11.05.2024 – News – ZEIT Online – Thomas Mießgang — – Details
Eva Beresin
Jahrzehntelang malte Eva Beresin abseits der Öffentlichkeit – bis sie einen Fan auf Instagram fand. — Das Gemälde ist dicht bevölkert und geht buchstäblich unter die Haut: Man sieht einen Raum, an dessen Wänden zahlreiche Bilder aufgehängt sind und in dem sich eine verstörende Choreografie entfaltet. Menschliche Leiber, die meisten nackt, arrangieren sich zu einer Kohorte des Grauens: geöffnete Münder im Moment eines Schreis, schreckgeweitete Augen, verdrehte Glieder, Kopulationen a tergo. Dazwischen Hybridwesen mit tierischen Köpfen und humanoiden Gliedern. Es ist ein Szenario zwischen Hölle und Holocaust, mit grimmiger Ironie in Szene gesetzt. Im Bildraum dominieren erdige Gelb- und Brauntöne, kontrastiert durch signalrot gefärbte Lippen und lackierte Nägel, die in diesem Kontext seltsam unangemessen wirken. Liebe ist kälter als der Tod. — Das Gemälde Under My Skin von Eva Beresin ist eines der zentralen Werke ihrer Ausstellung Thick Air, die gerade in der Wiener Albertina eröffnet wurde. — Rund 30 Bilder und etliche Skulpturen sind in der Pfeilerhalle zu sehen, die alle in den letzten Jahren entstanden sind. Darunter ein bizarr entgleistes Selbstporträt mit Katze, das den Titel A Look in the Mirror trägt, karikaturhaft verzerrte Abendmahlszenen und Hieronymus-Bosch-artige Großformate, bei denen die Künstlerin ihre persönliche albtraumhafte Version des Gartens der Lüste als Fest der sexuellen Entgrenzung zelebriert. Die exzentrischen Farb- und Formverwirbelungen, die grob maskenhaften Gesichtskonturen und die imaginären, bedrohlichen Geistererscheinungen ihres ästhetischen Bestiariums würden gewissermaßen aus einer existenziellen Tiefenschicht ihrer Persönlichkeit nach oben drängen, sagt die Künstlerin: — Ich arbeite völlig unkontrolliert und überwache höchstens kleine Details meiner Arbeit. Ich habe auch keinen Plan und verwende keine Skizzen, sondern lege einfach los.» Und das fast jeden Tag mit großer Lust: — Die weiße Leinwand macht mir keine Angst.» —
SK-news