26.12.2023 – Literatur – Deutschlandfunk Kultur – Kim Hyesoon — – Details
Kim Hyesoon
(Wdh. vom 18.06.2023) — Die Rede zur Poesie von Kim Hyesoon (geboren 1955 in Uljin, Ky ngsangbuk-do, Südkorea) setzt ein mit einer Erinnerung an die letzten Tage der vierten Republik (1972- 1979). Südkorea befand sich in einer Phase wirtschaftlichen Aufschwungs, begleitet von staatlicher Repression. Kim Hyesoon wurde als Verlagslektorin wiederholt Zeugin von Zensur. Man verbot Bücher oder ließ als anstößig geltende Passagen einschwärzen. Kim Hyesoon erlebte im Theater, dass ein vollständig zensiertes Stück ohne Text aufgeführt wurde. Aus dieser Erfahrung, dem Sterben der Zunge schon vor dem Tod des Menschen, entwickelt Hyesoon eine Poetik des Schreibens im Zeichen der Abwesenheit. Die Dichterin nimmt ihren Tod vorweg und spricht mit einer Geisterstimme, die in der Lage ist, andere Stimmen und Laute in sich aufzunehmen. Ein reiches Register von Äußerungen inklusive Schweigen, Seufzen, Schreien, Husten, Schluckauf und Stöhnen entsteht. Die Lektüre eines Gedichtes wird zum Einatmen des Geistes, und die Leserinnen und Leser geraten in einen Zustand des Besessenseins. — Die südkoreanische Lyrikerin Kim Hyesoon hält am 11. Juni ihre Berliner Rede zur Poesie «Tongueless Mother Tongue».
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