Elternhaus steht im Hamburger Grindelviertel am Hallerplatz. Im Sommer 1925 zieht die jüdische Familie nach Berlin. Insbesondere Ruth Schonthals Vater ist sehr musikliebend und fördert die früh erkennbare musikalische Begabung seiner Tochter. Sie bekommt Klavierunterricht, begeistert schon als Fünfjährige mit eigenen musikalischen «Ideen» und wird in Berlin am Stern›schen Konservatorium aufgenommen. Die Machtübernahme des NS-Regimes um Adolf Hitler 1933 verdunkelt das Leben von Ruth Schonthal und ihrer Familie schnell. In einem Gesprächskonzert in Hamburg beim NDR Mitte März 1995 erinnerte sich die Komponistin an diese Zeit und daran, was in der Schule passierte: «Da haben wir die Rassenkunde gehabt und wir wurden als Exempel gebracht. Es wurde uns gesagt: ›Wir haben Christus ermordet.› Sie haben uns vor allen als Exempel auf die Bühne gestellt. Sie haben uns aus der Klasse geschickt, wenn Religionsunterricht war. Und auf einmal durften die Kinder, die Freunde, nicht mehr mit uns sprechen. Ins Konservatorium konnte man nicht mehr gehen. Man musste vorsichtig sein, was man gesagt hat.»

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Große Werke von Ruth Schonthal harren der Aufführung Leben und Werk von Ruth Schonthal sind unter anderem durch wissenschaftliche Abschlussarbeiten gut erschlossen. Musikforscher Friedrich Geiger hat in München eine Tagung plus Gesprächskonzert zu ihrem 100. Geburtstag in diesem Jahr organisiert und geleitet. Im Mittelpunkt standen Schonthals Kompositionen und der Einfluss ihrer Exil-Biographie auf ihr Schaffen. Die Vorträge kann man nachlesen in der Zeitschrift «Die Tonkunst» in der Ausgabe, die im Oktober 2024 erscheint. Schonthals Musik könnte noch bekannter sein, noch mehr aufgeführt werden. Zumal der Furore-Verlag in Kassel ihre Werke herausgibt. Es gibt also gute Notenausgaben und der Nachlass von Ruth Schonthal liegt in der Akademie der Künste in Berlin. Gerade von den großen Orchesterwerken und Opern gibt es jedoch keine Aufnahmen. Und auch Aufführungen wären wünschenswert.

 
 

SK-