12.08.2023 – Diagonal – Ö1 – Luna Ragheb, Johanna Hirzberger — – Details
Marsch auf Rom
2022 jährte sich Benito Mussolinis «Marsch auf Rom» zum 100. Mal. Die Machtergreifung der italienischen Faschisten hatte nicht nur fatale Auswirkungen auf die nationale, sondern auch auf die gesamte europäische Geschichte. — Anschl.: Diagonals Feiner Musiksalon: In memoriam jaimie branch (1983-2022)
Dieser Gang in die Katastrophe kann als Tragikomödie, als «politische Farce» erzählt werden, wie es der 1975 in Rom verstorbene, ehemalige Offizier und Parlamentsabgeordnete Emilio Lussu schon 1932 getan hat. Kürzlich erschien im Folio Verlag sein Buch: «Marsch auf Rom und Umgebung» in einer neuen Ausgabe. Der Zeitzeuge erzählt – die bitterböse Ironie ist schon im pseudotouristischen Titel angelegt – die italienische Zeitgeschichte als ein Paradebeispiel des Opportunismus, als Versagen demokratischer Institutionen. — Die Erzählung ist natürlich auch eine eindringliche, prinzipielle Warnung vor Dummheit und Despotie und als solches ein hochaktuelles Lehrstück für jede Demokratie, nicht zuletzt auch in Bezug auf die italienische Politik der letzten Jahrzehnte. — Der Duden weiß: Als «absichtsvoll organisierte Bewegung», zumeist einer großen Menschenmenge, ist der Marsch «logistisches Werkzeug militärischer und politischer, aber auch ziviler Interessen». Der Marsch ist Zeremoniell und Bekundung im Guten wie im Bösen. Mit Musik marschiert wird bei Demonstrationen und in der Freizeit; bei der Blasmusik, um zu trauern und zu feiern; und auch bei Brass Bands ist das gemeinsame, synchrone Gehen Teil des Spiels. Marschiert wird bei Wanderungen durch die Natur ebenso wie im Urbanen. Und nicht zuletzt wurde und wird immer wieder martialisch-kriegerisch marschiert. Die letzten Jahrzehnte aber lehrten uns: Auch für den Frieden kann man massenhaft Aufmärsche organisieren. Mauricio Kagel etwa konzipierte und komponierte 1979 zehn rotzfreche Märsche, «um den Sieg zu verfehlen». — Mit Beiträgen von Erich Klein, Michael Neuhauser, Klaus Nüchtern, Fritz Ostermayer, Cornelia Vospernik und Christoph Winder.
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