Schlacht um Bachmut dreht sich – Russin deckt Front-Fehde auf

11.05.2023NewsFocus OnlineAnastasiya Kashewarowa —   –  Details

Bachmut

Die Truppen der Wagner-Söldner und der regulären russischen Armee agieren an der Front in Bachmut verfeindet. Das Ergebnis: Monatelang erkämpfte Gebiete werden aktuell von den Ukrainern zurückerobert. Wagner-Boss Prigoschin ist außer sich vor Wut.

 

Ausgerechnet an der Front sind sich russische Truppen spinnefeind

Russland verliert in Bachmut an Boden (siehe Meldung unten). Das liegt vor allem daran, dass der wackelige Burgfrieden zwischen Kämpfern der Wagner-Söldner und der regulären russischen Armee gebrochen ist. Die russische Freiwillige Anastasiya Kashewarowa berichtet in einem Telegram-Post von der Fehde an der Front. «Jeder kämpft nur für sich und sieht nicht, was um ihn herum passiert. Jeder hält sich für den Helden und die anderen für Faulenzer», schreibt die Russin. — Es sei besonders erschreckend, dass Putins Armee und Prigoschins Söldner nicht miteinander kommunizieren würden. So käme es dazu, dass die Wagner-Söldner in heftige Kämpfe geraten und die reguläre Armee ihnen nicht hilft, obwohl sie in der Nähe seien und Munition hätten. Das Ergebnis: Wagner musste sich unter hohen Verlusten zurückziehen, verlor mehrere Kilometer Gebiet. — In der Folge hätten die Schuldzuweisungen begonnen. Wagner behauptet, sie hätten die 72. Brigade angefunkt, aber die Soldaten hätten nicht reagiert. Die 72. Brigade behauptet, niemand hätte sich gemeldet. Kashewarowa schreibt, dass es offenbar tatsächlich eine Direktive aus dem Verteidigungsministerium gibt, nicht mit Wagner zusammenzuarbeiten. Die russischen Truppen sind sich selbst spinnefeind. Und begehen laut der Autorin deshalb grobe taktische Fehler. — Anzeige

Kashewarowa schreibt, dass auf beiden Seiten – Armee und Söldner – Kämpfer alles geben würden. Aber sie seien keine Einheit. «Der Feind nutzt das aus.» Sie fragt sich, ob die Kampfverbände nun aufwachten und sich zusammenraufen oder ob sie erst unter einander klären müssten, wer der Größte von ihnen sei. So oder so lautet ihr Fazit: «Wenn ihr euren Stolz nicht überwindet, werden wir nicht gewinnen.»

Kiew: Russische Truppen um zwei Kilometer zurückgedrängt

Nach wochenlangen schweren Gefechten und immer neuen Positionsverlusten in der umkämpften Stadt Bachmut haben ukrainische Einheiten erstmals wieder größere Geländegewinne erzielt. Die ukrainische Armee hat die russischen Truppen bei Bachmut nach eigenen Angaben stellenweise weit zurückgedrängt. «Wir führen dort effektive Gegenangriffe», teilte der ukrainische Heereskommandeur Olexander Syrskyj am Mittwochabend auf Telegram mit. An einigen Frontabschnitten der seit Monaten schwer umkämpften Stadt im Osten der Ukraine seien die russischen Truppen um bis zu zwei Kilometer zurückgewichen. — Nach Syrskyjs Darstellung sind die bei Bachmut eingesetzten Wagner-Kampfverbände an einigen Abschnitten durch reguläre russische Armee-Einheiten ersetzt worden. Diese weniger gut ausgebildeten Einheiten seien nun geschlagen worden, sagte Syrskyj. Allerdings gehe die Schlacht um Bachmut weiter. — Die Angaben der ukrainischen Militärs zu ihren Erfolgen konnten zunächst nicht unabhängig geprüft werden. — Söldner-Chef Prigoschin befürchtet Einkesselung bei Bachmut

Der Chef der Söldnertruppe Wagner befürchtet eine Einkesselung seiner Einheit in den Kämpfen um Bachmut. «Angesichts fehlender Munition droht sich der ›Fleischwolf› nun in umgekehrter Richtung zu drehen», schrieb Prigoschin am Mittwochabend auf Telegram. Wegen hoher Verluste habe Wagner den Flankenschutz regulären Einheiten der russischen Armee überlassen müssen, die nach den Berichten ukrainischer Militärs deutlich zurückgedrängt wurden. «Es besteht jetzt die ernsthafte Gefahr der Einkesselung von Wagner durch den Zusammenbruch der Flanken», schrieb Prigoschin. «Und die Flanken weisen bereits jetzt Risse auf und bröckeln.»

