27.07.2024 – Apropos Klassik – Ö1 – Chris Tina Tengel — – Details
Ferruccio Busoni
Aus Ferruccio Busoni, dem 1866 in Italien geborenen, bald der Herkunft der Mutter nach in den deutschen Sprachraum drängenden Pianisten mit Wunderkind-Start und klavierpädagogischer Neigung, hätte leicht auch ein nebenbei komponierender Lieferant für spätromantisches Virtuosenfutter nach Leipziger Schule werden können. Dies verhinderten: Johann Sebastian Bach, dessen Oeuvre sich Busoni transkribierend, mit neuzeitlichen klavieristischen Interventionen, aneignete, und Giuseppe Verdi, dessen «Falstaff» in der Berliner Erstaufführung Busonis Inspiration eine neue Richtung gab. — Was Ferruccio Busoni in seinem «Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst» von 1906, diesem futuristischen Manifest, kühn in die Debatte warf, den Appell, die Musik aus allen dienenden Fesseln zu befreien (Tonmalerei, Textausdeutung), löste erst die nachfolgende Generation rund um Hindemith und Weill voll und ganz praktisch ein – Busonis Bühnenwerke «Arlecchino», «Turandot», «Doktor Faust» gebärden sich einstweilen so, als wollten sie das 19.Jahrhundert vollkommen links liegen lassen. Gewollt überfordernd programmierte Musterkonzerte zeitgenössischer Musik, die Busoni veranstaltete, stehen hingegen parallel zu den Unternehmungen Arnold Schönbergs – Busonis monumentale «Fantasia contrappuntistica» schlägt die Brücke von Bach›schem Stil zur Auflösung der Tonalität. Der «späte» Busoni, in den 15 Jahren vor seinem Tod 1924: Kann es «intelligentere» Musik geben als die Klavier-Elegien und -Sonatinen, das Flöten-Divertimento, das orchestrale Duo «Sarabande und Cortège»? Während des Pianisten Ferruccio Busoni anti-puristischer Ansatz, auch bei Mozart und Liszt, nicht mehr nachgeahmt wird (seinerzeit war er schulbildend), beflügelt die geistige Unabhängigkeit des Komponisten Busoni immer wieder.
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