Wer spielt, hat recht: Klaus Maria Brandauer zum 80. Geburtstag

21.06.2023NewsBerliner ZeitungUlrich Seidler —   –  Details

Klaus Maria Brandauer

Klaus Maria Brandauer vor zehn Jahren als König Lear im Burgtheater, Regie: Peter Stein — Der österreichische Schauspieler wurde jung zur Legende, weil er an die eigene Begabung glaubt, aber auch an die weltverändernde Kraft der Schauspielkunst. — Als Klaus-Maria Brandauer der Berliner Zeitung vor ein paar Monaten ein Interview gab, wunderte ich mich beim Abtippen über diesen Satz: „Ich bin nicht ins Theater gegangen, damit ich mich produziere und zeige, was ich kann.“ Wie bitte? Doch, das war unverkennbar die Stimme von Brandauer. Wie konnte es sein, dass ich nicht nachfrage oder gar in Lachen ausgebrochen bin? — Brandauer, der an diesem Donnerstag 80 Jahre alt wird, ist einer der wenigen Hollywoodstars, die das deutschsprachige Theater hervorgebracht hat. Seine Eitelkeit ist burgtheatersprengend, er weiß, wo die Rampe und das Licht sind, er kennt die Wirkung seiner Stimme, seines Augenzwinkerns, er ist ein Equilibrist der Manierismen und ein Athlet der Präzision. Der Mann nimmt sich viel Zeit, um Rollenangebote zu prüfen, er beginnt auch mal Proben, um dann, wenn es seiner Meinung nach nicht passt, wieder auszusteigen. Er kann es sich leisten. — Der Mann beansprucht für sich das Ideal der zweckfreien und bedingungslosen Schauspielkunst und sieht es verwerflicherweise nirgends in die Wirklichkeit umgesetzt. Außer vielleicht an seinem eigenen Theater tief im Gestein der Alpen – zumindest kommt er ins Schwärmen, wenn er von den Proben in einem stillgelegten Salzbergwerk in seiner Heimat am Altausseer See erzählt, wohin er sich mit Eleven zurückzieht, um frei von der Welt zu sein, sich zu bilden, in einen Text einzudringen, den Geist des Dichters zu schmelzen, sich die Situationen zu vergegenwärtigen, dem Flow hinzugeben und zu spielen.

 
 

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