Die Kunst des Hörens — Manja Ristic im Porträt

02.07.2024Sound Art: Zeit-TonÖ1Susanna Niedermayr —   –  Details

Manja Ristic

Eigentlich schien eine Karriere als Konzertviolinistin vorgezeichnet. Bereits während ihres Studiums zuerst an einer Musikschule und später an der Fakultät für Musik der Universität der Künste in Belgrad und dem Royal College of Music in London trat Manja Ristic regelmäßig auf, sowohl solo als auch in Ensembles und Orchestern, und gewann erste Preise. Doch es kam anders. Eine Arbeitsbewilligung in Europa zu bekommen, stellte sich für die junge Serbin als überaus hürdenreich heraus, dann erkrankte die Mutter. Ristic ging zurück nach Belgrad, um bei ihr sein zu können. Bald nach ihrem Tod wurde die angehende Violinistin selbst Mutter, – eines autistischen Kindes, das besonders viel Aufmerksamkeit brauchte. «Für die Kunst blieb der Alleinerzieherin nicht viel Zeit und das Leben im vom Krieg erschütterten ehemaligen Jugoslawien war schwierig. Doch die Musik blieb Zufluchtsort. In den wenigen ruhigen Momenten horchte Manja Ristic tief hinein in ihr Innerstes und entwickelte dabei ihre eigene Methodologie des Hörens, die sie schließlich zur Klangkunst führte. Als Ausgangsmaterial dienen Ristic heute vor allem Field Recordings, aus denen sie imaginäre Klanglandschaften schmiedet, die schnell Sogwirkung entfalten und die Hörer:innen auf wundersame Reisen schicken. Und die Künstlerin möchte auf die Missstände unserer Zeit aufmerksam machen, auf den zerstörerischen Massentourismus auf ihrer Heimatinsel Korcula etwa, auf die immer größer werdende Verschmutzung der Adria und auf jene Menschen, die – der Balkanroute folgend – ehemalige Minenfelder durchqueren, in der Hoffnung in Europa ein neues Leben beginnen zu können. «Manja Ristic ist SHAPE+ Artist 2023/24, nominiert vom ORF musikprotokoll im steirischen herbst. Im Rahmen einer SHAPE+ Artist Residency erkundete Ristic gemeinsam mit Abby Lee Tee und Frankziska Thurner das österreichisch-tschechische Grenzgebiet. Die im Anschluss entstandenen Stücke «forest floodlights» und «water whispers» feierten beim musikprotokoll 2023 ihre Uraufführung. «SHAPE+ ist die Plattform für spannende neue Projekte aus dem Bereich der Musik und audiovisuellen Kunst des Festivalnetzwerkes ICAS der International Cities of Advanced Sound. Gefördert wird SHAPE+ durch das Programm «Creative Europe» der Europäischen Union. — (Wiederholung vom 10. Mai 2024)

 
 

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