19.09.2023 – News – BR-Klassik – Roland Spiegel — – Details
Jost Gebers
Seine Leidenschaft waren Töne, die sich nicht zähmen ließen. Und Menschen, die Anpassung verweigerten. So gründete Jost Gebers, geboren 1940 in Berlin, 1969 mit dem Saxophonisten Peter Brötzmann und anderen Musikern die bedeutende «Free Music Production». Jetzt wurde bekannt, dass wenige Monate nach Peter Brötzmann auch der wichtige Initiator Jost Gebers gestorben ist. — Er war ein bärtiger Mann mit Brille und struwweligem Haar – und er war ein Zupacker. Ein Energischer, der etwas bewegen wollte. Und der nicht so schnell nachgab. Wann immer man Jost Gebers begegnete, er strahlte stets etwas von kreativer Angriffslust und schöpferischer Unruhe aus. Es war nur folgerichtig, dass dieser aus Berlin stammende Bassist und Sozialarbeiter zu einem der Motoren der frei improvisierten Musik in Deutschland und darüber hinaus wurde. — DUNKLER ANZUG? NEIN, DANKE! — Die Gründung einer der bedeutendsten Musiker-Organisationen des späten 20. Jahrhunderts mindestens in Deutschland hing ausgerechnet mit der Kleiderordnung eines berühmten Festivals zusammen. Die Berliner Jazztage (heute «Jazzfest Berlin»), ein medial vielbeachtetes Festival mit internationalen Stars und Aktualitäten, engagierte 1968 den ebenfalls im Juni 2023 verstorbenen Free-Jazz-Saxophonisten Peter Brötzmann mit seiner Gruppe; doch da er nicht garantieren wollte, dass er und seine Mitstreiter im dunklen Anzug auftreten würden, wurde er wieder ausgeladen. — Davon erfuhr dann der mit Brötzmann befreundete Jost Gebers. Er hatte die Idee, Brötzmann parallel zum Festival eine Auftrittsmöglichkeit zu verschaffen, und zwar im «Quartier von Quasimodo», einem Club, der ein Jahr vorher im Keller des Delphi-Filmpalasts in der Kantstraße in Berlin eröffnet worden war. Dort fand dann das erste «Total Music Meeting» statt – als zeitgleiches Gegenfestival zu den von «Jazzbuch»-Autor Joachim Ernst Berendt geleiteten Berliner Jazztagen. Es existierte bis 2008, und bis zum Jahr 1999 war Jost Gebers der Kopf des Total Music Meetings. Dass es dort je eine Kleiderordnung gegeben hätte, ist nicht bekannt.
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