Als Curzio Malaparte einen Napoleon-Witz machte

13.05.2021NewsWelt OnlineMarc Reichwein —   –  Details

Curzio Malaparte

Kurt Erich Suckert: Curzio Malaparte — Zu den originellsten Figuren der Literaturgeschichte zählt Curzio Malaparte. Hinter dem Pseudonym verbirgt sich ein exzentrischer Schriftsteller, der eine architektonische Landmarke auf Capri hinterließ, die Godard später als Filmkulisse diente.

 

Zu den originellsten Spuren, die Napoleon in der Literaturgeschichte hinterließ, zählt der Schriftsteller Curzio Malaparte. Hinter dem Pseudonym verbirgt sich eine der schillerndsten Figuren der Weltliteratur. Viele wissen nicht, dass der Italiener in Wahrheit Kurt Erich Suckert hieß. — 1898 in Prato bei Florenz geboren, wurde Kurt als Kind eines aus Zittau in Sachsen stammenden deutschen Ingenieurs und einer italienischen Mutter schon in der Schule Curzio gerufen und bekam eine Ahnung davon, wie sehr Namen Identitäten prägen. Und dass sie sich nicht immer wörtlich übersetzen lassen, manchmal aber schon. Die Chuzpe, sich der Öffentlichkeit qua Pseudonym als parodierend-negatives Abziehbild des berühmten Korsen Bonaparte zu präsentieren, muss man erst mal haben. — Malaparte («schlechter Teil») ist auf Italienisch ein sehr sprechender Name. Schon mit 16 Jahren zog Kurt Suckert (als Garibaldiner) in den Ersten Weltkrieg. Ab 1925 nannte er sich Malaparte und wusste sich zeit seines Lebens neu zu erfinden: als Soldat, Literat, Diplomat (1919 war er Attaché in Warschau), als Faschist, Journalist, Spion, Kriegsreporter, Kommunist und Katholik. Chamäleon lautet sein Spitzname in Italien, was auch damit zu tun hat, dass er sich 1922 am Marsch auf Rom beteiligt hatte, Ende der 1920er aber eine Satire auf Mussolini schrieb: «Don Camaleón». — Malaparte ging nach Frankreich, veröffentlichte dort 1931 eine Schrift über den Staatsstreich, «Technique du coup d›Etat». 1933 zurück in Italien, wurde er verhaftet, für ein Jahr nach Lipari verbannt, verbrachte weitere Jahre im Hausarrest, bevor er 1938 als Korrespondent des «Corriere della Sera» in die Kolonie Italienisch-Ostafrika ging. Im Zweiten Weltkrieg war Malaparte Spion der Amerikaner und Kriegsreporter an allen möglichen Fronten. — Biografen und Literaturwissenschaftler betonen Malapartes Eskamotage, also seine bis zur Taschenspieltrickserei gehende Wandlungsfähigkeit. Schon als junger Mann sei Malaparte «ein geübter Lügner» gewesen, schreibt, sichtlich fasziniert, Hans Magnus Enzensberger in seinem Buch «Überlebenskünstler» über ihn. Zwei Romane von Malaparte erlangten weltweite Bekanntheit. Der eine heißt (übrigens auch im italienischen Original) «Kaputt» und spielt im Zweiten Weltkrieg, unter anderem im deutsch besetzten Polen; in ihm tritt neben dem Generalgouverneur Hans Frank auch der Kriegsverbrecher Otto Wächter auf. Der andere Roman heißt «Die Haut» und spielt 1943 in Neapel. Florian Illies empfiehlt ihn als «aberwitziges, größenwahnsinniges und explosives Buch». — Die Casa Malaparte — Malapartes berühmteste Hinterlassenschaft aber ist kein literarisches Werk, sondern die von ihm mit entworfene, ab 1938 entstandene Villa auf Capri. Die architektonisch herausragende Landmarke faszinierte Filmemacher und Fotografen später gleichermaßen. Godard drehte hier «Die Verachtung» mit Brigitte Bardot und Michel Piccoli. Karl Lagerfeld machte einen Bildband. Malaparte nannte die Villa «una casa come me: triste, dura, severa» («ein Haus wie ich: traurig, hart, streng»). — Als Curzio Malaparte 1957 starb, vermachte er seine Villa den Chinesen. Denn längst war er kommunistisch gesinnt und Italien, was oft vergessen wird, das westeuropäische Land mit der größten KP. Mao Tse-tung hatte ihn nach China eingeladen. Auf der Reise wurde bei Malaparte Lungenkrebs festgestellt, schwer krank starb er wenige Monate später in Rom, nicht ohne auf dem Totenbett noch rasch zum Katholizismus überzutreten. Die Capri-Villa wurde übrigens nach langen Rechtsstreitigkeiten nie chinesisches Volkseigentum, sie befindet sich heute in Privatbesitz.

Parodierte Bonaparte: Curzio Malaparte

 
 

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