30.05.2023 – Nachtstudio – Bayern 2 – Ulrich Bassenge — – Details
Georges Bataille
Georges Bataille (1897-1962) war ein Wilderer im Niemandsland zwischen Kunst und Wissenschaft, unermüdlich unterwegs zwischen Politik und Philosophie, Ethnologie und Religionswissenschaft, Ökonomie und Kunstgeschichte. — Seine Geliebte Laure berichtet von ihm, er sei keinen einzigen Tag seines Lebens allein gewesen. Dieser gesellige, oder nach Laures Lesart «angstbesetzte» Zug Batailles, führte zur Verknüpfung verschiedenster Disziplinen, deren hervorragendste Köpfe zu seinen Freunden zählten. Nach einem Flirt mit dem Katholizismus, einer gründlichen Hegel-Schulung und einem Intermezzo bei den Surrealisten, entwickelte Bataille mit der «Atheologie» seinen eigenen Ansatz der Welterschließung mit den zentralen Begriffen der (Selbst-)Verschwendung, der Entgrenzung, des Opfers. Nur notdürftig verhüllte die Vorderseite seines Lebens als Bibliothekar im Staatsdienst eine Nachtseite, die sich unzureichend mit «wild und gefährlich» umschreiben ließe. Vieles deutet darauf hin, dass seine Methode der schonungslosen Selbstentblößung, die auch den Autor selbst nicht ungeschoren lassen kann, dem ähnlich wilden Denker Foucault als Rollenmodell diente. Unter Batailles Herausgeberschaft erschienen dessen erste Aufsätze in der Zeitschrift Revue Critique, ebenso wie Erstveröffentlichungen von Barthes und Blanchot.
Auch auf das von der bürgerlichen Kultur Ausgeschiedene, das Exkrement, das «Heteronome» richtet sich unnachgiebig der bataillesche Blick; ein Blick, der zugegebenermaßen mitunter umflort wirkt (für Jean-Paul Sartre blieb er zeitlebens ein unverbesserlicher Mystiker). Die Bataillesche Pumpgun verschießt Partikel aller wichtigen Bereiche des Lebens und des Denkens, die sich wiederholen, umkreisen, verändern, widersprechen. Zwischen Tod und Sonne verweigert er sich jedem System. Dafür sollten wir ihn lieben.
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