05.07.2023 – News – taz online – Barbara Oertel — – Details
Marie Dumoulin
Beim Nato-Gipfel in Vilnius muss die Ukraine Sicherheitsgarantien erhalten, sagt Osteuroa-Expertin Marie Dumoulin. Alles andere würde Putin stärken. — taz: Frau Dumoulin, vieles im Zusammenhang mit dem gescheiterten Wagner-Aufstand vor anderthalb Wochen liegt noch immer im Dunkeln. Welche Folgen sind für Russland und Präsident Wladimir Putin jetzt schon absehbar?
Marie Dumoulin: Bislang gründete Putins Regierungssystem darauf, verschiedene Gruppen wie die Sicherheitsdienste, die Armee sowie Privat armeen wie Wagner gegeneinander auszuspielen. Das funktioniert nicht mehr. Wenn bei Spannungen zwischen diesen Gruppen nicht mehr vermittelt wird, kann das schnell gefährlich werden. Und das haben wir gesehen. — In den vergangenen Tagen sucht Putin die Öffentlichkeit wie seit Jahren nicht. — Dieses Kommunikationsbedürfnis, verbunden mit der Botschaft, Putin habe das Land vor einem Blutbad bewahrt – was die Ereignisse dramatisiert –, ist in der Tat auffällig. Putins Diskurs, um seine Macht zu legitimieren, hat sich gewandelt. Seit seinem Amtsantritt hieß es immer, Putin habe die Ordnung im Land nach den chaotischen 90er Jahren wieder hergestellt. Jetzt hören wir: Unser Land und unser Staat werden bedroht und Putin ist angesichts dieser Bedrohungen der Garant für Sicherheit. — Angeblich will der belarussische Staatschef Alexander Lukaschenko den Deal mit Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin ausgehandelt haben. Glauben Sie an diese Version?
Diese Erzählung kommt allen zupass: Putin kann sagen, er sei nicht bereit gewesen, mit einem Verräter zu verhandeln. Prigoschin musste nicht mit irgendwelchen untergeordneten Leuten im Verteidigungsministerium sprechen. Da sieht es doch besser aus, mit einem Staatschef in Kontakt zu treten, auch wenn es nur der von Belarus ist. Es ging für Prigoschin darum, sein Gesicht zu wahren. (…)
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