Vom Recht auf analoges Leben

02.07.2024Punkt einsÖ1Alexander Musik —   –  Details

Analoges Leben

Gäste: Ass.-Prof. Dr. Tobias Dienlin, Medienpsychologe am Institut für Kommunikationswissenschaft der Universität Wien & Rena Tangens, Künstlerin, Gründungsmitglied und Vorständin von “Digitalcourage”, Bielefeld.

Förderungen der öffentlichen Hand in Milliardenhöhe seien in Österreich ausschließlich online beantragbar, kritisierte unlängst die SPÖ und forderte via parlamentarischer «Dringlicher Anfrage» ein «Recht auf ein analoges Leben». Dazu gehöre nicht nur, dass Rechnungen nach wie vor ohne Mehrkosten in Papierform zugestellt werden, sondern etwa auch, dass der Zugang zu staatlichen Geldanlagen wie Bundesschatzbriefen auch Menschen ohne Internetzugang möglich sei. Im Nationalrat fand der Antrag allerdings keine Mehrheit.

 

Zwar hatten 2023 laut Statistik-Datenbank Statista mittlerweile 95 % der Haushalte in Österreich einen Internetzugang, doch nur gut 39 % der über 65-Jährigen nutzten das Internet mehrmals täglich. «Die Forderung nach dem Recht auf das Fortbestehen analoger Strukturen trotz fortschreitender Digitalisierung ist nicht neu. Wie viele Menschen durch die zunehmende Digitalisierung des privaten und öffentlichen Lebens tatsächlich von gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen sind – oder ganz im Gegenteil -, ist allerdings schwer zu ermitteln. «— So sehr die Digitalisierung potenziell in der Lage ist, die Demokratie zu stärken, so sehr kann sie auch zu einer grundlegenden Bedrohung unserer demokratischen Gesellschaften werden», schreibt der Philosoph Alexander Grau. Vor allem aber bedrohe sie die Substanz, den Kern jeder Demokratie: das autonome, freie Individuum: «Denn die Freiheiten, die die Digitalisierung fraglos bietet, erweisen sich zunehmend als ein goldener Käfig, in den wir nach und nach eingeschweißt werden. Algorithmen erfassen unser gesamtes Leben, unsere Vorlieben, unser Konsumverhalten. Sie bauen eine Blase aus Gewohnheiten und Denkmustern um uns herum.» «Der Bielefelder Verein «Digitalcourage» setzt sich bereits seit 1987 für «eine lebenswerte Welt im digitalen Zeitalter» ein. «Wir wehren uns dagegen, dass unsere Demokratie «verdatet und verkauft» wird», sagt Gründungsmitglied und Vorständin Rena Tangens. «— Wie sehr durch die – unkritische – Nutzung digitaler Dienste Prozesse angestoßen werden, die Demokratie, Freiheit und Wissenschaft aushöhlen und in akute Gefahr bringen, ist vielen Menschen gar nicht bewusst, schreibt Rena Tangens (zusammen mit Leena Simon) in dem Text «Gegen den Digitalzwang: Das Recht auf analoges Leben». Und weiter: «Eine Gesellschaft, die auch noch die wenigen Widerständigen unter Druck setzt, sich zu fügen, untergräbt schlicht ihr demokratisches System. Digitale Dienste nicht zu nutzen, ist daher mitunter eine höchst politische Entscheidung.» «Der an der Universität Wien forschende Kommunikationswissenschaftler und Medienpsychologe Dr. Tobias Dienlin fragt danach, wie insbesondere die Nutzung sozialer Medien sich auf Privatheit und Wohlbefinden auswirken. Dienlin wägt den immensen Nutzen der Digitalisierung für demokratische Prozesse mit Nachteilen und Konsequenzen für den Einzelnen ab. «Alexander Musik diskutiert mit dem Medienpsychologen Dr. Tobias Dienlin vom Institut für Kommunikationswissenschaft der Universität Wien und Rena Tangens, Gründungsvorstand des Bielefelder Vereins «Digitalcourage», der sich seit 1987 für «eine lebenswerte Welt im digitalen Zeitalter» einsetzt. «Diskutieren Sie mit: Welche Art von Digitalisierung wollen wir? Gibt es mehr Wahlfreiheit durch Digitalisierung? Empfinden Sie den Einzug des Digitalen in alle Lebensbereiche als Mehrwert oder als Belastung? Wie oft sind Sie online? Haben Sie schon einmal über eine digitale Auszeit, ein digital detox, nachgedacht? —

 
 

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