Die Ukraine erwehrt sich seit über 14 Monaten einer russischen Invasion. Die von ukrainischen Truppen gehaltene Stadt Bachmut im Gebiet Donezk ist seit Monaten ein Schwerpunkt der Kampfhandlungen. Seit Wochen wird eine größere Gegenoffensive der ukrainischen Armee erwartet. — Generalstab: Russen plündern Industriezonen bei Saporischschja

Parallel zur Evakuierung der Zivilbevölkerung in der von ihnen kontrollierten Region Saporischschja im Süden der Ukraine haben die russischen Besatzer nach Angaben aus Kiew auch mit Plünderung und Demontage in den dortigen Industriezonen begonnen. In Enerhodar seien alle medizinischen Einrichtungen der Stadt vollständig geplündert worden, teilte der ukrainische Generalstab in seinem Lagebericht mit. Die gesamte medizinische Ausrüstung sei nach Simferopol auf die ebenfalls besetzte Halbinsel Krim gebracht worden, die Russland 2014 annektiert hatte. Auch diese Angaben konnten nicht unabhängig geprüft werden. — In Erwartung einer ukrainischen Offensive zur Rückeroberung besetzter Gebiete haben die russischen Besatzungsbehörden vor einiger Zeit begonnen, die Zivilbevölkerung aus der Umgebung des von Besatzungstruppen kontrollierten Atomkraftwerks Saporischschja in Richtung Süden zu evakuieren. — Tschechien liefert zwei Flugabwehrsysteme an Ukraine

Tschechien überlässt der Ukraine zwei Flugabwehrraketensysteme des sowjetischen Typs 2K12 Kub. Die Lieferung umfasse eine «relativ große Zahl an Raketen», sagte der tschechische Präsident Petr Pavel. Die Ukraine könne diese Technik sofort einsetzen, da ihre Soldaten mit ihr vertraut seien. Das System kann etwa Panzerverbände vor Angriffen aus der Luft schützen. Als weitere Möglichkeit brachte der Ex-General Überlegungen ins Spiel, Kiew leichte Kampfjets vom Typ Aero L-159 bereitzustellen. — Selenskyj: Russische Tyrannei wird nirgendwo herrschen

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj versprach seinen Landsleuten, die russischen Besatzer mit ausländischer Unterstützung restlos aus dem Land zu vertreiben. «Wir werden dem Feind nicht ein einziges Stück unseres Landes überlassen – die Tyrannei wird nirgendwo herrschen», sagte Selenskyj am Mittwoch in seiner allabendlichen Videoansprache. «Vergessen wir nicht, dass jeder Tag, an dem sich der Besatzer auf unserem Land aufhält, für ihn eine Versuchung darstellt, zu glauben, dass er Erfolg haben wird», sagte Selenskyj. «Er wird keinen Erfolg haben! Wir müssen Freiheit, Sicherheit und Europa in das gesamte ukrainische Land zurückbringen.»

Schon jetzt werde der Wiederaufbau des kriegszerstörten Landes mit ausländischer Hilfe vorbereitet, sagte Selenskyj – von Wirtschaft und Industrie über Rüstung, Energie, Infrastruktur und Bildung bis hin zu Sozialem und zum Gesundheitswesen. «Jetzt, im Mai, werden wir die konkreten Punkte dieser staatlichen Programme abschließen, und im Juni werden wir mit unseren (ausländischen) Partnern an unseren Plänen arbeiten», sagte Selenskyj. «Hier, in der Ukraine, wird die Welt sehen, wozu Europa fähig ist.»

Wissen zum Ukraine-Krieg: Russland unter Putin — pnh/mit dpa —

 
 

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