Das Atom-Phantom geht um – und es führt Europa auf einen teuren Irrweg

16.02.2024NewsNZZAndreas Rüesch —   –  Details

Kurzstreckenrakete verschrottet

Braucht Europa einen eigenen Atomschutzschirm, um sich für eine Präsidentschaft des unberechenbaren Donald Trump zu wappnen? Fünf Gründe zeigen, weshalb diese Idee Europa nicht stärken, sondern schwächen würde. — Die Welt steht wieder im Banne Donald Trumps, noch bevor dem irrlichternden Republikaner die Rückkehr ins amerikanische Präsidentenamt gelungen ist. Ein untrügliches Zeichen dafür ist die Erregung, die Trump mit wenigen provokativen Worten auslösen kann – ganz so, wie dies zum Alltag seiner turbulenten Regierungszeit bis 2021 gehört hatte. Das jüngste Beispiel ist seine Drohung, Nato-Verbündete im Falle eines russischen Angriffs im Stich zu lassen, wenn diese die eigene Sicherheit vernachlässigt hätten. Seither denken europäische – vor allem deutsche – Politiker laut darüber nach, einen eigenen Atomschutzschirm über Europa aufzuziehen. — Solche Stimmen machten sich diese Woche in allen deutschen Mitteparteien bemerkbar – von der Spitzenkandidatin der Sozialdemokraten bei der Europawahl, Katarina Barley, bis zu ihrem konservativen Gegenpart von den Christlichsozialen, Manfred Weber. Der grüne Vordenker Joschka Fischer hatte schon im Dezember den Aufbau eines europäischen Atomwaffenarsenals gefordert, während der liberale Finanzminister Christian Lindner sich nun zumindest eine Debatte darüber wünscht. Was nur ist mit den Deutschen los, die sich doch bis vor kurzem gegen alles Nukleare sträubten? — — Man reibt sich die Augen und liest dann die reisserische Schlagzeile der Boulevardzeitung «Blick»: «So weit sind Europas Atombomben-Pläne». Ja, wie weit? Die kurze Antwort lautet: Es gibt keine solchen Pläne, und das ist auch gut so. — — Frankreich besitzt als einziges EU-Land Atomwaffen. Aber sein Arsenal ist viel kleiner als das russische – und diese Kurzstreckenrakete aus dem Kalten Krieg ist längst verschrottet.

 
 

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