Ich war eine Wissende. Die Schauspielerin und Sängerin Lena Rothstein

08.10.2023MenschenbilderÖ1Bea Sommersguter —   –  Details

Lena Rothstein

Ihre Eltern konnten sich als 17-jährige mit den letzten Kindertransporten vor dem Holocaust ins Vereinigte Königreich retten. Sie selbst kam am 10. Juni 1943 im schottischen Glasgow zur Welt, verbrachte ihre frühen Kindheitsjahre in London, bevor die junge Familie 1946 nach Wien zurückkehrte. Als Kind der zweiten Generation erfuhr sie von den Überlebenden wenig über das Schicksal ihrer von den Nationalsozialisten ermordeten Verwandten. «So war in meine Seele statt Trauer eher das Grauen eingebrannt», schreibt die 80-jährige in ihren Memoiren. — Später – als Modeschülerin – wird das legendäre Café Hawelka ihre zweite Heimat, Anfang der 1960er-Jahre Treffpunkt der namhaften Wiener Künstlerszene. Dort lernt die 17-jährige Lena Schwarz auch ihren ersten Mann kennen, Arminio Rothstein. Gemeinsam gründet das Künstlerpaar die experimentelle Marionettenbühne Arlequin.

 

Nach 5 Jahren wird die Ehe mit dem um 16 Jahre älteren Puppenspieler wieder geschieden. — Lena Rothstein nimmt Gesangs- und Schauspielunterricht, ist unter anderem in der Fernsehserie «Holocaust» auf der Leinwand zu sehen. 1980 hat ihre erste Kleinkunstrevue «Tränen und Rosen oder Brot und Rosen» Premiere. Sie lässt sich zur Schauspielpädagogin ausbilden, unterrichtet am Wiener Volkstheater und am Schubertkonservatorium. — Die so genannte Waldheim-Affäre in den späten 1980er-Jahren machte ihr Jüdisch-Sein wieder zum Thema, meint Rothstein im Rückblick. Vorausgegangen war eine internationale Debatte um die vermutete Beteiligung des späteren österreichischen Bundespräsidenten an Kriegsverbrechen in der Zeit des Nationalsozialismus. Für Lena Rothstein war es der Beginn ihrer Karriere als Interpretin jiddischer und sephardischer Lieder. — Heute tritt sie mit musikalisch-literarischen Collagen auf, meist an der Seite ihres Mannes Tony Scholl. Kürzlich erschienen Lena Rothsteins Lebenserinnerungen: «Angekommen – eine Heimkehr».

 
 

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