27.01.2024 – News – Zeit Online – Adam Soboczynski — – Details
Franz Kafka
Über einen Schriftsteller, der die Schrecken des 20. Jahrhunderts beschrieb – und dabei zum grotesken Humor fand. Jeder, der einmal Franz Kafka gelesen hat, kennt den ganz und gar eigenwilligen Sog dieser Literatur. Dieses Gefühl, auf schwankendem Boden zu stehen und unklaren Mächten ausgeliefert zu sein. Man ist die Spielfigur eines Schachmeisters, der sich niemals offenbart. Was nur Träume, Drogen und eben die Kunst vermögen: Die Realität ist zwar verfremdet, doch hat die neue Logik eine wundersame Selbstverständlichkeit. Natürlich, man wacht eines Morgens als Insekt auf und liegt mit hilflos strampelnden Beinchen auf dem gepanzerten Rücken (Die Verwandlung). Man wird eines Morgens verhaftet, obwohl man nichts Böses getan hat (Der Process), und wenngleich sich der berühmteste Bankangestellte der Weltliteratur namens Josef K. zunächst wundert und wehrt, fügt er sich den Spielregeln des Albtraums, in den er geraten ist. Was genau ihm vorgeworfen wird, ist nicht zu ermitteln, es scheint ihm selbst ziemlich egal. — Franz Kafka (1883–1924), aus dem schwarzen Notizbuch, Tinte auf Papier, um 1923, Tschechien, National Library of Israel.
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