Neapel hat, was dem Louvre fehlt

17.09.2023NewsNZZPeter Kropmanns, —   –  Details

Luca Pacioli

Die Grande Galerie ist so etwas wie der Inbegriff des Louvre. Diese mit beinahe dreihundert Metern fast endlos wirkende Enfilade des Pariser Museums säumen Gemälde der italienischen Renaissance und des Frühbarock. Darunter finden sich viele Inkunabeln der Kunstgeschichte. Da werden kunsthistorische Zusammenhänge sichtbar gemacht und schierer Facettenreichtum vor Augen geführt. Was indes durch eine fest verankert wirkende Hängung wie ein ultimatives Defilee der Sternstunden italienischer Malerei erscheint, ist aber nur Konstrukt. Denn es spiegelt vor allem den französischen Geschmack im 17. und 18. Jahrhundert. — Die Sicht, die das Pariser Museum erlaubt, ist Ergebnis einer alten Sehweise. Denn den ersten französischen Besitzern der importierten, dann in den Louvre gelangten Bilder ging es weder um Vollständigkeit noch um die Berücksichtigung regionaler Disparitäten oder um die Erfassung unterschiedlichster künstlerischer Mentalitäten. Die Auswahl war bestimmt von Zurückhaltung und eigener Auffassung von Harmonie und Eleganz. Bevorzugt wurde die «Klassik» Bolognas und Roms – ein Filter, der etwa die Malerei der Lombardei, Liguriens oder auch Neapels ausblendete.

— Nun ist die Grande Galerie einer Revision unterzogen und vorübergehend verändert worden. Derzeit werden – mit gut siebzig Leihgaben – andere als die üblichen Perspektiven ermöglicht. Die für wenige Monate in den Louvre eingegliederten Gemälde bilden ganz neue Glanzpunkte. Sie stammen aus dem Bestand des Museo e Real Bosco di Capodimonte in Neapel. Weil dessen Sammlung nicht nur Werke lokaler Grössen aufweist, sondern nahezu alle regionalen Schulen italienischer Malerei illustriert, gilt diese Einrichtung als eines der bedeutendsten Museen Italiens.

 
 

SK-reko-23