Der Gegensatz von Globalisierung und Nationalismus ist irreführend / Quinn Slobodian

31.12.2023NewsZeit OnlineQuinn Slobodian — Nils Markwardt und Julia Werthmann —   –  Details

Skyline von Hongkong

Das neoliberale Ideal besteht heute in einem «Zersplitterungskapitalismus», sagt der Historiker Quinn Slobodian. Auf der Strecke bleibt dabei vor allem: die Demokratie. — ZEIT ONLINE: Herr Slobodian, im Angesicht von Russlands imperialem Krieg in der Ukraine oder der chinesisch-US-amerikanischen Konkurrenz im Pazifik diagnostizierte der Historiker Brendan Simms kürzlich in der ZEIT eine Rückkehr des Großraum-Denkens. In Ihrem neuen Buch Kapitalismus ohne Demokratie scheinen Sie die gegenteilige Perspektive einzunehmen. Sie machen einen «Crack-Up Capitalism», einen «Zersplitterungskapitalismus» aus, der die Welt in immer kleinere Zonen einteilt. — — Quinn Slobodian: Ich begreife den Zersplitterungskapitalismus nicht als Gegenteil der imperialen Ordnung, beide besitzen sogar viele Ähnlichkeiten. Das tatsächliche Gegenteil des Zersplitterungskapitalismus ist vielmehr die Idee nationaler Selbstbestimmung. Als im 20. Jahrhundert viele Nationalstaaten aus den Imperien hervorgingen, geschah dies durch Vereinheitlichung, Angleichung und Egalisierung. Die internen Unterschiede, von denen die Imperien geprägt waren, sollten ausgeglichen werden. Doch kurz nach der Gründung vieler Nationalstaaten tauchten auf einmal Löcher in der vermeintlich ebenen Fläche auf. —

 
 

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