20.05.2023 – Diagonal – Ö1 – Ines Mitterer — – Details
Hans Schmidt-Isserstedt
Einer der «vollkommenen Kapellmeister»: Hans Schmidt-Isserstedt ließ Brahms aufrauschen, schuf ein virtuoses Orchester für die Moderne, liebte die Wiener Klassik.
Es war einmal die Ära der musikalischen Universalisten am Dirigentenpult, die zugleich «gestandene» Handwerker waren und das künstlerische Potenzial besaßen, einem Klangkörper über ein Vierteljahrhundert hin immer wieder Neues zu geben. Der vor 50 Jahren verstorbene Hans Schmidt-Isserstedt war eine solche Erscheinung. — Zwar während der NS-Zeit bereits in namhafter Position tätig, wurde er 1945 als «unbelastet» dazu bestimmt, dem «NWDR» in Hamburg (später: Norddeutscher Rundfunk NDR) ein Symphonieorchester zu schaffen. Bis 1971 blieben er und das bald als Spitzenensemble wahrgenommene Orchester ein Team, durchs komplette symphonische Standardrepertoire, bei aktuell Zeitgenössischem, beim Zurückgewinnen von seit 1933 verboten Gewesenem. Auch der Operndirigent präsentierte sich bis auf ein paar Gastspiele (etwa beim Glyndebourne Festival) vor allem vor Mikrophonen. — Apropos Mikrophone: Die Wiener Philharmoniker holten Hans Schmidt-Isserstedt in den 1960er Jahren für «alle Neune» von Beethoven und dessen Klavierkonzerte ins Plattenstudio, eine kapellmeisterliche Monopolisierung, wie sie sich seither nur bei Leonard Bernstein wiederholt hat. Aus gegebenem Anlass: ein Griff in den gewaltigen Fundus heute zugänglicher Schmidt-Isserstedt-Tondokumente, ein Gruß aus einer Vergangenheit, in der sich musikalische Exzellenz ohne viel Marketing und Schaugepränge ausleben konnte.
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