07.07.2023 – Musikfeuilleton – Deutschlandfunk Kultur – Wolfgang Rathert —
Dinorah Varsi
Zwei Jahre vor ihrer weltberühmten argentinischen Kollegin Martha Argerich in der Hauptstadt Montevideo des Nachbarlands Uruguay geboren, war Dinorah Varsi mit vergleichbaren musikalischen und technischen Talenten gesegnet: Ihr erster Auftritt erfolgte bereits im Alter von vier Jahren, und als Siebenjährige schlug sie in Brasilien ein staunendes Publikum mit Bachs f-Moll-Konzert in ihren Bann. Zu Beginn der 1960er-Jahre ging sie zu weiteren Studien nach Paris und New York, um sich schließlich bei Géza Anda in der Schweiz den letzten Schliff zu holen. Mit dem Gewinn des Clara Haskil-Wettbewerbs 1967 eröffnete sich für Varsi eine glänzende internationale Laufbahn als Klavier-Virtuosin. Doch sie verweigerte sich dem schnellen Ruhm: Stattdessen konzentrierte sie sich auf die Erarbeitung großer Klavierwerke und -konzerte von Rameau und Bach bis Bartók und Ustwolskaja sowie die Weitergabe ihrer Interpretationsauffassung an die nächste Generation, als Professorin an der Musikhochschule Karlsruhe von 1990-1996. Viel zu früh im Juni 2013 verstorben, hat Dinorah Varsi ein beeindruckendes audio-visuelles Vermächtnis ihrer Kunst hinterlassen, Musik wie eine Skulptur zu modellieren und aus immer neuen Perspektiven zu beleuchten.
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