Winnarettas Salon der Moderne, letzte Staffel (3/3

17.06.2023le week-endÖ1Elke Tschaikner und Christian Scheib —   –  Details

Winnaretta Singer

Nachwievor, wir sind in den 1930er Jahren, führt die amerikanische Millionenerbin Winnaretta Singer, Princesse de Polignac, in Paris einen einflussreichen Musiksalon. Seit ungefähr zehn Jahren ist die Komponistin, Pädagogin und Ensembleleiterin Nadia Boulanger eine enge Freundin und vor allem auch eine wirkliche Ko-Konzeptionistin. Genau wie Winnaretta liebt Nadia Boulanger Neue Musik ebenso wie Alte Musik und betreut als Ensembleleiterin beides mit Inbrunst. Da wird viel Bach gespielt, aber der vielleicht größte Hit dieser Jahre ist die Musik eines Komponisten, der bis dahin kaum im Rampenlicht der Aufführungsgeschichte stand, nämlich Claudio Monteverdi. Am 17. Jänner 1935 findet ein ganz typisches Konzertprogramm im Pariser Atelier von Winnaretta und Nadia statt: Musik Paul Hindemith und Jean Françaix, sowie von Claudio Monteverdi. Eine inbrünstige, historische Aufnahme mit dem originalen Nadia Boulanger-Ensemble: Monteverdis Madrigal «Lasciate mi morire». — Inzwischen, seit den späten 1920er Jahren, verfolgt sie mehrere extrem ambitionierte, teure, architektonische Sozialbauprojekte. Aber wie in der Musik, weiß sie auch in der Architektur genau, mit wem sie arbeiten will, oder besser gesagt, wessen Arbeit sie finanzieren will und wessen nicht. Und das müssen auch die städtischen Auftraggeber und die Kollegen von der organisierenden, französischen Heilsarmee zur Kenntnis nehmen, sonst gibt es das Winnaretta-Singer-Geld einfach nicht. Sie verteilt ja eben nicht mäzenatische Almosen, sie investiert selbstbewusst in eine Zukunft, die sie sich wünscht. Sie hatte das Ehepaar Albin und Blanche Peyron schon mit beachtlichen Summen unterstützt, als diese in den 1920er Jahren ein riesiges, leerstehendes Wohnheim in den «Palais de la Femme» umwandelten. Dieses Wohnheim für alleinstehende, verarmte Frauen gilt als das erste Frauenhaus von Paris und wird bis heute von der französischen Heilsarmee betrieben. — Aber jetzt geht es beim nächsten Projekt um einen Neubau. Und sie setzt sich im Falle dieses Riesenprojektes einer Nächtigungsstelle für Pariser Obdachlose für den jungen, damals noch unbekannten Architekten Charles-Eduoard Janneret, später besser bekannt als Le Corbusier, ein. Es ist natürlich gewagt: Corbusiers extrem rationalistische, nüchterne, schnörkellose Architektur muss immerhin über Jahrzehnte Menschen beherbergen, und nicht nur ein paar Konzertabende lang jemanden begeistern. — In Paris entsteht ein bis heute modern aussehendes, großes, rechteckiges Gebäude mit gewagter Komplettverglasung und Klimaanlage. Ganz im Sinne von Corbusiers Konzept der «Wohnmaschine» bieten die unteren Stockwerke der «Cité de Refuge» alle mögliche städtische Infrastruktur, von Geschäften und Kantinen bis hin zu Werkstätten, damit die Obachlosen auch Orte zum Arbeiten haben.

 
 

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