15.09.2023 – Spielräume – Ö1 – Michael Neuhauser — – Details
Saltwater Hank (Jeremy Pahl)
«Gal›üünx wil lu Holtga Liimi»: Saltwater Hank und sein aktuelles Album in Sm›álgyax — Bürgerlich heißt er Jeremy Pahl, als Musiker nennt er sich Saltwater Hank. Er ist Mitte 30, stammt aus dem Nordwesten Kanadas, aus dem kleinen Hafenstädtchen Prince Rupert in British Columbia, und spielt seit vielen Jahren beherzt Fiddle, Gitarre und Mandoline sowie die klassische Old-Time- und Country-Musik Nordamerikas. — In den letzten Jahren hat Saltwater Hank aber nicht nur musiziert, er hat vor allem intensiv eine neue Sprache erlernt, bis er sie fließend, akzentfrei und wie im Schlaf beherrschte. Und zwar jene, die eigentlich seine Muttersprache hätte sein müssen. Er gehört ethnisch zu den indigenen First Nations der Tsimshian. Der Küstendialekt Sm›álgyax wurde vor 20 Jahren noch von schätzungsweise 400 Menschen fließend gesprochen. Inzwischen sind es nur mehr rund 65. Doch Jeremy Pahl alias Saltwater Hank zählt jetzt zu ihnen und hat die Sprache in seine Country-Songs integriert. Musikalisch hat er bewusst eine Extraportion Honky Tonk und Rockabilly sowie heulende Lapsteel-Gitarren einfließen lassen. — Was Saltwater Hank da macht, darf nicht als Kuriosität oder gar als pathetisch missverstanden werden. Es ist zum einen ein Beitrag zum Erhalt einer vom Aussterben bedrohten Sprache, vor allem aber ist es ein subversiver kultureller Akt in einem Land, wo Staat und Kirche bis vor wenigen Jahrzehnten bestrebt waren, die Kultur der Indigenen systematisch auszurotten bzw. im Keim, also schon bei den Kindern in den Schulen, zu ersticken. Und wo die diesbezügliche Aufarbeitung der Geschichte erst in den letzten Jahren ein bisschen Fahrt aufgenommen hat. Da kommt dieses Album genau richtig. Erschienen ist es am 1. Juli, also am kanadischen Nationalfeiertag.
Ein korrektes Passwort ist erforderlich.