21.06.2023 – News – Berliner Zeitung – Harry Nutt — – Details
The Who
Mit Songs wie «Pinball Wizzard» und «My Generation» haben The Who Popgeschichte geschrieben. In der Berliner Waldbühne spielten sie sich durch ihr Gesamtwerk. — Im Soundtrack der Nullerjahre erklingen zwei balladeske Rocknummern als unverwechselbare Signaturen des Jahrzehnts. Da war zum einen die Erkennungsmelodie der Krimiserie «CSI Miami», in der die Kriminaltechniker um David Caruso alias Horatio Caine den Mördern und Dealern in der Hitze Floridas auf die Pelle rückten: «Won›t Get Fooled Again». Ihr legt uns nicht rein, schien das Team Caine zu sagen, und der Song von The Who vibrierte dazu zittriger denn je. — Etwa zur gleichen Zeit steuerte die amerikanische Nu-Metal-Band Limp Bizkit auf ihren größten Hit zu: «Behind Blue Eyes». Beide Songs stammen im Original vom Album «Who›s Next» aus dem Jahr 1971. Eine Art Meilenstein zierte auch das Cover, auf dem sich Pete Townsend, Roger Daltrey, Keith Moon und John Entwistle von einem auf einer Geröllhalde befindlichen Betonklotz abwenden, an den sie kurz zuvor uriniert hatten. So markierte man in der frühen Rockgeschichte sein Revier. (…) Als kleine Hommage an die kürzlich verstorbene Tina Turner durfte man das Stück «Acid Queen» verstehen, die diese Rolle in Ken Russels Verfilmung von «Tommy» übernommen hatte, um die mehrfach gehandicapte Titelfigur einer Art Sextherapie zu unterziehen. Die misslang, und Tommy heilte sich über die Perfektion am Flipperautomaten schließlich selbst. «Pinball Wizzard» gilt zu Recht als einer der besten Popsongs aller Zeiten. — Daltrey und Townsend verhielten sich zu ihrem Werk souverän bis selbstironisch. Der Gitarrenarm kreiste und das Mikro flog durch die Luft wie ehe und je. Pete Townsend entschuldigte sich dafür, so lange nicht in Berlin gewesen zu sein und sprach sogar die politischen Kontroversen mit seinem Bühnenpartner Daltrey an. Der hatte sich als glühender Befürworter des Brexits erwiesen, während Townsend sich als treuer Labour-Europäer versteht. — Zu den Aufnahmen ihres letzten Albums waren die beiden einander im Studio kaum begegnet. In der Berliner Waldbühne aber ließen sie keinen Zweifel daran aufkommen, dass ein popmusikalisches Jahrhundertwerk sie für immer zusammengeschweißt hat. Popgeschichte ist auch eine Art Familiengeschichte. Am Schlagzeug saß Zak Starkey, der Sohn von Ringo Starr, und Townsends Bruder Simon spielte Rhythmusgitarre, während die Violinistin Kathy Jacoby und die Cellistin Audrey Snyder einige der Arrangements klassisch veredelten.
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