06.09.2023 – News – Frankfurter Rundschau – Judith von Sternburg — – Details
Charlotte Gneuß
In ihrem Debütroman «Gittersee» erzählt Charlotte Gneuß eine finstere, aber äußerst lebendige Dresdner Geschichte aus dem Sommer 1976. — Der Strom des Romanspätsommers, kanalisiert durch die Vorauswahl der Buchpreis-Longlist, hat eine relativ hohe DDR-Vergangenheitsgeschichten-Dichte. Intensiv jeweils die Stimmungen, völlig unterschiedlich die Erfahrungshorizonte. Nach Angelika Klüssendorfs «Risse» und Terézia Moras «Muna oder Die Hälfte des Lebens» führt Charlotte Gneuß› «Gittersee» weit zurück ins Jahr 1976 – ein Ende des real existierenden Sozialismus liegt weder in der Luft noch könnte man im Rückblick hoffnungsvoll auf diese Zeit schauen. Dass der Junge rübermacht, den die ebenfalls ganz junge Erzählerin liebt, ist brandgefährlich für alle Seiten, die Beteiligten wie die Unbeteiligten. Paul, den man direkt mögen wird, hat zu Karin gesagt: «Lust auf ein Abenteuer?» Aber sie darf nicht so lange wegbleiben, muss auf die kleine Schwester aufpassen, weiß schließlich auch nicht, dass er nicht von einem Abend oder einer Nacht oder so redet. Vermutlich wäre Karin auf keinen Fall mitgekommen, sie ist 16, sie ist nicht begeistert von dem Land, in dem sie lebt, aber sie ist hier zu Hause.
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