Phil Donahue
Mit dem Mikrofon in der Hand marschierte er durch die Gänge und machte aus der «Phil Donahue Show» eine Mitmachveranstaltung, bei der er Fragen und Kommentare zu Themen von Menschenrechten bis zu Orgien einholte. — Phil Donahue auf einem undatierten Foto. Als er seine Talkshow begann, erwartete man vom Publikum, dass es gesehen, aber nicht gehört werden sollte, es sei denn, es wurde zum Applaus aufgefordert. Er hat das geändert. — Phil Donahue, der in den 1960er Jahren die Fernseh-Talkshow mit demokratischem Gespür neu erfand und das Publikum dazu einlud, seine Gäste zu Themen zu befragen, die so entschieden hochgesinnt waren wie Menschenrechte und internationale Beziehungen und so unverschämt niveaulos wie männliche Stripper und Safer-Sex-Orgien, starb am Sonntag in seinem Haus in der Upper East Side von Manhattan. Er wurde 88 Jahre alt. — Sein Tod wurde von Susan Arons, einer Vertreterin der Familie, bestätigt. — «The Phil Donahue Show» feierte 1967 auf WLWD-TV in Dayton, Ohio, ihr Debüt und bescherte Herrn Donahue eine 29-jährige Laufbahn in syndizierten Sendungen, die er größtenteils als unangefochtener König des Talkshow-Tagesfernsehens betrachtete. — Fast von Anfang an verzichtete «The Phil Donahue Show» auf bekannte Schnickschnack. Es gab keinen Eröffnungsmonolog, kein Sofa, keinen Sidekick, keine Band – nur den Moderator und die Gäste, die sich auf ein einziges Thema konzentrierten. — Damals erwartete man vom Publikum, dass es gesehen, aber nicht gehört werden konnte, es sei denn, es wurde zum Applaus aufgefordert. Donahue änderte das. Er merkte schnell, als er sich während der Werbepausen mit den Zuschauern unterhielt, dass einige von ihnen schlauere Fragen stellten als er. Und so begann er, mit dem Mikrofon in der Hand durch die Gänge zu streifen und die Zuschauer auf den Sitzen zu Wort kommen zu lassen. Er öffnete auch die Telefonleitungen für die Zuschauer zu Hause. Die elektronische Demokratie, wie manche sie nannten, war angekommen. — Für Herrn Donahue waren nur wenige Themen, wenn überhaupt, tabu. Er soll seinen Mitarbeitern gesagt haben: «Ich will alle heißen Themen.» Es spielte keine Rolle, dass die Themen manche Zuschauer und lokale Sendermanager manchmal in Verlegenheit brachten. Schon sein erster Gast sorgte garantiert für Kontroversen: Madalyn Murray O›Hair, damals Amerikas berühmteste und weithin unbeliebteste Atheistin.
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