14.01.2024 – Milestones – Ö1 – Michael Neuhauser — – Details
Jay Jay Johnson
Vor allem beim Label Blue Note finden sich immer wieder Jazz-Alben, die in diversen Reissues unter dem jeweils gleichen Titel, jedoch mit anderer Track-Reihenfolge oder überhaupt teilweise anderen Stücken herausgebracht wurden. Wenn dann auch noch das Cover solcher LPs fast identisch ist, die Musik jedoch nicht, ist die Verwirrung perfekt. Eine derartige Unübersichtlichkeit betrifft auch die vielleicht bedeutendsten Aufnahmen des vor 100 Jahren, am 22. Jänner 1924, in Indianapolis geborenen Posaunisten James Louis Johnson, genannt J. J. Johnson. — Johnson hatte in den 1940ern bereits in den Orchestern von Benny Carter und Count Basie gespielt und war dann im aufblühenden Bebop an der Seite von Bud Powell, Max Roach, Fats Navarro, Charlie Parker und Dizzy Gillespie zu hören. Er war brillant darin, den neuen, von Saxofonisten und Trompetern dominierten Stil für die Posaune zu entwickeln. 1949/50 wirkte er an Miles Davis› Aufnahmen für die spätere LP «Birth of the Cool» mit – sowie 1952 an dessen Blue-Note-Album «Young Man With A Horn». — Im Juni 1953 ging J. J. Johnson dann erstmals als Bandleader ins Studio, um mit Trompeter Clifford Brown, Saxofonist Jimmy Heath, Pianist John Lewis, Bassist Percy Heath und Schlagzeuger Kenny Clarke Aufnahmen zu machen, die im selben Jahr zunächst unter dem Titel «Jay Jay Johnson with Clifford Brown» veröffentlicht wurden. 1954 folgte unter dem Titel «The Eminent Jay Jay Johnson» eine Aufnahmesession mit Wynton Kelly am Klavier, Charles Mingus am Bass, Kenny Clarke am Schlagzeug und Sabu Martinez an den Congas. Die Aufnahmen beider Sessions wurden (nicht ganz vollständig) ein Jahr später von Blue Note auf der LP «The Eminent Jay Jay Johnson, Vol. 1» herausgebracht. Die ebenfalls 1955 erschienene LP «The Eminent Jay Jay Johnson, Vol. 2» reichte dann neben zwei alternativen Takes auch noch die zwei bei «Vol. 1» fehlenden Stücke der ersten Session nach, während der Rest der Schallplatte mit weiteren Aufnahmen gefüllt wurde, welche Johnson im Juni 1955 mit Pianist Horace Silver und Saxofonist Hank Mobley machte. Diese wurden jedoch – um die Verwirrung auf die Spitze zu treiben – auch noch getrennt unter dem Titel «The Eminent Jay Jay Johnson, Vol. 3» als 10-Zoll-LP auf den Markt gebracht. — Die «Milestones» nehmen dieses Veröffentlichungschaos gelassen, versteigen sich auch nicht in der Suche nach dem einzig wahren Originalalbum, sondern präsentieren einfach die besten Momente der zwei Sessions von 1953 und 1954, von denen die Jazzkritiker Richard Cook und Brian Morton in ihrem Standardwerk «The Penguin Guide to Jazz Recordings» meinten, sie gehörten zu den zentralen Dokumenten des Nachkriegsjazz. —
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